Frage an Michael Piazolo von Julia W. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Prof. Piazolo,
ist Bayern nun schon so tief gesunken, dass es die Zerstörung unserer Kulturdenkmäler sogar mitfinanziert?
Die Pläne der Fraunhofer Gesellschaft, im denkmalgeschützten Südgarten des Klosters Benediktbeuern ein Hotel zu errichten, werden vom Freistaat und vom Bund mit bisher bewilligten 10,5 Mio Euro gefördert. Der ehemalige Generalkonservator Prof. Greipl wurde bereits 2013, nachdem er wohl zu öffentlichkeitswirksam gegen geplantes Hotel im denkmalgeschützten Südgarten des Klosters Benediktbeuern protestierte, zu Stillschweigen "verdonnert", sein Nachfolger Mathias Pfeil schätzte ab 2014 geplantes Projekt als "unschädlich und sich dem Kloster unterordnend" ein. Wie erklären Sie die 180 Grad Wende einer bayerischen Fachbehörde? Versucht man so, ein politisch gewolltes Bauprojekt um jeden Preis durchzusetzen? Bedeutet ein Tagungshotel der Fraunhofer Gesellschaft für den Freistaat solch Renommee, dass man darüber glatt geltende denkmalschutzrechtliche Belange außer acht lässt bzw zuständige Fachbehörde dazu nötigt, keine zu haben?
Zur Erinnerung: Benediktbeuern ist eine der wenigen Großklosteranlagen im bayerisch-österreichischen Raum, die noch so gut erhalten ist.
Der Bau des Tagungshauses an diesem Ort würde das historische Klosterensemble irreparabel zerstören und die - bisher- völlig unversehrte südliche Silhouette unseres Klosters massiv beeinträchtigen.
Falls Sie noch mehr Informationen zum steuersubventionierten Hotelbau der Fraunhofer Gesellschaft benötigen, erhalten Sie diese unter:
www.denkmal-benediktbeuern.de
Wir hoffen, dass Sie sich dem Thema nochmals annehmen, wurde unsere Petition doch bereits 2013 trotz des laufenden Verfahrens für erledigt erklärt.Wie passen die Pläne eigentlich zum Image der Fraunhofer Gesellschaft, betonen die doch stets ihr nachhaltiges Handeln?!
Mit freundlichen Grüßen
Julia & Michael W.
Sehr geehrte Familie W.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Denkmalschutz ist einer der zentralen Eckpfeiler bayerischer Kulturpolitik und spielt im Kontext der Pflege und Bewahrung unserer Geschichte und Kultur eine zentrale Rolle.
Im Zusammenhang denkmalschutzrechtlicher Entscheidungsprozesse kommt es jedoch nicht selten zur Kollision unterschiedlicher Interessen. Häufig müssen Kompromisse zwischen Befürwortern und Gegnern gefunden werden, unterschiedliche Aspekte Berücksichtigung finden und zwischen verschiedenen Perspektiven vermittelt werden. Dies trifft auch auf den Bau des Tagungszentrums im Obstgarten des Klosters Kaufbeuern zu. Denn hier sehen sich die ökonomisch motivierten Interessen des Klosters sowie der Fraunhofer-Gesellschaft mit denkmalschutzrechtlichen Vorgaben und Bedenken konfrontiert.
Das Tagungszentrum, davon ist die Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos des Klosters überzeugt, kann die Attraktivität des Klosters Benediktbeuern als Stätte der Begegnung und des Rückzugs steigern. Gleichwohl muss bei einem solchen Bau auch den Bedenken in denkmalschutzrechtlicher Hinsicht angemessene Berücksichtigung geschenkt und selbstverständlich die Vorgaben des Landesamts für Denkmalpflege beachtet werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, bei der Erbauung dieser Tagungsstätte auch den Erbauungsort und die Gestaltung des Bauwerks mit einzubeziehen. Bei der Bauweise der Tagungsstätte muss auf ein nahtloses Einfügen des Gebäudes in seine Umgebung geachtet werden. In diesem Zusammenhang halte ich es für sinnvoll, mögliche alternative Standorte für das Tagungszentrum noch einmal zu bedenken, um den barocken Obstgarten des Klosters Benediktbeuern zu bewahren.
Der Versuch, einen erneuten und offenen Dialog zwischen den Anwohnern, der Gemeinde und der Fraunhofer-Gesellschaft sowie der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos anzustreben, könnte meines Erachtens hierfür eine Option darstellen. Auf diesem Weg wäre unter Umständen ein neuer Kompromiss möglich, der die Anliegen aller Seiten gleichermaßen berücksichtigt.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Prof. Dr. Michael Piazolo