Frage an Michael Piazolo von Andrea S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Ihre Position zur Landtagswahl
1. Welche Konzepte haben Sie zum Abbau des Wohnungsnotstands?
2. Planen Sie, Alleinerziehende zu entlasten?
3. Würden Sie eine Beibehaltung der ANKER-Zentren vertreten?
4. Welche Haltung vertreten Sie zum PAG (Polizei-Aufgabengesetz)
5. Wie wollen Sie den Pflegenotstand bekämpfen?
6. Befürworten Sie Abschiebungen - insbesondere nach Afghanistan?
7. Wie sollen die Bürgerinnen und Bürger vor der Schadstoffbelastung durch den Verkehr in München geschützt werden?
8. Welche Koalition wäre für Sie denkbar?
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre zahlreichen Fragen, die ich Ihnen gerne beantworte.
1. Welche Konzepte haben Sie zum Abbau des Wohnungsnotstands?
Wir brauchen ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um genügend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Durch die großen Versäumnisse der Bundes- und Landespolitik der vergangenen 20-30 Jahre und auch die Entwicklungen auf dem Markt in den vergangenen zehn Jahren, in denen der Wohnraum als Betongold und Grundstücke zu den rentabelsten und sichersten Anlageformen gehören, ist es natürlich äußerst schwierig geworden hier noch nachzusteuern.
Die öffentliche Hand hat gerade in den Städten oft zu wenige eigene Grundstücke, um hohen Grundstücks- und Baupreisen effektiv entgegenzuwirken. Im Prinzip kann man hier über das Baurecht, über einen veränderten Mietspiegel in Städten, in den auch Bestandswohnungen einfließen, und eine Änderung der Bodenpreise und der Bodenpolitik reagieren. Die Hauptmaßnahme, die uns FREIEN WÄHLERN aber vorschwebt ist, den Druck von den Städten zu nehmen und dem scheinbar unbegrenzten Wachstum entgegenzuwirken indem wir das Arbeiten und Leben auf dem Land deutlich attraktiver gestalten.
Mein Stichwort sind dabei die gleichwertigen Lebensverhältnisse in Bayern. Dafür muss der Freistaat tatsächlich tiefer in die Tasche greifen und über eine echte Landesentwicklungsplanung Anreize schaffen. Eine grenzenlose Nachverdichtung unserer Städte und das Motto „Bauen, bauen, bauen in den Städten“ ist für mich keine Lösung. Darüber hinaus bieten Genossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen eine hervorragende Möglichkeit, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Genossenschaftlicher und kommunaler Wohnraum verbleibt in der Regel langfristig in Händen der Bürger. Aus meiner Sicht müsste das Genossenschaftsmodell daher noch stärker von staatlicher Seite gefördert werden, zumal Wohneigentum für viele Menschen nicht mehr erschwinglich ist. Daneben muss aber auch die Schaffung von Wohneigentum von Bund und Land gefördert werden.
2. Planen Sie, Alleinerziehende zu entlasten?
Ja. Wir wollen Alleinerziehende weiter entlasten. Wichtig ist uns aber auch die Förderung von Alleinerziehenden bspw. durch die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung. Dies ist u.a. für junge Alleinerziehende ein wichtiges Thema.
Über die kostenfreie Kita mit ausreichend Kita-Plätzen wollen wir ebenfalls erreichen, dass Alleinerziehende ein wenig Chancengleichheit erlangen.
3. Würden Sie eine Beibehaltung der ANKER-Zentren vertreten?
Nein. Wir halten die Ankerzentren für nicht geeignet. Ankerzentren sind keine „Dienstleistungsbehörden“, sondern ein Eingeständnis nicht funktionierender Verfahrensabläufe. Entgegen den behaupteten Hoffnungen werden viele Flüchtlinge dort über Monate oder Jahre wohnen, weil ihr Status nicht schnell geklärt werden kann. Dies führt zu Frust, Aggressionen und sozialen Verwerfungen bei den dort lebenden Flüchtlingen und dadurch zu einer erheblichen Belastung bei Polizei, Einsatzkräften und einheimischer Bevölkerung. Insbesondere die Belastungen der benachbarten Bevölkerung verbieten große lagerartige Ankerzentren. Soweit nicht die schnelle und rechtssichere Durchführung des Asylverfahrens andere Lösungen erfordert, führt eine dezentrale Unterbringung und eine Stärkung der vorhandenen Behörden und Strukturen aus unserer Sicht zu weit weniger sozialen Spannungen.
