Frage an Matthäus Strebl von Angelika H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Strebl,
in Ihrer letzten Antwort stellen Sie die Einrichtungen der Kirche, wie Kindergärten, Schulen als Leistungen der Kirche dar. Wie hoch sind die staatlichen Zuschüsse für eine Kindergärtnerin in einem evangelischem Kindergarten?
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Hörner
Sehr geehrte Frau Hörner,
Sie wollen wissen, wie hoch die staatlichen Zuschüsse für eine Kindergärtnerin in einem evangelischen Kindergarten sind. Auf eine Einzelperson bezogen, lässt sich das natürlich nicht beantworten, da auch die Bezüge unterschiedlich sind. Richtig ist, dass der Staat und auch die Kommunen an die Kirchen Zuschüsse leisten, dass aber die Kirchen selbst hohe Eigenanteile für die von ihnen wahrgenommenen sozialen Dienste aufbringen. Grundsätzlich möchte ich in Erinnerung rufen, dass die diakonischen Leistungen den Kirchen wie auch anderen freien Trägern im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips überlassen wurden. Sie handeln stellvertretend für die öffentliche Hand. Darum werden sie aus den Mitteln unterstützt, die der Staat für diese sozialen Zwecke vorgesehen hat, um in freier Trägerschaft diese vom Staat für notwendig erachteten Aufgaben durchzuführen. Nach dem Prinzip der Subsidiarität, wonach freie Träger und Kirchen Funktionen im Sozialbereich ausüben können, nehmen sie durch ihre Einrichtungen vielfältige Aufgaben im sozialen Bereich war, so u. a. Kindergartenarbeit, ambulante Krankenpflege, Altenbetreuung und auch Bildungsarbeit etc.
Diese Arbeit der Kirchen im sozialen Bereich des weltanschaulich neutralen Staatswesens wird durch Zahlungen aus öffentlichen Kassen mitfinanziert. Sie sind damit die Erstattung der Aufwendungen für gesellschaftlich und sozial erwünschte notwendige Arbeit der Kirchen.
Gemessen an den Gesamtausgaben der evangelischen Landeskirchen, auf die Sie ja ansprachen, betragen diese Erstattungen aus öffentlichen Kassen für die kirchliche Sozialarbeit rund 30% der Gesamteinnahmen der Landeskirchen. Diese Zahlungen haben ihren Rechtsgrund in dem Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland als eines Sozialstaates, der sich zugleich als weltanschaulich neutraler Kulturstaat versteht. Die Verfassung unseres Staates gibt allen Gruppen - zu denen aus staatlicher Sicht auch die Kirchen gehören - bei Bedarf und bei Anforderung das Recht, anstelle und vor dem Staat nach den ihnen eigenen Maßstäben im Sozialbereich tätig werden zu können. Das Tätigwerden der Gruppen hat gegenüber dem Staat immer den Vorrang. Die Kirchen haben dabei dann das volle Risiko der Unterhaltung der dafür notwendigen Einrichtungen zu tragen und die Personalbewirtschaftung zu übernehmen. Den Rahmen geben die Anforderungen an, die nach staatlichem Recht an die Gebäude und ihre Ausstattung sowie an die Fachausbildung der Mitarbeiterschaft gestellt sind. Im Rahmen des Wiederaufbaus kommunaler Strukturen in den neuen Bundesländern und der Entflechtung staatlicher Einrichtungen haben die östlichen Kirchen Einrichtungen wie Kindergärten, Krankenhäuser, Altenpflege, Behinderteneinrichtungen etc. in kirchliche Trägerschaft übernommen. Diese Anforderungen bedeuten für die nicht gerade üppig ausgestatteten Kirchen eine erhebliche finanzielle Anstrengung, aber sie haben sich dieser Aufgabe soweit irgend möglich gestellt. Allerdings wird die Arbeit nicht in vollem Umfang aus staatlichen Kassen finanziert, sondern vielfach auch durch Zahlung der unmittelbar Begünstigten, also z.B. der Eltern für die Betreuung der Kinder in den Kindergärten oder der Angehörigen betreuter Kranker. Ein nicht unerheblicher Teil der Finanzierung fließt aber auch aus Kirchensteuern in diese Arbeit. Mithin beruht die Finanzierung dieser Aufgaben auf den vier Säulen: Eigenanteil des Trägers / Beiträge der Nutzer / Versicherungsleistungen / staatliche bzw. kommunale Leistungen.
Mit dem Hinweis auf die soziale Arbeit der Kirchen, deren Einbindung in den Sozialstaat und die Kostenerstattung für diese Arbeit durch den Staat ist sowohl ein wichtiges Element des Finanzierungssystems als zugleich auch die Freiheit der Kirchen in dem staatlich vorgegebenen Rahmen für diese Sozialarbeit beschrieben. In der Regel werden die Zahlungen für die Leistungen indes stellvertretend von Versicherungen erbracht, denen die Patienten angehören müssen, oder von Sozialämtern der Städte und Kommunen. Die Diakonie ist darin den Wohlfahrtsverbänden gleichgestellt. Ferner sind Schulen in kirchlicher Trägerschaft auch aus dem kirchlichen Finanzierungsystem herauszunehmen. Für sie gilt Sonderrecht. Der Staat, der kirchliche Schulen als private Ersatzschulen neben öffentlichen Schulen anerkennt, erstattet dafür die Aufwendungen der Kirche, und zwar in Höhe von rund 95% der Unterhaltungskosten. Dass die Schulhaushalte zusätzlich auch mit Spenden und Kirchensteuermitteln gespeist werden, sei am Rande erwähnt; die Beträge sind nicht gering.
Mit freundlichen Grüßen
Matthäus Strebl MdB