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Frage von Sabine V. •

Frage an Michael Balke von Sabine V. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Dr. Balke,

Sie setzen sich sehr für das wichtige Thema Organtransplantation ein.

Heute begann in Essen der Prozess gegen den international hoch angesehenen Chirurgen Herrn Prof. Dr. Broelsch.

Mich würde interssieren, wie Sie den heutigen Prozessauftakt wahrgenommen haben.

Mit freundlichen Grüssen
Sabine Vaasen

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Sehr verehrte Frau Vaasen,

vielen Dank für Ihre Frage zum Auftakt des Broelsch-Prozesses beim Landgericht Essen, bei einer großen Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer). Ich war beim ersten Hauptverhandlungstermin am 21. September 2009 dabei, weil ich mich mit Professor Dr. Christoph E. Broelsch freundschaftlich verbunden fühle. Er und sein damaliges Team haben im Jahr 2002 mittels einer Organtransplantation mein Leben gerettet.

Um es auf den Punkt zu bringen und damit Ihre Frage im Kern schon zu beantworten: Auch nach dem ersten Verhandlungstag ist Professor Broelsch für mich weiterhin ein chirurgischer Gigant, ein Massen-Lebensretter und ein Freund der Patienten. Daran kann die Anklageschrift, deren Verlesung zwei Ermittler und neunzig Minuten benötigte, nichts ändern. Denn zum einen ist der Hauptvorwurf der Staatsanwälte (räuberische Erpressung) vom Landgericht erst gar nicht zur Hauptverhandlung zugelassen worden. Die restlichen Vorwürfe (Bestechlichkeit, Betrug im besonders schweren Fall, Nötigung, Steuerhinterziehung) sind nicht bewiesen.

Während der erhellenden Entgegnungen eines Verteidigers und von Professor Broelsch persönlich hatte ich den Eindruck, nun sitzen die Staatsanwälte auf der Anklagebank - zumindest wegen groben Unfugs. Klar, ich kenne die Akten nicht, werde deshalb auch keine Prognose über den Ausgang des Prozesses abgeben, zum jetzigen Zeitpunkt auch keinen Freispruch fordern. Die Zeit ist aber erst Recht unreif für mediale Vorverurteilungen.

Bis zum Beweis des Gegenteils glaube ich ganz fest an die Unschuld von Professor Broelsch. Zudem fordere ich derzeit von allen, die mit mir über das "Thema Broelsch" sprechen, hartnäckig die Beachtung der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung ein. Ich wünsche meinem Lebensretter Christoph Broelsch und seiner Familie viel Kraft, alles Liebe, alles Gute und vor allem: faire Richter!

Frau Vaasen, ein Punkt fiel mir, als Steuerrechtler, besonders auf: Zeugen, die beabsichtigen, vor Gericht auszusagen, dass sie (die Zeugen) von Professor Broelsch zu einer Spende genötigt worden seien und gleichwohl beim Finanzamt die von der Universität Duisburg/Essen für den nämlichen Vorgang erhaltene Spendenbescheinigungen zwecks Einkommensteuersenkungen vorgelegt haben sollten, könnten sich selbst einem strafrechtlichen Vorwurf aussetzen. Es ist nämlich so: Der Spendenbetrag ist einkommensteuerrechtlich nur dann als Abzugsbetrag anzuerkennen und darf nur dann die vom Spender zu zahlenden Einkommensteuer mindern, wenn die Spende freiwillig geleistet worden ist (vgl. Heinicke in Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 28. Auflage 2009, § 10b Anm. 20; danach sind z.B. nicht begünstigt Zwangsspenden oder Geldzahlungen nach § 153a der Strafprozessordnung). Wer nun bewußt eine Spendenquittung einsetzt, um Steuern zu sparen, obwohl die Spende nicht freiwillig geleistet worden ist, macht sich womöglich der Steuerhinterziehung schuldig. Diese Problematik wird dem Gericht sicherlich klar werden und dann wird wohl darauf hingewirkt werden, dass die Zeugen vor ihren Aussagen belehrt und auf ihr diesbezügliches Zeugnisverweigerungsrecht (wegen möglicher eigener Strafverfolgung) hingewiesen werden. Falls Zeugen, trotz der erreichten Steuerersparnis beim Finanzamt, nun im Broelsch-Prozess sinngemäß von Zwangsspenden reden sollten, müssten sie das angedeutete strafrechtliche Risiko tragen. Zudem wird das Gericht solche Zeugenaussagen kaum gegen Professor Broelsch verwerten können, weil dieses Zeugenverhalten ein venire contra factum proprium (ein Kommen gegen das eigene Verhalten), ein widersprüchliches Verhalten, darstellen würde.

Mit besten Grüßen und Wünschen, bleiben Sie gesund!

Michael Balke