Portrait von Michael Frieser
Michael Frieser
CSU
100 %
16 / 16 Fragen beantwortet
Frage von Elke R. •

Frage an Michael Frieser von Elke R. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Frieser,

für unser Familienmagazin fam24.de hätte ich gerne von Ihnen Auskunft zu dem derzeit kontrovers diskutierten Betreuungsgeld:

Wieso vertritt die CSU die Position, dass an die Eltern von Babys ein Betreuungsgeld gezahlt werden soll - wäre es nicht wesentlich sinnvoller diese großen Summen in den Ausbau von Krippenplätzen zu investieren?

Für eine Antwort dankt im Vorraus mit freundlichen Grüßen
Elke Roeder

Portrait von Michael Frieser
Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Roeder,

zugegeben: Das Thema "Betreuungsgeld" wird gegenwärtig kontrovers diskutiert. Es wird vor allem aber durch die Gegner emotionalisiert und ideologisiert.

Uns geht es darum, dass der Staat die Entscheidung der Eltern über die Erziehung ihrer Kinder respektiert: Möchten die Eltern, dass ihr Kind in der Familie aufwächst oder möchten sie, dass ihr Kind eine Krippe bzw. einen Kindergarten besucht? Wir wollen beides ermöglichen. Wir wollen keine staatliche Bevorzugung eines bestimmten Lebensentwurfs. Ich möchte daran erinnern, dass es in der DDR für Mütter mit Arbeitsplatz eine Krippenpflicht gab, der die Eltern nicht entgehen konnten. D.h. Mütter und Väter mussten ihren Nachwuchs in die Krippe bringen, ob sie wollten oder nicht, damit das Kind dort eine "sozialistische Erziehung" erhielt. Zu unserem christlichen Menschenbild gehört der Schutz der Familie vor staatlicher Bevormundung bei der frühkindlichen Erziehung.

Wir erkennen die innerfamiliäre Erziehungsleistung an und werten sie auf. Erziehung ist eine gesellschaftlich unersetzliche Arbeit. Würde die Familienpolitik nur auf den Ausbau der Krippen fokussiert, würde ein falscher Eindruck erweckt. Deshalb wird Erziehung künftig nicht nur vom Staat gefördert und entlohnt, wenn sie von Krippenpersonal übernommen wird, sondern auch, wenn sie in der Familie stattfindet. Das entspricht dem Wunsch von zwei Dritteln der jungen Eltern, die der individuellen Erziehung von unter dreijährigen Kleinkindern dieselbe Wertschätzung entgegengebracht sehen möchten wie der Erziehung in Krippen. Das Betreuungsgeld ist vor allem keine „Herdprämie“ und stellt auch keine „Hausfrauensubventionierung“ dar. Völlig zu Recht wurde der Begriff „Herdprämie“ deshalb zum Unwort des Jahres 2007 gekürt. Die Jury kam zu dem Schluss, dass dieser politische Kampfbegriff Eltern - insbesondere Frauen - diffamiert, die sich für ihre Kinder in hohem Maße einsetzen. Wer diese geringschätzigen Schlagwörter nutzt, ist schlecht informiert: Der Bezug des Betreuungsgeldes schließt Berufstätigkeit überhaupt nicht aus. Vielmehr erhalten alternative Betreuungsmodelle eine Chance, die eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf ohne Belastung der Kinder ermöglichen. Das Betreuungsgeld richtet sich nicht nur an alle, die ihr Kleinkind selbst betreuen, sondern auch an all jene, die von Oma und Opa oder auch einer Tagesmutter dabei unterstützt werden, Beruf und Familie zu vereinbaren. Durch Förderung solch individueller Betreuungsmodelle in der sensiblen Kleinkindphase erleichtern wir auch berufstätigen Müttern und Vätern das „Familienmanagement“.
Gleichzeitig geben wir mit dem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen für Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren berufstätigen Eltern die gewünschte Sicherheit, dass ihr Kind in Krippen gut betreut wird, wenn sie das wollen und brauchen.

Übrigens gibt es das Betreuungsgeld auch in den skandinavischen Wohlfahrtsstaaten: Vorreiter bei der Einführung eines Betreuungsgeldes ist Finnland, das seit 1985 ein Betreuungsgeld auszahlt, wenn Eltern ihr unter 3-jähriges Kind zuhause selbst betreuen. Die Einführung eines Betreuungsgeldes in Norwegen folgte im August 1998. Seit 2008 erhalten schwedische Eltern Geld vom Staat, wenn sie ihren Nachwuchs zuhause selbst betreuen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass die überwältigende Mehrheit der Eltern ihrer Erziehungsverantwortung sehr wohl gerecht werden. Doch sind wir uns auch der staatlichen Verantwortung für Kinder vor Vernachlässigung bewusst. Deshalb wird in Einzelfällen das Betreuungsgeld mit dem Schutz vor Kindesvernachlässigung verbunden. Es werden Überlegungen berücksichtigt, wie Fürsorgepflicht des Staates und Wahlfreiheit der Eltern unter
einen Hut gebracht werden können, ohne dass sich die Eltern einem Generalverdacht ausgesetzt fühlen oder den Eindruck gewinnen müssen, ihre Erziehungskompetenz sei per se in Zweifel gezogen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Frieser

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Michael Frieser
Michael Frieser
CSU