Frage an Matthäus Strebl von Alice U. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sie haben mit verhindert, daß die Zeitarbeit ins Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen wird.
Ihre Forderung, den Mindestlohn in der Zeitarbeit am niedrigsten Flächentarifniveau (= Entgelttarifvertrag/Ost der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit u. PSA, kurz CGZP) festzulegen, unter Berücksichtigung der Absenkungsmöglichkeit der ersten 4-6 Monate, würde ein „Mindestlohn“ von unter 6 EUR bedeuten!
Vertreten Sie die Interessen der Bürger (die von ihrer Arbeit leben wollen), oder die Interessen der Tarifgemeinschaft des Christl. Gewerkschaftsbundes (dessen Tariffähigkeit in der Zeitarbeit gerichtlich abgesprochen wurde). Sie sind ja auch Bundesvorsitzender des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB).
Wie ist Ihre Haltung und Ihr Abstimmverhalten im Bundestag mit Artikel 169 Abs.1 der bayerischen Verfassung zu vereinbaren?
Art.169:
(1) Für jeden Berufszweig können Mindestlöhne festgesetzt werden, die dem Arbeitnehmer eine den jeweiligen kulturellen Verhältnissen entsprechende Mindestlebenshaltung für sich u. seine Familie ermöglichen.
Sind Sie tatsächlich der Auffassung, daß man mit dem von Ihnen geforderten Mindestlohn seine, od. die einer Familie, "Mindestlebenshaltung" erarbeiten kann (ohne Zweit-/Drittarbeitsverhältnisse und/oder einer ausufernden Wochenarbeitszeit)?
Sehr geehrte Frau Unser,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage in der Sie ein heikles Thema Ansprechen. Das beweist schon allein die sehr kontroverse öffentliche Diskussion dazu.
Der für mich ausschlaggebende Grund bei der Abstimmung ist das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Dieses garantiert allen Tarifvertragsparteien die Koalitionsfreiheit. Der Staat darf nur in absoluten Ausnahmefällen in dieses Grundrecht eingreifen, was er zum Teil auch getan hat, indem zum Beispiel Mindeststandards für das Bauhauptgewerbe, die Gebäudereinigung und weitere Branchen verankert wurden. In allen diesen Fällen sind es aber Löhne, die über einen Tarifvertrag geregelt sind und sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschaften gemeinsam wollten diese Regelungen in das Gesetz aufgenommen haben.
Der Unterschied bei der Zeitarbeit ist, dass es hier konkurrierende Tarifverträge gibt. Die Festsetzung eines der beiden Tarifverträge als Mindestlohn, hätte die Verdrängung des anderen Tarifvertrags zur Folge. Genau das verstößt gegen Artikel 9 unseres Grundgesetzes.
Es ist nicht Aufgabe der Politiker Tariflöhne zu regeln, unsere Aufgabe ist es, unter Beachtung des Grundgesetzes die Rahmenbedingungen zur Lohnfindung durch die Tarifpartner zu schaffen.
Es liegt jetzt an den Gewerkschaften einen gemeinsamen Nenner zu finden, den wir als Mindestlohn, oder in Form einer Lohnuntergrenze, in das Gesetz aufnehmen können. Dafür setze ich mich auch innerhalb des CGB ein, allerdings ist die Tarifarbeit selbst, wie im DGB auch, Angelegenheit der Einzelgewerkschaften.
Im Bezug auf Ihre Anmerkung zur Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) verweise ich erstens darauf, dass die Richter gleichzeitig dem DGB und ver.di die Tarifzuständigkeit abgesprochen hatten und zweitens, dass dieser Beschluss nicht rechtskräftig ist.
Zu Ihrer Frage zur Vereinbarkeit mit Artikel 169 der bayerischen Verfassung möchte ich darauf aufmerksam machen, dass dies eine "kann" - Bestimmung ist, mit der die Bayerischen Staatsminister sehr gewissenhaft umgegangen sind und bisher keinen Gebrauch davon gemacht haben.
Mit freundlichen Grüßen
Matthäus Strebl, MdB