Frage an Michael Frieser von Ursula H. bezüglich Soziale Sicherung
Kleinselbständige und Krankenkasse!
Ich bin langzeitarbeitslose Gymnasiallehrerin (58), Rückenleiden, noch kein ALG II. In acht Monaten Einzel-"Coaching" bekam ich null Stellenangebote! Momentan ist meine einzige Perspektive Nachhilfe-Erteilen. Das aber läuft nur auf Honorarbasis. Klein(st)selbständige haben aber ein Riesenproblem mit der Krankenkasse: Die Kasse unterstellt ein fiktives Einkommen von 2021 € und fordert dafür 343 € Beiträge – selbst wenn das reale Einkommen nur 351 € beträgt! Nur bei bis zu 350 € Einkommen zahlt man als Nebenberuflicher "nur" 152 € .
Weiteres Problem: Totale Unklarheit herrscht bezüglich der Bedingungen dafür, dass die Arbeit als nebenberuflich gilt. Extrem chaotisch wird es bei Berufen mit Vorbereitung. Wie viele Stunden Arbeit sind sechs Stunden Unterricht? Unklar ist auch, ob man alle Monate addieren und durch 12 teilen darf.
Oder führt eine einmalige(!)Überschreitung dazu, dass man das ganze Jahr über hohe Selbständigen-Beiträge (= 4112 €) zahlen muss?
Frage 1: Können Sie mir (AOK-Versicherte) bei den oben genannten Fragen Klarheit verschaffen? Wird die CSU mal klar(!) festlegen, welche Kriterien für "nebenberufliche" Arbeit gelten?
Die CSU steht m.E. für ein ungerechtes Krankenversicherungssystem! Einerseits müssen für Einkünfte aus Vermietung und Kapital keine Beiträge bezahlt werden. Andererseits werden kleine und gelegentlich Selbständige so abgezockt, dass sie im Extremfall mehr an die Krankenkassen zahlen müssen, als sie netto verdient haben!
Frage 2: Möchte die CSU das weiter beibehalten? Oder darf sich in Zukunft auch selbständige Arbeit lohnen?!
Ich finde die momentane Lage extrem unsozial, weil gerade ältere Arbeitsuchende ja nicht freiwillig Selbständige werden. Sie arbeiten nur als Selbständige, weil sie keiner einstellt!
P.S. Ich weiß, dass es für "bedürftige" Selbständige Härtefallregelungen gibt. Wir Arbeitslosen aus der Mittelschicht (frühere CSU-Wähler!) sind dafür aber noch nicht arm genug! Hilft uns die CSU?
Sehr geehrte Frau Hofmann,
in Bezug auf Ihre Anfrage zum Thema „Kleinselbständige –Krankenkassenbeiträge“, kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Bei der Erteilung von Nachhilfe auf Honorarbasis handelt es sich grundsätzlich um eine selbstständige Tätigkeit. Diese kann im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung (450 Euro), nebenberuflich, aber auch hauptberuflich ausgeübt werden.
Aus einer geringfügigen selbstständigen Tätigkeit (§ 7 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 8 Abs. 3 SGB IV) sind keine Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten. Krankenversicherungsbeiträge fallen ebenfalls nicht an, wenn die selbstständige Tätigkeit neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ausgeübt wird.
Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn die selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird. Hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige unterliegen nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. Sie können der GKV aber unter bestimmten Voraussetzungen als freiwillig Versicherte angehören. Im Interesse der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Versicherten ist grundsätzlich sicherzustellen, dass diese Personen für den umfassenden Versicherungsschutz angemessene Beiträge zahlen. Es werden deshalb grundsätzlich Beiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze erhoben (2015: 4.125 Euro). Bei Nachweis niedrigerer Einnahmen gilt mindestens ein Betrag von derzeit 2.126,25 Euro monatlich als beitragspflichtige Einnahmen. Wer nachweislich weniger als 2.126,25 Euro verdient und bedürftig ist, zahlt einen noch geringeren Mindestbeitrag ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von derzeit 1.417,50 Euro. Dies entspricht einem Krankenversicherungsbeitrag von monatlich rund 211 Euro.
Die besonderen Mindestbeiträge für hauptberuflich Selbstständige sind im gegenwärtigen System der GKV nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sachlich gerechtfertigt. Vor allem deshalb, weil das Steuerrecht Selbstständigen – anders als Arbeitnehmern – eine gewisse Gestaltbarkeit des Einkommens erlaubt. Im Übrigen handelt es sich in Bezug auf die GKV um eine freiwillige Versicherung, grundsätzlich kommt alternativ eine Krankenversicherung in der PKV in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Frieser