Frage an Michael Piazolo von Malte P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Michael Piazolo!
Ich frage mich als politisch interessierter Bürger und Student, warum Bayern das einzige Bundesland ohne verfasste Studierendenschaften ist. 1974 wurde in Bayern das Konzept der verfassten Studierendenschaften abgeschafft um, so der damalige Kultusminister Hans Maier, "den linken Sumpf trocken zu legen". Aufgrund unerwünschter Ergebnisse einer demokratischen Wahl das entsprechende demokratische Organ abzuschaffen, entspricht nicht meinem Verständnis von einer Gesellschaft in der ich leben und mich politisch engagieren will.
Da ich selbst in Hamburg studiere, konnte ich die vielen positiven Seiten einer verfassten Studierendenschaft erleben und kann nicht nachvollziehen warum das Bundesland Bayern solches Potenzial zur bürgerlichen, demokratischen Bildung von jungen Menschen unterbindet. Die unabhängigen Studierendenschaften haben kaum Handlungsspielraum und noch weniger politische Bedeutung und können deswegen weder die Interessen der Studenten angemessen vertreten noch selbige an die Demokratie heranführen und einbinden.
Eine Interessante Seite zur Thematik finden Sie übrigens unter http://studierendenvertretung-bayern.de/?page_id=100
Danke für Ihr Interesse.
Mit freundlichen Grüßen
Malte Peters
Sehr geehrter Herr Peters,
die Wiedereinführung einer Verfassten Studierendenschaft wird auch im Bayerischen Landtag immer wieder diskutiert. Selbstverständlich kann sie nicht davon abhängen, welche hochschulpolitischen Gruppierungen darin die Mehrheit erringen könnten und meine Fraktion „Freie Wähler“ tritt auch seit Jahren entschieden dafür ein, die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden massiv zu verbessern.
Um das Anliegen voranzubringen haben wir in der vergangenen Legislaturperiode einen Kompromissvorschlag eingebracht, der den besonders strittigen Punkt der Pflichtmitgliedschaft durch eine Austrittsmöglichkeit entschärft. Im übrigen entsprach der Vorschlag aber dem Modell einer Verfassten Studierendenschaft als rechtsfähiger Teilkörperschaft mit Selbstverwaltungs- und Satzungsrecht. Ergänzend halten wir es für unverzichtbar, dass Senatssitzungen in der Regel (hochschul-)öffentlich stattfinden, damit die Studierenden den Einsatz ihrer Vertreter mitverfolgen und Entscheidungen nachvollziehen können.
Mit unseren Anliegen konnten wir uns in der vergangenen Legislaturperiode leider nicht durchsetzen. Es ist aber wieder Bewegung in die Diskussion gekommen: Der Wissenschaftsausschuss hat unlängst (Beschluss vom 06. Mai 2015) das zuständige Ministerium aufgefordert, einen Bericht zur Verbesserung der Studentischen Mitbestimmung vorzulegen und dabei auch die Frage einer Verfassten Studierendenschaft einzubeziehen. Der Bericht soll nach der Sommerpause gegeben werden. Wir werden uns dann erneut für die nötige Gesetzesänderung einsetzen.
Ihr
Prof. Dr. Michael Piazolo, MdL