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Matthias W. Birkwald
DIE LINKE
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Frage von Felix H. •

Wird sich Ihre Patei entschieden für härtestdenkbare Sanktionen gegen Kreml einsetzen, einschl. der sofortigen bedingungslosen Abschaltung des Wirtschaftsraums der Russ. Föderation von SWIFT?

Werden Sie sich entschieden - auch gegen Lobbyinteressen von bestimmten deutschen Wirtschaftsverbänden und Kremlversteher innerhalb Ihrer Partei - für härtestdenkbare Sanktionen gegen Kreml einsetzen, einschl. der sofortigen bedingungslosen Abschaltung des Wirtschaftsraums der Russ. Föderation von SWIFT?

Und werden Sie dabei nicht nur, aber auch nicht zuletzt aufgrund der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Ukraine, dessen heutiges Territorium im Zweiten Weltkrieg ab 1939 und insbes. nach dem Überfall auf die Sowjetunion 2 Jahre nach dem Hitler-Stalin-Pakt zu 100 % der Fläche von Nazi-Deutschland in einem beispiellosen Vernichtungsterror ausgesetzt worden war, auch auf eine schnelle EU-weite Antwort drängen?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr H.

für Ihre Fragen danke ich Ihnen herzlich, und ich beantworte Sie gerne, auch wenn sie überwiegend Maßnahmen betreffen, die in den wenigen Tagen seit Eingang Ihrer Frage bereits vom Deutschen Bundestag, der EU und weiteren Staaten mit dem Ausschluss bedeutender russischer Banken aus SWIFT und den Sanktionen gegen die russische Zentralbank im Sinne Ihrer Frage entschieden worden sind und praktisch umgesetzt werden.  

Zur Frage der Sanktionen stimme ich vollständig mit meiner Fraktionsvorsitzenden Amira Mohammed Ali überein. Sie sagte in der Sondersitzung des Deutsche Bundestages am Sonntag, dem 27.02.2022: „Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass weder Putin noch seine Regierung noch die mächtigen Oligarchen, die hinter dem Angriffskrieg stehen, irgendeine Schonung verdient haben, genauso wenig wie die russische Rüstungsindustrie.(Beifall bei der LINKEN)
Anders sieht es bei der russischen Bevölkerung aus. Das kann man nicht gleichsetzen; denn es gibt eine tiefe Kluft zwischen den extrem reichen und privilegierten Oligarchen und der breiten arbeitenden Bevölkerung. Da muss man differenzieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Sanktionen, die die russische Führung und die Oligarchen treffen sollen, die finden wir sehr sinnvoll.“

Zugleich erteilte Sie in dieser Rede jeder Rücksichtnahme auf Lobbyinteressen in den Gesellschaften des Westens eine eindeutige Absage, und mahnte zudem an, ein Unterlaufen der Wirksamkeit solcher Sanktionen unter Ausnutzung von Gesetzeslücken und Mängeln in der Geldwäschebekämpfung zu verhindern. 

Ihren Begriff des ‚Kremlverstehers‘ halte ich für wenig hilfreich und verwende ihn deshalb auch nicht persönlich. Zur Sache hat Frau Mohamed Ali am 27.02. im Namen aller Mitglieder der Bundestagsfraktion DIE LINKE ausdrücklich erklärt: 

„Sie wissen, dass wir als Linke häufig das Verhalten der NATO kritisiert haben, die sich mehrfach nicht an Völkerrecht gehalten hat. Aber, um es unmissverständlich zu sagen: Dieser russische Angriff ist durch nichts zu relativieren, durch nichts zu rechtfertigen, Kolleginnen und Kollegen. (…) Ich kann für mich persönlich, für meine Partei und sicher auch für viele hier im Raum sprechen, wenn ich sage: Wir haben das nicht für möglich gehalten. Diesen Angriff Russlands auf die Ukraine, diesen verbrecherischen Akt, den haben wir, wie auch viele Expertinnen und Experten, nicht erwartet. Für meine Partei Die Linke räume ich in aller Deutlichkeit ein, dass wir die Absichten der russischen Regierung falsch eingeschätzt haben.
Das macht uns nachdenklich. Wir bewerten die Lage heute anders und sagen klar: Putin ist hier der Aggressor und muss sofort aufgehalten werden. Seine Großmachtfantasien, die dürfen nicht Realität werden.“

Auch dieser Einschätzung schließe ich mich ausdrücklich an.  

Bei der grundsätzlichen, schonungslosen und selbstkritischen Überprüfung unserer bisherigen friedenspolitischen Vorstellungen, ihrer Mittel und der diesen zugrundeliegenden Einschätzungen und Voraussetzungen darf es keine Verharmlosung und Beschönigung der imperialen und demokratiefeindlichen Ziele der Politik Putins geben. Deshalb hat die Fraktion DIE LINKE in ihrem Entschließungsantrag zur Sondersitzung des Deutschen Bundestages am 27.02.2021 (BT-Ds 20/845)   
mit Nachdruck festgestellt: 

„Durch sein Vorgehen stellt Präsident Putin Russland außerhalb der Völkerge¬meinschaft. Die russische Führung allein hat es in der Hand, diesen Irrweg der militärischen Gewalt wieder zu verlassen. Europa und die internationale Gemein¬schaft wissen grundsätzlich um den Wert stabiler Beziehungen zu Russland. Eine substanzielle internationale Zusammenarbeit ist aber erst wieder denkbar, wenn die russische Führung das Völkerrecht achtet und die territoriale Integrität und Unverletzbarkeit der Grenzen seiner Nachbarstaaten vollumfänglich respektiert und wiederherstellt.“

Diese Position der gesamten Bundestagsfraktion teile ich ausdrücklich, und ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass diese auch über den Tag hinaus Gültigkeit behält. 

Zugleich muss es in den notwendigen Diskussion über die Umrisse und Struktur einer unter den genannten Voraussetzungen wieder möglichen substantiellen internationalen Zusammenarbeit aber auch erlaubt sein, eine intellektuell redliche kritische Bewertung und Überprüfung von Entscheidungen der NATO und der EU vorzunehmen, sofern diese nicht erkennbar mit der Absicht einer Relativierung der alleinigen Verantwortung Russlands und seines Präsidenten Putin für den Angriff auf die Ukraine verfasst wurden. Anders ist ein Lernen aus der Geschichte nicht vorstellbar. 

Zur Frage einer schnellen EU-Antwort bleibt mir im Hinblick auf Sanktionen nur, festzustellen, dass die Wirklichkeit - in diesen dramatischen Tagen notwendigerweise – schneller war, als ich es mit der bescheidenen Wirkung des von Ihnen geforderten Drängens jemals hätte erreichen können. 

Ausdrücklich dankbar bin ich Ihnen aber für den Hinweis auf die besondere historische Verantwortung Deutschlands und den, ich zitiere, beispiellosen Vernichtungsterror, den die Menschen in der Ukraine und in Russland nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 erfahren haben. 

Ich leite aus dieser Verantwortung die moralische Verpflichtung ab, den Krieg als Mittel der Politik ebenso abzulehnen wie das Aufkommen von übersteigertem Nationalismus, Rassenwahn und imperialen Herrschaftsansprüchen von Anfang an zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen, 
Ihr Matthias W. Birkwald MdB

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