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Matthias W. Birkwald
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Frage von Dietmar A. •

Lieferkettenrichtlinie / Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Stehen diese Geschäftspraktiken von Übersetzungskäufern im Einklang mit der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und dem dt. Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)?

Guten Tag Herr Birkwald, ich schreibe Ihnen als Wähler mit Wohnsitz in Köln-Junkersdorf und als freiberuflicher Diplom-Übersetzer. Ich habe 1997 meinen Abschluss als Diplom-Übersetzer an der FH Köln gemacht und habe dann zunächst als angestellter Übersetzer gearbeitet und seit 2002 als Freiberufler. In dieser Zeit sind die Honorare beständig gesunken. Heute zahlen viele Auftraggeber nicht mehr für Übersetzungen zum regulären Wortpreis, sondern für die Nachbearbeitung von maschinell vorübersetzten Texten, was i.d.R zu einem niedrigeren Stundenverdienst führt. In jüngster Zeit kommen auch KI-Vorübersetzungen zum Einsatz, wodurch der Stundenverdienst weiter sinkt. Diese Trends führen dazu, dass die Arbeit als freiberuflicher Übersetzer immer mehr prekarisisiert wird. Stehen diese Geschäftspraktiken von Übersetzungskäufern im Einklang mit der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und dem dt. Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)? Wer kann wie kann dagegen vorgehen? MfG Dietmar A.

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Sehr geehrter Herr A.

haben Sie besten Dank für Ihre Zuschrift. Zunächst betone ich, dass ich als Rentenpolitiker im Deutschen Bundestag nur wenig in die Details der EU-Richtlinien zu den Lieferketten eingearbeitet bin. Darüber hinaus bin ich kein Jurist, also kann, darf und möchte ich Ihnen keine Rechtsberatung geben. 

Die EU-Lieferkettenrichtlinie ist derzeit noch nicht in deutsches Recht umgesetzt, das heißt: sie ist in Deutschland noch nicht gültig. Zudem gilt es dabei zu betonen, dass die Richtlinie ab dem Jahre 2027 anzuwenden ist und dann auch nur für Unternehmen mit mindestens 5000 Beschäftigten und mit einem Jahresumsatz von über 1,5 Milliarden Euro gelten wird.

Im Deutschen Lieferkettengesetz gibt es zwar Verpflichtungen der Unternehmen, sich an Menschenrechts- und Umweltstandards zu halten, allerdings sind diese beispielsweise das Verbot von Kinderarbeit, Sklaverei oder der Schutz vor Folter. Deutsche Unternehmen werden dahingehend vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überwacht. Ich sehe nur sehr geringe Chancen, sich bei zu geringen Übersetzungshonoraren auf das deutsche Lieferkettengesetz zu berufen.

Dennoch verstehe ich Ihr Problem und nehme dieses sehr ernst. Grundsätzlich sehe ich eine Fortschreitung der Digitalisierung in allen Lebensbereichen eher kritisch. Besonders macht sich das beim Thema Künstlicher Intelligenz bemerkbar. Damit Künstliche Intelligenz in der Lage ist, einen Text zu übersetzen, muss sie trainiert werden und benötigt sie Trainingsdaten. Diese Trainingsdaten sind oftmals Texte von Übersetzern, weshalb in diesem Rahmen auch immer wieder zurecht mögliche Urheberrechtsverletzungen beim Training von KI angesprochen werden (https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/ki-uebersetzung-literatur-kritik-jena-kultur-news-100.html).

Auf europäischer Ebene wurde mit dem AI-Act eine entsprechende Regulierung dieser Verfahren gesetzlich diskutiert und beschlossen. Obwohl es aus meiner Sicht sehr nachvollziehbare und unterstützenswerte Forderungen der Übersetzerinnen und Übersetzer gab (https://literaturuebersetzer.de/aktuelles/offener-brief-ki/), konnte im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses nur ein Teilerfolg erzielt werden. So bewertet eine Initiative von insgesamt 44 Gewerkschaften und Verbänden mit insgesamt 144.000 Künstlern bzw. Urhebern, die Verabschiedung der Richtlinie als gut, wenngleich nicht alle Forderungen zum Urheberrecht der Initiative durchgesetzt werden konnten (https://urheber.info/diskurs/minimalkonsens-besser-als-kein-gesetz).

Damit gibt es zumindest erste Schritte, die Nutzung Künstlicher Intelligenz einzuschränken und Urheberinnen und Urheber an den Gewinnen aus Künstlicher Intelligenz zu beteiligen. Inwieweit diese Regelung Früchte tragen wird, muss sich erst noch zeigen, da sie erst nach 24 Monaten angewandt werden wird.

Ich wünsche Ihnen, dass Ihr Job nicht durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden möge. Schließlich beruhen alle KI-Modelle letztlich auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung und dabei geht der Anspruch auf Wahrheit und die Ästhetik der Übersetzung verloren, welche es bei einer menschlichen Übersetzung gibt.

In der Hoffnung, dass mehr Kundinnen und Kunden menschliche Übersetzungen wertschätzen, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen,

Ihr Matthias W. Birkwald MdB

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