Welche Haltung vertreten Sie im Kontext Migration?
Sehr geehrter Herr Schirmer,
wie würden Sie sich politisch zu folgenden Themen einbringen?
1. Würden Sie vertreten, dass Asylbewerber arbeiten dürfen?
2. Würden Sie sich dafür einsetzen, dass Geflüchtete schneller aus den Unterkünften in Privatwohnungen kommen?
3. Würden Sie sich dafür einsetzen, dass eine größere Chancengleichheit in Schulen für migrantische Schüler:innen strukturell angestrebt wird?
Ich würde mir so sehr wünschen, wenn von Ihnen -neben Ihren sinnvollen Einlassungen zu sozialer Gerechtigkeit- auch die vielen Menschen thematisch Berücksichtigung fänden, die mit migrantischem background Teil unserer Gesellschaft sind. Dies vermisse ich im Vorfeld zur Bundestagswahl und v.a. im Zusammenhang mit den jüngsten Geschehnissen im Bundestag.
Was möchte die Linke für diese Menschen tun, die sich mittlerweile oft unwillkommen im Land fühlen.
Ich freue mich über Ihre Antwort !
Mit freundlichen Grüßen
Sonja B.

Vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre wichtigen Fragen zur Migrationspolitik. Ich stimme Ihnen vollkommen zu: Eine gerechte Gesellschaft muss auch die Perspektiven und Rechte von Menschen mit Migrationsgeschichte aufgreifen. Ich finde es wirklich schlimm, dass derzeit auch im Deutschen Bundestag Angst zwischen Nachbarn und Freunden geschürt werden soll. Zwischen Menschen die teilweise seit Jahrzehnten hier leben, ihre Kinder hierzu Schule gehen und dieses Land mit aufgebaut haben. Diese Menschen gehören zu Berlin ohne wenn und aber.
Zu Ihren konkreten Fragen:
- Ja, Asylbewerber*innen sollten arbeiten dürfen. Es ist unsinnig, Menschen in Abhängigkeit zu halten, anstatt ihnen die Möglichkeit zu geben, selbstständig zu leben und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die allermeisten wollen gerne arbeiten und sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen und gleichzeitig werden überall händeringend Arbeitskräfte gesucht. Das Arbeitsverbot schafft zudem soziale Isolation und verhindert Integration. Ich werde mich dafür einsetzen, dass diese restriktiven Regeln abgeschafft werden.
- Ja, Geflüchtete müssen schneller aus Unterkünften in Privatwohnungen kommen. Die derzeitige Praxis zwingt viele Menschen viel zu lange in Massenunterkünften zu leben – hier sind Konflikte oft vorprogrammiert. Stattdessen braucht es einen erleichterten Zugang zum Wohnungsmarkt, insbesondere zu bezahlbarem Wohnraum. Nur leider fehlt eben bezahlbarer Wohnraum in Berlin.Allerdings, während tausende Menschen kein Zuhause haben, stehen laut Zensus 2022 berlinweit 40.500 Wohnungen leer. Das entspricht Wohnraum für fast 77.000 Menschen. Ein Drittel der Wohnungen steht länger als 12 Monate leer. Hinzu kommen ca. 1,5 Mio. Quadratmeter leerstehende Büroflächen. Daraus ließen sich ca. 25.000 Wohnungen mit 60 Quadratmetern Wohnfläche entwickeln. Wir wollen die Beschlagnahmung leerstehender Immobilien vereinfachen. Der Senat muss endlich tätig werden und Treuhänder einsetzen, die Wohnungen instand setzen und bezahlbar vermieten. Wir streben für Berlin ein Leerstandsgesetz an. Dazu zählt unter anderem eine vereinfachte Beschlagnahme leerstehender Immobilien, ein Förderprogramm zum Umbau leerstehender Gewerbeflächen, ein Baustopp für Büroimmobilien. Zusätzlich brauchen wir endlich ein kommunales Wohnungsbauprogramm, was auch tatsächlich bezahlbaren Wohnraum in Berlin schafft.
- Ja, Chancengleichheit für migrantische Schüler*innen muss strukturell verbessert werden. Bildung entscheidet über Lebenschancen. Ich setze mich für bessere Sprachförderung, mehr Ressourcen für Schulen und eine diversere Lehrkräfteausbildung ein. Kein Kind darf aufgrund seiner Herkunft schlechtere Startchancen haben.
Die letzten Wochen haben es noch einmal ganz deutlich gezeigt - und eine Studie hat es bestätigt* - Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte haben oft die gleichen Anliegen: gute Löhne, bezahblare Wohnungen und eine sichere Rente. Viele der Konflikte und der Unsicherheit, kommen aus einer ganz realen Angst, nämlich dass das Geld am Ende des Momats nicht mehr für die Miete reicht, den Einkauf und die Klassenfahrt der Kids. Ich bin überzeugt davon, wenn wir diese soziales Sicherheit herstellen würden, dann würde der Zuspruch für rechte Parteien schnell abnehmen und die Konflikte in der Gesellschaft auch.