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Mieke Senftleben
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Frage von Initiative für einen geschlechtergerechten H. •

Frage an Mieke Senftleben von Initiative für einen geschlechtergerechten H. bezüglich Finanzen

Initiative für einen geschlechtergerechten Haushalt in Berlin
www.gender-budgets.de
Fragen an die KandidatInnen der Abgeordnetenhauswahlen von Berlin
Gender Budgeting
Seit 2002 wird Gender Budgeting in Berlin als Instrument des Gender Mainstreamings in der Finanzpolitik eingeführt. Bisher stand die Nutzenanalyse im Vordergrund. Seit 2005 sind alle Berliner Bezirke und Hauptsenatsverwaltungen mit einer qualifizierten und ausgeweiteten Analyse befasst. Die Ergebnisse werden im Haushaltsaufstellungsverfahren ausgewiesen.
Die Gender Budget Analyse soll bald nicht nur nachträglich zur Überprüfung der finanzpolitischen Effektivität für Geschlechtergerechtigkeit genutzt werden, sondern zielgerichtete Umsteuerungen in der Haushaltsaufstellung möglich machen.
• Wie werden Sie diesen Prozess unterstützen?
• Können Sie sich in diesem Prozess mehr Bürgerbeteiligung vorstellen? Wie würden Sie diese organisieren?
Wirtschaft und Arbeit
• Werden Sie die Wirtschaftsförderung als Instrument nutzen, um Geschlechtergerechtigkeit zu fördern? Welche Maßnahmen oder Budgetneuansätze haben Sie dazu geplant?
• Durch welche geschlechtsspezifischen Maßnahmen wollen Sie die Ausbildungs-, Arbeitsmarkt- und Berufschancen von Frauen und Männern, sowie Menschen mit Migrationshintergrund und aus Minderheiten verbessern?
• Durch welche Maßnahmen wollen Sie die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit verbessern?
• Wie wollen Sie den unterschiedlichen Wirkungen von Hartz I – IV auf Frauen und Männer (Migranten/-innen) begegnen und eine diskriminierungsfreie Verteilung der Arbeitsmarktmittel und Maßnahmen sicherstellen?
• Wie werden Sie Art. 13 des Landesgleichstellungsgesetzes umsetzen und ergänzen, um Frauen in der Privatwirtschaft gleichzustellen?
Das Ressort für Frauen
• Wo wollen Sie das Ressort für die Gleichstellung von Frauen und Männern und wo die Federführung des Gender Mainstreamings verankern?
Für die Initiative
Marion Böker, Anette Cordes, Karin Flothmann

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Damen,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich Ihnen hiermit sehr gerne beantworte.

Die FDP hat als Ziel ihrer Gleichstellungspolitik definiert, Frauen und Männern die gleichen Rechte einzuräumen und in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gleiche Chancen zu bieten. Wir werden die Prozesse des Gender Mainstreaming und Gender Budgeting deshalb weiterhin unterstützen aber auch kritisch begleiten. Beispielsweise bei den Mitteln für den Strafvollzug halte ich es nicht für sinnvoll, das Geld zwangsläufig geschlechtergerecht verteilen zu müssen, da es eben die "Herren" sind, die straffällig werden und somit mehr Mittel beanspruchen.. Ähnlich verhält es sich mit bestimmten Bildungsfördermaßnahmen für Jugendliche (MDQM) ? Hier müssen wir feststellen, dass die Mädchen einfach weniger Förderbedarf haben als ihre männlichen Altersgenossen und somit auch weniger Mittel beanspruchen. Mädchen sind offensichtlich schlauer! Dies sind nur zwei kleine Beispiele, an denen deutlich wird, dass eine hundertprozentige Geschlechtergerechtigkeit nicht immer möglich und auch nicht immer sinnvoll ist. In vielen anderen Bereichen gibt es allerdings erheblichen Nachholbedarf - und dort werden wir Liberalen uns verstärkt für mehr Geschlechtergerechtigkeit einsetzen und das Prinzip des Gender Budgeting gezielt anwenden. Gerade in Zeiten knapper Kassen muss genau darauf geachtet werden, dass öffentliche Gelder sinnvoll ausgegeben werden. Gender Budgeting kann einen entscheidenden Beitrag dazu leisten.

In einigen Berliner Bezirken gibt es bereits so genannte Bürgerhaushalte. Die Bürgerinnen und Bürger können dort gezielte Vorschläge zur Verwendung öffentlicher Mittel machen. Wir begrüßen dieses bürgerschaftliche Engagement sehr, gleichwohl wir der Auffassung sind, dass das verfassungsmäßig verankerte Budgetrecht stets der Legislative, den gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertretern, vorbehalten bleiben sollte.

Der Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit muss bei öffentlichen Ausschreibungen eine größere Rolle spielen. Geschlechtergerechtigkeit muss meines Erachtens auch bei kleineren Auftragsvolumina ein Vergabekriterium sein. Der § 13 des Landesgleichstellungsgesetzes ist deshalb entsprechend zu beachten und gegebenenfalls zu überarbeiten. Auch sollte bei der Wirtschaftsförderung geschlechtergerecht vorgegangen werden, wobei allerdings stets zu gewährleisten ist, dass der gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Nutzen im Vordergrund steht.

