Frage an Matthias W. Birkwald von Sabine F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Birkwald,
im Jahr 2000 hat der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit verabschiedet (UNSCR 1325, siehe http://www.un1325.de/1325.html ). Die Resolution fordert, dass Frauen bei der internationalen Konfliktprävention, Konfliktbearbeitung und Friedenskonsolidierung deutlich stärker beteiligt werden müssen. Außerdem sollen Frauen nicht nur als Konfliktbetroffene und Opfer berücksichtigt, sondern auch als aktive Beteiligte in Friedensprozessen anerkannt werden.
Im Dezember 2012 hat die Bundesregierung nach jahrelangem Zögern einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Resolution in der deutschen Politik verabschiedet. Dieser Aktionsplan ist in der Öffentlichkeit allerdings bisher kaum wahrgenommen worden.
Wie wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur UNSCR 1325 beitragen? Wie wollen Sie und Ihre Partei dazu beitragen, dass der Aktionsplan und mit ihm die Resolution 1325 in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden? Wie soll die erfolgreiche Umsetzung des Aktionsplans in der deutschen Politik gemessen werden? Und was bedeutet das ganz konkret zum Beispiel für Bundeswehreinsätze wie in Mali?
Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Fründt
Sehr geehrte Frau Fründt,
in der vergangenen Legislaturperiode habe ich mich mit meiner Bundestagsfraktion Die LINKE wiederholt dafür eingesetzt, dass die Bundesregierung endlich den seit der Annahme der UN-Resolution 1325 im Jahre 2000 überfälligen Nationalen Aktionsplan vorlegt. Im März 2011 haben wir dazu sogar einen gemeinsamen Antrag mit den beiden anderen Oppositionsparteien (Bundestagsdrucksache 17/5044) in den Bundestag eingebracht. Dieser Antrag hatte zwar insofern Erfolg, dass auch als Reaktion auf diesen Druck der Opposition die Bundesregierung im Dezember 2012 diesen angesprochen Nationalen Aktionsplan überhaupt vorgelegt hat.
Weitgehend übergangen wurden seitens der Bundesregierung jedoch die in dem angesprochenen Antrag formulierten Mindestanforderungen an Erstellung und Ausgestaltung eines Nationalen Aktionsplans:
Die Bundesregierung hat den Nationalen Aktionsplan im Alleingang an Ministeriumsschreibtischen formuliert, statt - wie von den Oppositionsparteien gefordert - „bei der Erstellung des Nationalen Aktionsplans die Kooperation mit den Institutionen der Zivilgesellschaft zu suchen und deren Expertise einzubeziehen.“
Persönlich denke ich, dass schon dieses Defizit der Bundesregierung an Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren bei der Erstellung des Nationalen Aktionsplans entscheidend zu der von Ihnen zu Recht kritisierten geringen öffentlichen Wahrnehmung des Nationalen Aktionsplans mit beigetragen hat.
Weiterhin hat die Bundesregierung im Bundeshaushalt nicht einen Cent für die Umsetzung des Aktionsplanes vorgesehen, und weiterhin fehlen die von der LINKEN und den anderen Oppositionsparteien und dem 2003 zur Umsetzung der Resolution in Deutschland gegründeten Frauensicherheitsrat geforderten klaren Kriterien und Verfahren für eine regelmäßige Überwachung und Evaluierung.
Die Forderungen nach einem ausreichenden Etat, einer Stärkung der zivilgesellschaftlichen Beteiligung und einer wirksamen Überprüfung und Berichterstattung zum Nationalen Aktionsplan werde ich mit meiner Fraktion Die LINKE auch in der kommenden Legislaturperiode bei hoffentlich veränderten Mehrheitsverhältnissen erneut in den Deutschen Bundestag einbringen und hoffe so, zu einer Stärkung und stärkeren öffentlichen Wahrnehmung des Aktionsplans und des Anliegens der UN- Resolution 1325 beitragen zu können.
Ein entscheidendes Kriterium für die Umsetzung muss dabei aus meiner Sicht sein, dass die Beteiligung von Frauen an Entwicklungs- und Friedensprozessen in allen Programmen verbindlich festgeschrieben wird. Dazu gehören auch konkrete Maßnahmen, die verhindern, dass durch solche Projekte Gewalt gegen Frauen, Zwangsprostitution oder eine Verfestigung von Geschlechterstereotypen gefördert werden. Frauenrechte, und damit auch die Resolution 1325, werden heute aber leider verstärkt zur Legitimation von militärischen Einsätzen herangezogen. Deswegen vertritt die Fraktion DIE LINKE die Position, dass die einzig glaubwürdige Auslegung der Resolution 1325 die ist, gänzlich auf Kriegsgewalt zu verzichten. Wir interpretieren die Resolution 1325 als einen Teil des Völkerrechts, der das Gebot des Gewaltverzichtes stärkt.
Was Ihre Frage nach den konkreten Auswirkungen auf den Bundeswehreinsatz in Mali angeht, so bekräftige ich für mich und meine Fraktion Die LINKE unsere grundsätzliche Ablehnung solcher Militäreinsätze: „Alle Erfahrungen mit Kriegseinsätzen der vergangenen Jahrzehnte belegen, dass diese sich letztlich als Bumerang erweisen. In keinem Fall führt die militärische Intervention zu nachhaltiger Befriedung eines Konflikts. Häufig führen sie im Gegenteil zu einer Stärkung der Kräfte, die man vorgab, bekämpfen zu wollen,“ stellt dazu die detaillierte Einschätzung unserer Fraktion fest, die Sie im Internet-Angebot der LINKSFRAKTION nachlesen können.
Dort haben wir auch unsere Alternative formuliert: „Mit aller Energie zu unterstützen sind zivilgesellschaftliche Initiativen, die schon seit langem, aber auch jetzt und in dieser komplizierten Lage eine Dialoglösung mit den verschiedenen gesellschaftlichen Kräften in Mali suchen. Wir stellen uns deshalb hinter Initiativen wie den Aufruf der ehemaligen Kulturministerin Malis Aminata Traoré (Frauen sagt NEIN zum Stellvertreterkrieg in Mali) oder der der Bürgerkarawane für Frieden in Mali.“
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Matthias W. Birkwald