Frage an Michael Balke von Holger F. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Balke,
Sie plakatieren u.a. wie folgt:
"Ja zur lebensrettenden Organspende, für ein effektives Transplantationsgesetz!"
Welche genauen Vorstellungen verbinden Sie mit dieser Forderung?
Mit freundlichen Grüßen
Holger Fröhlich
Sehr geehrter Herr Holger Fröhlich,
schönen Dank für Ihre Frage zum Transplantationsrecht. Hinter meiner plakativen Botschaft: "Ja zur lebensrettenden Organspende, für ein effektives Transplantationsgesetz!" verbirgt sich Folgendes:
Alle am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten sollten auf eine grundlegende Veränderung des deutschen Transplantationsrechts hinwirken. Dies im wohlverstandenen Interesse der etwa 12.000 Organwartepatienten (mit ihren Angehörigen) und der vielen Wartepatienten, die täglich aufgrund einer schweren Erkrankung hinzukommen. Denn trotz aller Anstrengungen zuständiger Stellen, versterben - im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern - in Deutschland täglich drei Wartepatienten, Patienten, die bei einer optimalen Organisation der Organspenden hätten gerettet werden können.
Zu einer solchen optimalen Organisation der Organspenden gehört - neben einer intensiveren Mitarbeit vieler Intensivstationen deutscher Krankenhäuser - die Übernahme einer gesetzlichen Regelung in das Transplantationsrecht, die in Europa vorherrschend ist: nämlich die "Widerspruchslösung" statt der "Zustimmungslösung"!
Im Einzelnen: Alle frisch Verstorbenen (Hirntoten) sollten per Gesetz zu möglichen Organspendern erklärt werden. Nur diejenigen, die zu Lebzeiten einer möglichen Organentnahme erkennbar widersprechen, sollten außen vor bleiben. Eine solche Reform des Transplantationsgesetzes würde wie etwa in Österreich, Spanien, Portugal, Tschechien und vielen anderen europäischen Ländern ein deutlich erhöhtes Spendeorgan-Aufkommen bescheren. Das Weiterleben vieler Patienten, die derzeit z.B. auf eine gesunde Leber oder Niere warten, wäre so gesichert. Dann wäre auch der Diskussion über eine Erweiterung der Lebendorganspende und über eine künftige Xenotransplanation (Organverpflanzung vom Tier auf den Menschen) die Grundlage entzogen. Lebensgefährliche, zudem teure Lebendorganspenden könnten weniger werden. Der hausgemachte deutsche Organmangel und der illegale Organhandel könnten so aufgelöst werden. So könnten noch mehr Leben gerettet und geschont werden. Auch viele andere Transplantationsprobleme, etwa Störung der Trauer der Angehörigen von Unfalltoten durch lästiges Befragen zur Organentnahme, wären mit dem hier vorgeschlagenen Federstrich des Bundesgesetzgebers erledigt.
Die Behauptung der Gegner der Widerspruchslösung, in anderen Ländern werde trotz gesetzlicher Widerspruchslösung eine Zustimmungslösung praktiziert, so dass die dortigen höheren Spenderquoten nicht mit der Widerspruchslösung zusammenhingen, also wir das deutsche Gesetz auch nicht ändern sollten, gehört dringend auf den Prüfstand. Denn zum einen müsste derjenige, der diese Behauptung ("praktizierte Zustimmungslösung überlagert Widerspruchslösung") dem staunenden Publikum präsentiert, erst einmal den empirischen Beweis antreten! Und: Selbst wenn diese Behauptung tatsächlich zuträfe, dann liegt es doch auf der Hand, dass die Zustimmungen bei der sogenannten praktizierten (ausländischen) Zustimmungslösung viel leichter einzuholen sind, weil dort im Ausland ein Zustimmungs-Gespräch auf der gesetzlichen Grundlage der Widerspruchslösung leichter zu führen ist. Etwa: "Ich als Arzt müsste Sie als Angehöriger des soeben Verstorbenen eigentlich nicht um die Zustimmung der Organentnahme bitten, weil das Gesetz hier in Österreich eine Organentnahme auch ohne die Angehörigen-Zustimmung erlaubt, da der Verstorbene zu Lebzeiten einer Organentnahme nicht widersprochen hat. Gleichwohl wäre es doch schön, wenn Sie der Organentnahme zustimmten".
Es gilt, keine Zeit mehr zu verlieren. Es geht schließlich um ein mögliches Weiterleben der vielen Wartepatienten oder deren frühzeitiges Versterben auf der Organ-Warteliste. Die hier geforderte Änderung des Transplantationsgesetzes, grundsätzlich alle Hirntoten zu Organspendern zu erklären, sollte der Bundesgesetzgeber unverzüglich erfüllen.
Beste Grüße
Michael Balke