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Nicole Bauer
FDP
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Frage von Jana B. •

Wie stehen Sie zum Selbstbestimmungsrecht von Frauen und der Abschaffung von §218 in diese Legislaturperiode?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau B.,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich bin der Ansicht, dass die Frage nach der Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen eine Gewissensentscheidung darstellt. Jeder und jede Abgeordnete muss darüber frei nach ihrem Gewissen und ungebunden von jeder Partei- oder Fraktionsdisziplin abstimmen können. Es ist aber auch eine Entscheidung von enormer Tragweite für den gesellschaftlichen Frieden in unserem Land. Ich hielte es deshalb für falsch, kurzfristig vor einer so bedeutsamen und richtungsweisenden Bundestagswahl noch eine Abstimmung über diese Frage durchzuführen.

Bezüglich einer Abschaffung des § 218 StGB zum jetzigen Zeitpunkt habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet. Der Paragraf 218 des Strafgesetzbuches hat sich als ein gesellschaftlicher Kompromiss bewährt und bereits im Rahmen mehrerer Verfassungsbeschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht standgehalten. Daher sollten wir diesen Kompromiss nicht leichtfertig aufgeben, denn er trägt zur Befriedung einer zutiefst polarisierenden Frage bei und sichert auch die umfangreiche Beratungsstruktur.

Zudem schaffen die Regelungen zur Straflosigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen im Paragrafen 218a klare Voraussetzungen. Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, bleibt ein Schwangerschaftsabbruch zwar rechtswidrig, jedoch straffrei. Darüber hinaus ist der Abbruch einer Schwangerschaft rechtmäßig, wenn dafür bestimmte medizinische Gründe vorliegen oder an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat begangen worden ist. Diesen gegebenen Weg der straffreien Abtreibung halte ich für richtig, denn der Kompromiss bietet Frauen die notwendige Sicherheit und schützt gleichzeitig in angemessener Weise.

Ich möchte hinzufügen, dass mich – abseits von der Frage des § 218 StGB - die Versorgungslage bei Abtreibungen stark besorgt. Abtreibungen sind immer mit einem immensen psychischen und physischen Stress verbunden, zugleich ist die Infrastruktur von Abtreibungskliniken und von – dank des deutschen Abtreibungskompromisses immerhin verpflichtenden – Beratungsstellen empfindlich eingeschränkt. Gerade in Bayern herrscht hier empfindlicher Nachholbedarf, wie die jüngsten Ergebnisse der Elsa-Studie vom 10.04.2024 erneut belegt: In 85 Landkreisen deutschlandweit gibt es keine "angemessene Erreichbarkeit" eines Angebots für einen Schwangerschaftsabbruch - 43 davon liegen in Bayern. Als "angemessen erreichbar" definierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Praxen, die mit dem Auto innerhalb von 40 Minuten erreichbar sind. 

Die Frage nach der Versorgungssicherheit sowie die Vermittlung von Lehrinhalten „Rund um Abtreibung“ im Frauenarzt-Studium muss allerdings getrennt von der Frage nach der Abschaffung des Paragrafen 218 betrachtet werden. Es sind die Länder, die hier vorrangig für die Finanzierung und Ausgestaltung der Studiumsinhalte einstehen und deshalb auch diesen Mangelbedarf zu verantworten haben.  Was beispielsweise an Wissen im Medizinstudium für Frauenheilkunde in NRW gelehrt wird, muss sich auch in den bayerischen Studienordnungen und Lehrinhalten wiederfinden. Der Studiumsort darf hierbei keinen Unterschied machen. 

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