Leider wahr ist, dass Frauen in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert sind, in Nicht-Führungspositionen jedoch immer noch das dominierende Geschlecht darstellen und weniger verdienen als Männer. Da Frauen nachweislich keine schlechteren Berufsabschlüsse erzielen als Männer, sind die Ursachen für die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen bei den Rahmenbedingungen des Alltags zu suchen. Es ist beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die noch nicht in ausreichendem Maße erlangt worden ist. Auch konnten die vorherrschenden tradierten Rollenbilder noch nicht vollständig aufgebrochen werden. Die FDP unterstützt daher auch den jährlich stattfindenden Girls´ Day, denn er bietet Mädchen einen Einblick in die von Männern dominierten Arbeitsbereiche. Die Liberalen wollen aber auch einen Boys´ Day, um Jungen einen unvoreingenommen Einblick in bislang männeruntypische Berufe zu ermöglichen. So sollen Hemmschwellen und Vorurteile gegenüber vielen Berufen abgebaut werden.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hängt unmittelbar mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen zusammen. Gerade für Mütter oder Väter, die sich bewusst und freiwillig für eine Erziehungszeit zuhause entschieden haben, gestaltet sich der Wiedereinstieg in den Beruf schwierig. Die FDP strebt deshalb eine flächendeckende Versorgung Berlins mit Angeboten der Ganztagsbetreuung an. Für die Liberalen sind Bildungs- und Betreuungsangebote, die den Lebensrhythmus der Einwohner berücksichtigen, kein ausufernder Luxus ? sie stellen vielmehr eine Notwendigkeit dar. Denn nur ein Ganztagsangebot kann es, vor allem allein erziehenden Männern und Frauen, ermöglichen, Beruf und Erziehungsaufgabe miteinander zu vereinbaren. Positiver Nebeneffekt ist, dass sich mit zunehmendem Versorgungsgrad an Betreuungseinrichtungen die Standortattraktivität für Unternehmen erhöht. Erziehungsauszeiten, oft als wirtschaftsfeindlich gekennzeichnet, können durch ein angemessenes Ganztagsangebot vermieden oder zumindest eingeschränkt werden. Dadurch profitiert die gesamt Stadt. Ganztagsangebote zahlen sich aus!

Bei dem Ausbau von Ganztagskrippen, -kitas und -schulen muss jedoch sichergestellt sein, dass die Einrichtungen nicht zu bloßen Verwahranstalten verkommen. Vielmehr sollen die vorschulischen und schulischen Betreuungseinrichtungen Kindern und Jugendlichen ein Umfeld bieten in dem sie lernen, spielen, sich bewegen und ihre Interessen und Begabungen vertiefen können. Das Land hat Qualitätsstandards und Bildungsinhalte darzulegen, die von der jeweiligen Einrichtung gesichert werden müssen ? die Vorgaben dürfen dabei aber nicht die Gestaltungsräume der Kita oder Ganztagsschule über Gebühr einengen oder gar jedes innovatives Potential eindämmen.

Arbeit gehört - für beide Geschlechter - zu den Schlüsselthemen in Berlin. Die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland befindet sich seit vielen Jahrzehnten in einer Sackgasse. Bislang wurden durch vielerlei staatliche Programme Menschen temporär aus der Arbeitslosigkeit herausgeholt, ohne ihnen aber langfristig eine Perspektive auf dem ersten Arbeitsmarkt zu geben. Dies muss sich dadurch ändern, dass endlich eine weitgehende Reform der Arbeitmarktpolitik eingeführt wird. Arbeit ist zu teuer. Viele Jobs werden ins Ausland verlagert oder sind in Deutschland von der Bildfläche verschwunden. Andere Länder wie Großbritannien haben es uns vorgemacht, dass es auch anders gehen kann. Wer mehr Arbeitsplätze schaffen will, muss nicht nur die Steuern und Abgaben senken, sondern z.B. das Tarifrecht mit Öffnungsklauseln versehen. Auf folgender Internetseite finden Sie genaueres zu unseren Vorstellungen: www.fdp-berlin-fraktion.de/Arbeit

Die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin hat die Hartz-IV-Gesetze immer mit Skepsis verfolgt. Durch Hartz-IV wurde lediglich neu verwaltet. Neue Jobs wurden dagegen in Berlin nicht geschaffen. Eine entscheidende Fehlentwicklung war, dass viele Ebenen sich um die Job-Center kümmern: Die Bundesagentur für Arbeit, der Berliner Senat oder die Bezirke. Dies führte teilweise zur Lähmung der Entscheidungsträger. Wir setzen uns daher für die Kommunalisierung der Arbeitsmarktpolitik ein. Vor Ort können die Experten besser entscheiden, welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente angewandt werden. Dann können auch maßgeschneiderte Programme für arbeitssuchende Frauen und alleinerziehende Mütter geschaffen werden.

Ein Senat mit FDP-Regierungsbeteiligung wird weiterhin über ein Ressort für die Gleichstellung von Frauen und Männern verfügen. Da wir Liberalen die Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittaufgabe erachten, sollte der Genderaspekt in jeder Senatsverwaltung eine stärkere Rolle spielen. Die Ansiedlung der Frauenpolitik im Wirtschaftsressort halten wir grundsätzlich für sinnvoll.

Als Sprecherin für Frauen der FDP-Fraktion werde ich mich auch in der kommenden Legislaturperiode für die Rechte der Frauen einsetzen, meine Stimme für bessere Bildungsangebote erheben und mit aller Kraft daran arbeiten, dass es in Berlin wieder aufwärts geht.

Mit den allerbesten Grüßen
Mieke Senftleben