Nicole Gohlke
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DIE LINKE
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Frage von Elke S. •

An wen bei Verdacht auf Prozessbetrug und Rechtsbeugung wenden?

Werte Frau Gohlke,

was tun bei Entmietung durch Mietermobbing, wenn ca. 100 angefragte Anwälte meinen nicht helfen zu können, und die Staatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht sieht, gleichwohl ein Polizeikommissar angesichts Beweisfotos meint, sowas Schlimmes noch nie gesehen zu haben? https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/mieter-mobbing-und-entmietung-verniedlichung-des-problems-1.561348

Ein Anwalt beispielsweise meinte, derlei Fälle seien bekannt. Kein Anwalt ginge gerne gegen Kollegen vor, und erst recht nicht gegen eine Richterin, vor der er wieder im Gerichtssaal stehen müsse. Zwei Anwälte meinten, keine Chance zu haben. So sei das System...

Seitens der Politik hörte ich bislang nur, dies sei ein zivilrechtliches und kein politisches Problem.

Wie bekommen insbesondere finanzschwache Menschen eine faire Gerichtsverhandlung? An wen können bzw. sollen sie sich wenden?

Nicole Gohlke
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau S.,

vielen Dank für Ihre Kontaktaufnahme. Fälle, wie in dem Zeitungsartikel geschildert, verfolgen wir seit langer mit Sorge. Immer mehr Vermieter*innen nutzen die rechtlichen Spielräume bis auf das Äußerste aus und gehen darüber hinaus, drangsalieren und vertreiben ihre Mieter*innen. Vor allem dort, wo sich die Modernisierung und ein Mieterwechsel finanziell besonders lohnt. Die Aussage, dies sei ein zivilrechtliches und kein politisches Problem, ignoriert die sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen einer solchen alltäglichen und rechtlichen Auseinandersetzung für die betroffenen Mieter*innen und verkennt die strukturellen Ausmaße des Problems. Der Gesetzgeber hat hier sehr wohl die Möglichkeit einzugreifen und sollte das auch verfolgen.

Die Einschränkung der Modernisierungsumlage, eine Stärkung des Kündigungsschutzes oder eine stärkere Regulierung der erzielbaren Miethöhen bei Wiedervermietung wären erste Ansatzpunkte dafür. Unserer Meinung nach sollten Teile des Mietrechts aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch von entsprechenden Regelungen im Bereich der Strafgesetzgebung abgelöst werden. Beispiel hierfür ist der Mietwucherparagraph (§5 WiStG), der durch eine kleine Gesetzesänderung scharf gestellt werden könnte. Auf der Grundlage der Strafgesetzgebung könnten Staatsanwaltschaften eigenhändig tätig werden und Anzeigen von Mieter:innen oder Dritten verfolgt werden.

Es ist in der Tat schwierig Rechtsanwält:innen zu finden, die sorgfältig arbeiten und für die Interessen der Mieter:innen kämpfen. Als erste Anlaufstelle empfehle ich die Bürgerinitiative #ausspekuliert in München, die ebenfalls Mitglied im Mieterbeirat Münchens ist. Aufgrund langjähriger Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit Vermieter:innen, den verschiedenen mietrechtlichen Beratungsangeboten und der Kommunalpolitik können die Mitglieder der Initiative Betroffene in vielerlei Hinsicht unterstützen. Neben dem inhaltlichen Austausch ist z.B. auch eine Unterstützung bei der mietrechtlichen Beratung oder eine solidarische Prozessbegleitung vor Gericht möglich.

Als Angebot für finanzschwache Mieter:innen gibt es die kostenlose Erstberatung der Stadt München. Der Beitritt im Mieterverein oder der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung ist zu empfehlen, wenn die finanziellen Möglichkeiten hierfür vorhanden sind. Melden Sie sich gerne, falls Sie eine konkrete Vermittlung oder Hilfe benötigen.

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