Wie stehen Sie zu den Waffenlieferungen an die Ukraine?
Sehr geehrter Herr S.
vielen Dank für Ihr Interesse an meiner Position.
Ich lehne die Waffenlieferungen in die Ukraine ab und werde im Folgenden meine Haltung erläutern.
Der Aggressor und Verantwortliche für die aktuelle Krise ist auch für mich unbestritten die russische Regierung – ich sehe allerdings auf Seiten des Westens zumindest eine Mitverantwortung durch die nicht-Achtung russischer Sicherheitsinteressen. Dies rechtfertigt allerdings nicht die kriegerischen Handlungen Moskaus. Nichtsdestotrotz halte ich es für nicht zielführend, deutsche Waffen ins Kriegsgebiet zu schicken.
• Weil ich für die Bundesrepublik eine historisch bedingt andere Rolle erkenne…humanitäre Hilfe statt Waffenlieferungen, Einsatz für die physische Unversehrtheit von Vertriebenen, eine führende Rolle auf dem Gebiet der Diplomatie. Es gibt weit mehr für die ukrainische Bevölkerung zu tun, als die Streitkräfte auszustatten.
• Der sich seit 18 Monaten ausbreitende Bellizismus gefährdet die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland. Der soziale Sektor bekommt die Sparmaßnahmen zu spüren, während die Rüstungsindustrie prosperiert. Dabei sind Bildung und Gerechtigkeit, gerade in Krisenzeiten, umso wichtigere Faktoren hinsichtlich des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Auch das ist eine friedenssichernde Dimension, die im öffentlichen Diskurs m. E. viel zu kurz kommt.
• Im Krieg spiegelt sich die Klasse. Arbeiter tötet Arbeiter. Die Eliten werden geschont. Dies gilt es zu durchbrechen.
Auch wenn ich persönlich Waffenlieferungen ablehne, würde ich keinem und keiner andersdenkenden Genossen oder Genossin sein oder ihr Denken zum Vorwurf machen. Die Krise in Europa ist komplex und auch innerhalb einer Partei darf es unterschiedliche Haltungen zu diesem Thema geben…auch hinsichtlich der Tatsache, dass es generell immer darum geht, die Situation für die ukrainische Bevölkerung zu verbessern. Denn die Menschen dort leiden und sterben – und das muss aufhören. Ich wünsche mir eine rigide Umsetzung von Sanktionen, verstärkte diplomatische Bemühungen und einen offenen Diskurs, der es zulässt Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Waffenlieferungen zu äußern.
Viele Grüße
Matthias Okon