Prof. Dr. Michael Piazolo
Michael Piazolo
FREIE WÄHLER
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Frage von Christoph B. •

Frage an Michael Piazolo von Christoph B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Dr. Piazolo,

als angestellter Lehrer am Gymnasium bekommt man ja doch den ein oder anderen Motivationsdämpfer von der herrschenden Politik mit. Die Tatsache, dass ich im Münchner Großraum für meine Fächerverbindung eine zweistellige Anzahl an Angestelltenverhältnissen in Vollzeit bekommen hätte, aber nur wenige Planstellen geschaffen werden demotiviert natürlich ungemein, ganz besonders, wenn jeder Schulleiter einem zu verstehen gibt, dass er mich gerne behalten würde, mir aber natürlich erst kurz vorm neuen Schuljahr Bescheid geben kann, ob Bedarf besteht. Die unbezahlten (Pfingst-)Ferien, in denen man Klausuren am Schreibtisch liegen hat, tun dazu auch noch ihr Übriges.

Sondermaßnahmen, wie der 0,6er Bonus für angestellte Gymnasiallehrer an beruflichen Schulen auf Superverträge sorgen dafür, dass Leute, die auf der gymnasialen Warteliste hinter einem stehen, plötzlich vor einem selbst ihre Planstellen erhalten.

Die Unsicherheit bezüglich der Planungen im Umgang mit dem 2025 kommenden zusätzlichen G9 Jahrgang stürzen mich auch in weitere Überlegungen. Besonders, da eines meiner beiden Fächer "Wirtschaft und Recht" im neuen Lehrplan von Klassenstufe 9 auf die Klassenstufe 10 verlagert wird und somit die zu unterrichtenden Stunden in diesem Fach im Schuljahr 21/22 in einem nichtwirtschaftlichen Gymnasium von 8 auf 6 Wochenstunden sinken werden und dann erst im Jahr 2025 ein sprunghafter Anstieg des Bedarfs in diesem Fach kommen wird.

Wie wird man dieser Entwicklung entgegentreten? Werden in meiner Fächerkombination dann bis 2025 nahezu keine Lehrer eingestellt, um dann 2025 alle Absolventen einzustellen oder gibt es diesbezüglich andere Pläne?

Da ich keine Informationen diesbezüglich erhalte, fällt auch die Entscheidung, ob ich meine Augen nach Alternativen aufhalten soll unglaublich schwierig, da der Einsatz an einer staatlichen Schule immer noch meine erste Priorität ist.

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

C. B.

Prof. Dr. Michael Piazolo
Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr B.,

In Ihrer Anfrage bitten Sie mich um Informationen zur künftigen Anstellungssituation bei Gymnasiallehrern vor dem Hintergrund der Einführung des neuen neunjährigen Gymnasiums. Es ist in der Tat so, dass in der Aufwuchsphase des G9 der Gesamtbedarf an Lehrkräften im Vergleich zum G8 zunächst abnimmt. Ursache dafür ist, dass die Stundentafel für das G9 insbesondere in der Unter- und Mittelstufe weniger Stunden pro Woche vorsieht als am G9, was auf die von vielen geforderte Reduzierung des Nachmittagsunterrichts zurückzuführen ist.  Am Ende wird der Lehrerbedarf aber im G9 wegen des zusätzlichen Schuljahres deutlich ansteigen. Dies wird zum Schuljahr 2025/26 der Fall sein, wenn der erste G9-Jahrgang in das 13. Schuljahr eintritt. Schon im Vorfeld des Jahres 2025/26 wird es Maßnahmen geben, um die Bedarfskurve zu glätten. Eine mögliche Maßnahme ist, in den Vorjahren die Zahl der Einstellungen mit Hilfe von 2/3-Verträgen, die dann 2025/26 aufgestockt werden können, zu erhöhen. Zudem wird auch ein „Einschleifen“ von Mehrbedarfen angestrebt. So erhalten die Gymnasien z.B. bereits seit dem Schuljahr 2018/19 für die Dauer der G9-Aufwuchsphase über die reguläre Unterrichtsversorgung hinaus einen Budgetzuschlag zur individuellen Förderung an der „Schnittstelle“ zwischen G8 und G9. Damit werden Lehrerkapazitäten über den regulären Bedarf hinaus aufgebaut, die 2025/26 für das zusätzliche Schuljahr zur Verfügung stehen.

Die Perspektiven sind mit Blick auf die Jahre bis 2025/26 also insgesamt günstig. Wie bei jeder Stundentafeländerung gibt es allerdings, wie von Ihnen angesprochen, auch in der Aufwuchsphase des G9 Bedarfsverschiebungen zwischen den Fächern. Sie werden aber nur vorübergehend sein. Da in der bis jetzt vorliegenden Stundentafel des G9 von Jahrgangsstufe 5 bis 11 kein Fach stundenmäßig schlechter gestellt wird, wird es insgesamt betrachtet in keinem Fach einen Minderbedarf geben, sondern in der Regel einen Mehrbedarf. Bei der Prognose der Einstellungssituation ist im Übrigen zu bedenken, dass unsere Lehrkräfte in der Regel die Fakultas für zwei Fächer haben. Bei Ihrer Fächerkombination M/WR wird für die Zahl der Einstellungen v.a. die aus Bewerbersicht vergleichsweise günstige Bedarfssituation im Fach Mathematik maßgeblich sein – schon vor dem Jahr 2025/26. Ergänzende Aussagen zu den Einstellungsmöglichkeiten in den einzelnen Jahren bis zum Jahr 2030 finden Sie außerdem in der seit wenigen Wochen veröffentlichten Broschüre „Einstellungsaussichten für Lehramtsabsolventen in Bayern 2019“ (abrufbar unter https://www.km.bayern.de/statistik).

Ich hoffe, diese Informationen helfen Ihnen bei Ihren weiteren Überlegungen. Noch konkretere Informationen (z.B. zu Fragen der Lehrereinstellung oder auch zu den Möglichkeiten einer Zweitqualifikation für das Lehramt an Grund- und Mittelschulen) finden Sie auf der Homepage des Kultusministeriums.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Piazolo

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