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Matthias W. Birkwald
DIE LINKE
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Frage von Dorothea L. •

Frage an Matthias W. Birkwald von Dorothea L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sie verneinen die Frage zur EU bez. Kompetenzen der Mitgliedstaaten. Aber wie sieht die Linke überhaupt die Kompetenz-Verteilung zwischen EU und Nationalstaaten, besonders im Hinblick auf Demokratie und das Verhältnis von nationaler und europäischer Wirtschafts- und Außenpolitik?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau L.,

DIE LINKE kritisiert das strukturell in den EU-Verträgen angelegte Demokratiedefizit in der EU: Dies umfasst weit mehr als nur die Schwäche des EU-Parlaments, das nicht einmal ein Gesetzesinitiativrecht hat, dem Rat der Mitgliedstaaten völlig untergeordnet ist und sogar bei der "Wahl" der Kommissionsmitglieder nur über dessen Vorschläge abstimmen kann. Es ist bereits ein demokratiepolitischer Skandal, dass die in verschiedenen nationalen Referenden abgelehnte EU-Verfassung fast inhaltsgleich als Lissabon-Vertrag durchgesetzt wurde. Wir haben diesen Vertrag abgelehnt und mit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht feststellen lassen, dass die von den anderen Bundestagsparteien in Deutschland mitgetragene Umsetzung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar war, da die Rechte des deutschen Bundestages nicht ausreichten, und so neue Begleitgesetze erzwungen.

Im bestehenden EU-Vertragssystem verteidigen wir die demokratischen Grundsätze der Mitgliedstaaten und der EU-Verträge, wie das Prinzip der Haushaltssouveränität der Mitgliedstaaten. Auch im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik widersetzen wir uns allen vertragswidrigen Versuchen der maßgeblich von Deutschland vorangetriebenen EU-Politik, die die Politik der Mitgliedstaaten in Richtung einer neoliberalen Politik der Strukturreformen beeinflussen oder sogar verpflichten will: mit Rentenkürzungen, Schwächung der Gewerkschaften und die Förderung von "flexiblen", prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen. Unter den gegebenen Bedingungen dürfen keine weiteren Kompetenzen auf die europäische Ebene verlagert werden, die zu einer Verfestigung der neoliberalen EU führen können. Darüber hinaus verteidigen wir auch das bestehende EU-System gegen die intergouvernementalen Strukturen, die die parlamentarische Kontrolle auf der europäischen und der mitgliedstaatlichen Ebene auf Kosten der nationalen Regierungen schwächen, wie beim ESM oder dem Fiskalpakt.

In der EU-Außenpolitik spielen die Mitgliedstaaten noch immer die entscheidende Rolle, aber die EU erhält immer größere Kompetenzen, ohne dass die Kontrolle durch das Europäische Parlament mitwächst. Wir widersetzen uns dem Vorschlag einer EU-eigenen Armee, mit der der deutsche Parlamentsvorbehalt für Militäreinsätze ausgehebelt werden könnte. Allerdings setzen wir uns auf anderer Seite auch für EU-Kompetenzen ein, wie bei der Forderungen nach einem EU-weiten Verbot von Rüstungsexporten.

Wir wollen die Institutionen der EU grundlegend demokratisieren und damit einen Neustart für die Demokratie in Europa ermöglichen. Die notwendigen neuen Vertragsgrundlagen müssen demokratisch unter Beteiligung der Bevölkerung entwickelt werden und in jedem Mitgliedstaat in Referenden verbindlich zur Abstimmung gestellt werden. Wir wollen dabei ökonomisch neutrale Verträge, die vergleichbar dem Grundgesetzt gegenüber ökonomischen Fragen offen sind, anstatt wie die aktuellen EU-Verträge neoliberale Grundlagen festzuschreiben und der demokratischen Kontrolle zu entziehen.

Es muss grundsätzlich die Subsidiarität beachtet werden, um sicherzustellen, dass politische Entscheidungen in der EU so bürgernah wie möglich getroffen werden. Entscheidungen sollen auf den Ebenen getroffen werden, die am stärksten davon betroffen sind: kommunale Angelegenheiten in den Kommunen und bundesweite Angelegenheiten in den nationalen Parlamenten. Grundlegende Entscheidungen in der EU müssen vom Europaparlament und den nationalen Parlamenten getroffen werden, statt von nicht-legitimierten Gremien wie der EU-Kommission oder dem Rat.

In diesem Sinne und
mit freundlichen Grüßen,
Ihr Matthias W. Birkwald

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