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Matthias W. Birkwald
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Frage von Oliver W. •

Frage an Matthias W. Birkwald von Oliver W. bezüglich Familie

Hallo Herr Birkwald,

ich bin Oliver aus Köln und seit knapp 11 Monaten getrennt erziehender Vater von einer 4 Jahre alten Tochter. Meine Rollenvorstellung als aktiv erziehender Vater, trotz Trennung kommt oft nicht gut an.

Leider erlebe ich regelmässig bei Kontakten zu Ämtern, Beratungsstellen oder anderen relevanten öffentlichen Stellen, aktive oder indirekte Diskrimierung wegen meiner aus meiner Sicht zeitgemäßen Vorstellung von Elternschaft.

Das Gesetzt gibt uns Eltern die Verantwortung und die Pflicht uns auf verschiedene Themenfelder nach Trennung zu einigen. Was bei gleicher Vorstellungen sicherlich machbar ist, wenn es zu unterschiedlichen Vorstellungen kommt, mehr als eine komplexe Herausforderung ist.

Daher habe ich folgende Frage an Sie: Warum schafft es unser Staat nicht uns Eltern in diesem Fall mehr zu unterstützen und die Resolution 2079 (2015) vom 2. Oktober 2015 umsetzen, womit alle Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die Doppelresidenz/das Wechselmodell, als bevorzugtes anzunehmendes Modell im Gesetz zu verankern.

Vielen Dank und Grüße aus Köln
Oliver

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr W.,

herzlichen Dank für Ihre Frage!

Meine Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und ich, begrüßen es sehr, wenn getrennt lebende Eltern weiterhin für ihre Kinder Verantwortung übernehmen.

Dabei muss aber das Kindeswohl immer im Mittelpunkt stehen, daher sehen wir es kritisch, einen Umgang zwischen Elternteil und Kind zu erzwingen, da dieses auf Dauer dem Kindeswohl nicht förderlich sein wird. Wenn ein Elternteil wirklich keinerlei Interesse zeigt, den Kontakt zu seinem Kind aufrecht zu erhalten, so wird sich dieses auch in einem erzwungenen Umgang niederschlagen.

Das, von Ihnen genannte, Wechselmodell kann für viele Familien nach einer Trennung das richtige Modell sein, wenn sie sich gemeinsam darauf verständigen.

Ein Erfolg des Wechselmodells, gerade aus dem Blickwinkel des Kindeswohls, hängt jedoch von zahlreichen Faktoren ab. Voraussetzung ist beispielsweise, dass die Eltern nach der Trennung miteinander kommunizieren und kooperieren. Ist dies nicht der Fall, geht das Wechselmodell leider allzu oft zu Lasten des Kindes.
Ebenso entscheidend ist die sichere Bindung des Kindes zu beiden Elternteilen. Psychologische Studien zeigen, dass nicht die Häufigkeit des Kontaktes zum Elternteil, sondern vor allem die Qualität des Kontaktes entscheidend ist. War das Verhältnis zu einem Elternteil vor der Trennung schlecht, wird es sich durch das Umgangsmodell wahrscheinlich nicht verbessern.

Darüber hinaus hängt der Erfolg des Wechselmodells von vielen weiteren Faktoren ab. Nicht zuletzt ist der geäußerte Kindeswille von entscheidender Bedeutung. Aber auch das Alter des Kindes oder die räumliche Nähe der Elternhaushalte sind wichtige Kriterien.

Aufgrund der Vielzahl der Faktoren, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Wechselmodell grundsätzlich dem Kindeswohl am ehesten gerecht wird. Wir sprechen uns nach schwieriger und intensiver Abwägung aus diesen Gründen gegen eine Festschreibung des Wechselmodells als Regelfall aus, wenn dies auch bedauerlicherweise vielen verantwortungsbewussten Vätern - so wie Ihnen - nicht gerecht wird.

Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung sollte stets die umfängliche Analyse des Einzelfalles sein.
Nur so kann sichergestellt werden, dass die Abwägung der Kindesinteressen und Interessen der Eltern nicht zu Lasten der Kinder verläuft.
Dies gilt insbesondere, wenn ein Elternteil den Umgang verweigert.

Wir wollen Familien im Falle einer Trennung besser unterstützen und begleiten. Dazu möchten wir eine bedarfsdeckende personelle bzw. sachliche Ausstattung der Jugendämter und Familiengerichte sicherstellen. Insbesondere braucht es ausreichendes und gut ausgebildetes psychologisches Personal sowie Mediator:innen. Richter:innen sowie Gerichtspfleger:innen wollen wir hinsichtlich einer kinderfreundlichen Gestaltung des Gerichtsverfahrens professionell schulen lassen.

Auch wollen wir Regelungen im Unterhaltsrecht schaffen, die die Mehrkosten im Falle eines Wechselmodells berücksichtigen und die Lebensstellung des Kindes in beiden Haushalten absichern. Außerdem fordern wir, in einem ersten Schritt einen Umgangsmehrbedarf für Eltern im SGB II-Bezug einzuführen, der auch im Falle des Wechselmodells gezahlt und entsprechend an die Eltern ausgezahlt werden würde.

Langfristig wollen wir das Hartz-IV-System durch eine sanktionsfreie und bedarfsdeckende Mindestsicherung ersetzen.

Wir arbeiten auch weiterhin daran, Alleinerziehende besser zu unterstützen, so dass die Betreuung der Kinder sichergestellt ist, während sie ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen.

Ihre Rollenvorstellung als aktiverziehender Vater nötigt mir großen Respekt ab. Mein leider viel zu früh verstorbener Bruder war ebenso ein solch verantwortungsbewusster und erziehungswilliger Vater. Daher weiß ich um Ihre Probleme nur zu gut.

Ich wünsche Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rollenvorstellung viel Erfolg und vor allem wünsche ich Ihrem Kind und Ihnen persönlich rundherum das Beste!

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Matthias W. Birkwald

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