Wie stehen Sie zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz der Ampelkoalition und der damit verbundenen massiven Einschränkung von Frauenrechten?
Der Entwurf des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes der Ampelkoalition sieht für Frauen folgendes vor:
- kein Recht mehr auf Intimität und Schutzräume (Toiletten, Krankenhaus, Gefängnis, Frauenhäuser...)
- keinen fairen Wettbewerb im Sport mehr
- keine Parität in Politik und Wirtschaft (durch Besetzung von Quotenplätzen durch biologische Männer)
wenn sich jeder Mann ohne weitere Kontrolle per Sprechakt zur Frau erklären kann.
http://fairplayfuerfrauen.org/gesetzentwuerfe-fdp-und-gruene/
Wie stehen Sie dazu?
Sehr geehrte Frau M.,
die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, das Transsexuellen-Gesetzes (TSG) abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungs-Gesetz zu ersetzen. Vergangene Woche haben Bundesministerin Lisa Paus und Bundesminister Dr. Marco Buschmann die Eckpunkte des Gesetzes vorgestellt.
Selbstbestimmt leben zu können ist fundamental wichtig für alle Menschen. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Achtung der Privatsphäre und die Nichtdiskriminierung gehören zu den von unserem Grundgesetz garantierten Rechten. Das geplante Selbstbestimmungsgesetz wird das Leben für trans- und intergeschlechtliche Menschen verbessern und geschlechtliche Vielfalt anerkennen.
Das bestehende Transsexuellengesetz (TSG) ist über 40 Jahre alt und seit mindestens 20 Jahren reformbedürftig. Immer wieder hat das Bundesverfassungsgericht einzelne Teile des TSG für verfassungswidrig erklärt, weil die Rechte und die Würde von transgeschlechtlichen Menschen verletzt sind. Daher wollen wir das veraltete TSG abschaffen und durch ein modernes Selbstbestimmungsgesetz ersetzen.
Ziel des Vorhabens ist es, ein einfaches, einheitliches Verfahren für eine Änderung des Personenstandseintrags ohne diskriminierende Begutachtungen und Fremdbestimmung zu schaffen.
Bereits am 27. Mai 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht den bisher gelten § 8 Abs. 1 Nr. 2 Transsexuellengesetz für verfassungswidrig erklärt. In dem Antrag "Entschließung des Bundesrates zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes sowie zur Erarbeitung eines Gesetzes zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und zum Schutz der Selbstbestimmung bei der Geschlechterzuordnung" hießt es:
"Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, in einem nächsten Schritt darauf hinzuwirken, dass unverzüglich das TSG in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Gutachten aufgehoben und durch ein entsprechendes modernes Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und zum Schutz der Selbstbestimmung bei der Geschlechterzuordnung ersetzt wird. Dabei ist insbesondere die teure und unnötige Begutachtungspflicht vor einer Vornamens- beziehungsweise Personenstandsänderung sofort abzuschaffen und durch ein Verwaltungsverfahren zur Anerkennung der Geschlechtsidentität zu ersetzen."
Dieser Aufforderung kommt die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP mit dem Vorhaben im Koalitionsvertrag und dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz nun nach.
Die Freie Demokraten wollen allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Das heißt für uns, so leben zu können, wie man ist. Ob schwul oder lesbisch, ob hetero- oder bisexuell, ob inter-, transsexuell oder transgender oder anders eingestellt – jeder Mensch soll seinen Lebensentwurf verwirklichen können. Auch sind für uns alle Lebensgemeinschaften gleich wertvoll. Daher wollen wir weltweit Toleranz fördern und der Diskriminierung aufgrund geschlechtlicher oder sexueller Identität ein Ende setzen.
Deshalb möchten wir es allen Menschen ermöglichen, ihren Geschlechtseintrag selbstbestimmt per Selbstauskunft der eigenen geschlechtlichen Identität entsprechend anzupassen. Bisher müssen sich transgeschlechtliche Menschen zwei teuren und demütigenden Gutachten sowie einem Amtsgerichtsverfahren unterwerfen, um ihren bei der Geburt eingetragenen Geschlechtseintrag im Personenstandsregister korrigieren zu lassen. Diese Schikane ist für die Betroffenen belastend und unnötig, da die Gutachten ohnehin in über 99 Prozent der Fälle zu einem positiven Urteil kommen.
Die Stärkung der Rechte von transgeschlechtlichen Menschen soll und wird dabei in keiner Weise Frauenrechte schwächen. Die Entscheidung, den Personenstand zu ändern ist eine schwerwiegende und folgenreiche, die niemand leichtherzig fällt. Sie ist zumeist mit massiven Diskriminierungserfahrungen und systematischem Mobbing verbunden. Der Missbrauch einer solchen Selbstauskunft im Sinne einer gezielten Falschangabe ist theoretisch konstruierbar, praktisch aber angesichts der damit verbundenen Diskriminierungserfahrung und der sozialen Kontrolle sehr unwahrscheinlich.
In einigen anderen Staaten (z. B. Malta, Argentinien, Dänemark, Irland) ist eine selbstbestimmte Anpassung des Geschlechtseintrags bereits möglich. Zuvor geäußerte Befürchtungen zu mehrfachen Wechseln des Geschlechtseintrags oder Falschangaben haben sich dort als unbegründet erwiesen. Rückwandlungsbegehren sind dort wie auch bei uns mit etwa 1 Prozent der Betroffenen eine seltene Ausnahme. Regelungslücken, missbräuchliche Ausnutzungen der Öffnung und insbesondere Einschränkungen von Frauenrechten sind aus diesen Staaten nicht bekannt.
Das Geschlecht eines Menschen ist keine rein biologische Frage, die sich nur an inneren oder äußeren Geschlechtsmerkmalen festmacht. Im Fokus steht vielmehr die sexuelle Identität eines Menschen (wobei diese sich rein quantitativ betrachtet bei den meisten Menschen unbestritten mit der äußeren Wahrnehmung von Geschlechtsmerkmalen deckt). Auch das bisherige Transsexuellengesetz erkennt übrigens an, dass nicht rein biologische Merkmale, sondern die geschlechtliche Identität eines Menschen für den staatlichen Geschlechtseintrag im Personenregister entscheidend ist.
Die überfällige Reform des Transsexuellengesetz bezieht sich also nicht auf eine Neudefinition des rechtlichen Geschlechts, sondern auf eine die Selbstbestimmung achtende Ausgestaltung des Gesetzes. Wir wollen nicht das rechtliche Verständnis des Geschlechts umdefinieren, sondern sorgen für eine die Selbstbestimmung und Würde der Menschen achtende Regelung im Personenstandsrecht. Vor diesem Hintergrund setzen wir Freie Demokraten uns weiterhin für eine Abschaffung des diskriminierenden Transsexuellengesetzes und für die Möglichkeit einer einfachen Selbstauskunft zur Korrektur des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags ein.
Mit freundlichen Grüßen
Nicole Bauer, MdB