Sehr geehrter Herr Birkwald, wie positionieren Sie sich innerhalb der internen Debatten der Linken bezüglich der Coronapolitik? Und wie stehen Sie zu Sarah Wagenknechts Buch "Die Selbstgerechten"?
Ich würde mich sehr über Ihre Antwort freuen!
Mit freundlichen Grüßen,
Melanie Kühn
Sehr geehrte Frau Kühn,
in der Corona-Politik vertrete ich innerhalb der interne Debatten der LINKEN stets die Position, dass die Grundrechte für alle Menschen gelten müssen und immer Alles dafür getan werden muss, Grundrechtseinschränkungen soweit wie möglich zu vermeiden. Freiheit stirbt mit Sicherheit. Deshalb ist es mir darum zu tun, klug zwischen diesen beiden Prinzipien abzuwägen. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Art. 2 unseres Grundgesetzes ist mir sehr wichtig, ebenso das auf freie Meinungsäußerung in Artikel 5 GG. Und dies gilt auch für Meinungen, die ich definitiv nicht teile, ganz im Sinne Voltaires. Mit Ausnahme faschistischer Positionen, selbstverständlich, denn Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung ist mir ebenfalls sehr wichtig, denn Selbstbestimmung ist für mich ein sehr hohes Gut. Ich bin selbst zwei Mal geimpft, verurteile aber beispielsweise Niemanden, der oder die sich selbst aus guten Gründen nicht impfen lassen möchte. Ich streite für eine evidenzbasierte rationale, verantwortungsvolle und angstfreie Corona-Politik und bin gegen jede Form der Coronaleugnung und genauso gegen jedweden Coronaalarmismus.
Das jüngste Buch meiner Kollegin Sahra Wagenknecht mit dem Titel „Die Selbstgerechten“ habe ich mit großem Interesse gelesen, wie alle ihre Bücher.
Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, hier keine differenziere Buchkritik formulieren zu wollen, kann Ihnen aber versichern, dass ich weder zu Denen gehöre, die es ausschließlich bejubeln und genauso wenig zu Jenen, die es verteufeln. Beides halte ich aus vielerlei Gründen für unpassend.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Matthias W. Birkwald