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Matthias W. Birkwald
DIE LINKE
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Frage von Konstantin E. •

Frage an Matthias W. Birkwald von Konstantin E. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Birkwald!

Der Grund, weshalb ich Sie als rentenpolitischen Sprecher der Linkenfraktion im Bundestag anschreibe, besteht darin, dass mir eine thematische Lücke im Rentenkonzept der Linken aufgefallen ist, die meines Wissens noch durch keine Stellungnahme von Partei und Fraktion geschlossen wurde. Es handelt sich dabei um den drohenden Betrug an ArbeitnehmerInnen hinsichtlich der bereits laufenden bzw. zukünftigen Nutzung des Betriebsrentenkonzepts (Entgeltumwandlung).
In einem Artikel der Kontext:Wochenzeitung ( http://www.kontextwochenzeitung.de/newsartikel/2013/02/sparen-fuer-den-chef/ ), auf den ich über www.nachdenkseiten.de aufmerksam wurde, erläutert der Autor Dietrich Krauß, dass zahllosen Arbeitnehmern, die bis heute Beiträge in eine Betriebsrente investiert haben, der Verlust großer Teile ihrer Rentenansprüche droht. Drei Faktoren, die Komplettversteuerung der Betriebsrente mit „einem Steuersatz von 25 bis 30 Prozent“ (!), die Reduktion der Sozialabgaben pro Arbeitnehmer durch die Entgeltumwandlung (Kürzung der gesetzlichen Rentenansprüche, Arbeitslosen- und Krankengeld) und die Zahlung von Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträgen von „knapp 18 Prozent“ (der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeberanteil mittragen!) schlagen tiefe Breschen in das angebliche zweite Standbein der modernen Rente. Es wird von Fällen berichtet, in denen Arbeitnehmern netto nur 50 % der versprochenen betrieblichen Altersvorsorge bleibt.
Zusammenfassend ergibt sich wieder einmal eine zerstörerische Wirkung auf die Sozialsysteme (geringere Beiträge zur gesetzlichen Rente), drohende Altersarmut (Betrug der Arbeitnehmer um ihre Betriebsrente) und eine skandalöse Entlastung der Arbeitgeberseite (Sparen an Sozialversicherungsbeiträgen).
Ich möchte Sie daher darum bitten mir mitzuteilen, welches politische Konzept die Linke
dieser Problematik entgegensetzt, die in der breiten Öffentlichkeit kaum Beachtung zu finden scheint.
Im Voraus herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Anfrage.

Mit freundlichen Grüßen
K.E.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Eisel,

die auf den Nachdenkseiten und in dem Artikel der Kontext-Wochenzeitung benannten Probleme der Betriebsrente in Form der Entgeltumwandlung sehen wir genauso.
Wir haben in den Diskussionen um die Entfristung der Entgeltumwandlung und die Ausweitung von Betriebsrenten immer wieder darauf hingewiesen, dass die Beitragsfreiheit der umgewandelten Entgeltbestandteile die Ansprüche der Versicherten auf ihre gesetzliche Rente und andere Sozialversicherungsleistungen sowie die Einnahmebasis der gesetzlichen Rentenversicherung schmälern und nicht gesichert ist, dass die Versicherten hinsichtlich ihrer Alterssicherung am Ende besser da stehen. Dies gilt insbesondere, wenn man die Verbeitragung in der Kranken- und Pflegeversicherung in Rechnung stellt.
Wir sind aber noch aus einem anderen Grund skeptisch gegenüber der betrieblichen Altersvorsorge: Es mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Gelder längerfristig nicht sehr rentabel anzulegen sind. Zudem ziehen sich die Unternehmen zunehmend aus der (Mit-)Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge zurück, so dass die Versicherten die Beiträge dafür immer stärker alleine aufbringen müssen. Außerdem sind Betriebsrenten nach wie vor am stärksten in großen Unternehmen und im industriellen Bereich verbreitet. Dort nutzen sie den Beschäftigten. Sie sind aber kein Modell für alle Beschäftigten und gerade Frauen und die abhängig Beschäftigten in den neuen Bundesländern haben häufig keine.
DIE LINKE will deshalb die gesetzliche Rentenversicherung stärken. Denn sie garantiert auch künftig und für jüngere Generationen eine deutlich positive Rendite, sichert umfassend - nicht nur für das Alter - ab und wird hälftig von den Unternehmen und ihren Beschäftigten finanziert. Wir wollen die gesetzliche Rente wieder Lebensstandard sichernd und armutsfest machen. Private und betriebliche Renten können die dann wieder lebensstandardsichernde gesetzliche Rente ergänzen, aber sie sollen sie nicht - auch nicht teilweise - ersetzen. Einem weiteren Ausbau der privaten und/oder betrieblichen Alterssicherung auf Kosten der gesetzlichen Rente werden wir uns auch in der kommenden Wahlperiode vehement widersetzen. Denn er ist nicht im Interesse der Versicherten in diesem Land, sondern allenfalls im Interesse von Unternehmen und Versicherungskonzernen. Gegen Betriebsrenten, die die Arbeitgeber alleine finanzieren, ist nichts einzuwenden. Die gibt es aber leider immer weniger und schon heute nur noch sehr selten.
Wir LINKEN kämpfen für Gute Arbeit, Gute Löhne und eine daraus resultierende Gute Rente, die zuverlässig den Lebensstandard sichert und sicher vor Altersarmut schützt.
In diesem Sinne und
mit freundlichen Grüßen,
Ihr Matthias W. Birkwald

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