Informationen zu unseren Positionen finden Sie unter
https://www.freie-waehler-bayern.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/FREIE_WAEHLER_Positionspapier_Asyl.pdf
4. Welche Haltung vertreten Sie zum PAG (Polizei-Aufgabengesetz)?
Das PAG in der derzeitigen Form schießt für uns über das Ziel hinaus.
Wir setzen uns daher für eine Nachbesserung mit Augenmaß ein.
5. Wie wollen Sie den Pflegenotstand bekämpfen?
Zunächst wollen wir eine deutlich bessere Bezahlung der Pflegeberufe, um die Attraktivität zu erhöhen. Darüber hinaus setzen wir uns ein für:
* die Einführung einer generalistischen Pflegeausbildung mit einer Aufwertung der Pflegeberufe
* die Einrichtung einer Bayerischen Pflegekammer, damit u.a. die Interessen der Pflegeberufe besser gehört und vertreten werden
* bessere Personalschlüssel in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, auch nachts
Generell wollen wir unser Gesundheitssystem auch wieder mehr am Menschen orientieren. Dazu gehört eine gute Gesundheitsversorgung vor Ort und eine Pflege, in der Zeit für den Patienten/Pflegebedürftigen bleibt.
6. Befürworten Sie Abschiebungen - insbesondere nach Afghanistan?
Wir wollen in der Regel Abschiebungen konsequent durchführen. Abschiebungen nach Afghanistan sehen wir allerdings wegen der unkalkulierbaren Sicherheitslage kritisch. Daher sind wir für eine Aussetzung der Abschiebungen nach Afghanistan. Verurteilte Straftäter und sogenannte Gefährder sollen davon aber ausdrücklich ausgenommen werden. Noch 2017 haben wir dazu einen Antrag in den Bayerischen Landtag eingebracht.
Wir setzen uns grundsätzlich für Rückkehrhilfen vor Abschiebungen ein und wollen eine bessere Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern. Dabei sind wir gleichzeitig für die Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeit zur Überwachung und Abschiebung von Intensiv- und Mehrfachtätern und Gefährdern ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
7. Wie sollen die Bürgerinnen und Bürger vor der Schadstoffbelastung
durch den Verkehr in München geschützt werden?
Dazu bedarf es eines ganzen Bündels an Maßnahmen. Zunächst schwebt mir vor, weitere Tunnels für den Mittleren Ring zu bauen (Landshuter Allee, Tegernseer Landstraße, Chiemgaustraße) und den Ring möglichst kreuzungsfrei zu halten, damit die Anwohner weitgehend entlastet werden. Dazu gehört aber auch der Ausbau des ÖPNV (als attraktive Pendleralternative), der gleichzeitig günstiger und zuverlässiger werden muss und auch die Förderung alternativer Antriebe und Mobilitätsformen. Was für mich auch klar ist, ist, dass die Automobilindustrie für saubere Antriebe sorgen muss und daher auch in der Pflicht steht, bei Dieseln Hardwarenachrüstungen für die Kunden zu übernehmen.
Ich setze mich darüber hinaus für eine Vernetzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Individualverkehr ein, statt den Fokus nur auf eine einseitige Lösung zu legen. Grundsätzlich wollen wir FREIE WÄHLER eine nachhaltige und bezahlbare Mobilität für unsere Bürger in allen Landesteilen.
8. Welche Koalition wäre für Sie denkbar?
Für mich ist nur eine Koalition denkbar, bei der nicht zu viele Koalitionspartner am Tisch sitzen. Wir wollen möglichst zeitnah nach der Wahl eine möglichst stabile Regierung, in der das Handeln und nicht Koalitionsstreitigkeiten im Vordergrund stehen. Dazu sehen wir uns verpflichtet. Einer zweier oder dreier Koalition gegenüber wäre ich aufgeschlossen. Nach den derzeitigen Umfragen spreche ich mich für eine realistische Koalitionsoption mit der CSU aus.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Piazolo