Frage an Markus Uhl von Jonas H. bezüglich Menschenrechte
Sehr geehrter Herr Uhl,
laut einer repräsentativen Umfrage, die die Generationen-Stiftung anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl in Auftrag gegeben hat, sind über 80% der befragten jungen Menschen (im Alter 16 bis 26 Jahre) der Ansicht, dass die derzeitige Regierung die Interessen junger Menschen trotz vieler Proteste in den letzten Jahren ignoriert. (Quelle: https://bit.ly/3hi9K7O)
Vier Fragen dazu:
1) Wie sehen Ihre KONKRETEN Vorschläge für eine generationengerechte Politik aus, die die wissenschaftlich als notwendig erachteten Veränderungen bringen, um die Lebensgrundlagen der jungen Menschen und künftiger Generationen umfassend zu schützen?
2) Sind Sie für einen echten 1,5-Grad-Kurs?
3) Wie stehen Sie zu den Vorschlägen des Positionspapiers “Kompass Klimazukunft” von Together for Future e.V. wie z.B. ein wissenschaftliches 1,5-Grad-Emissionsbudget, die schnellere Erhöhung des CO2-Preises mit Sozialausgleich und die Senkung fossiler Steuer-Privilegien? https://kompass-klimazukunft.de/
4) Am 30. Juni 2021 hat der repräsentative "Bürgerrat Klima" (60 Menschen, zufällig ausgewählt aus ganz Deutschland) nach rund 8 Wochen und 50 Arbeitsstunden seine politischen Empfehlungen zu der Frage wie Deutschland die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreichen kann (unter Berücksichtigung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Gesichtspunkte) veröffentlicht (hier zu finden: https://buergerrat-klima.de/wieso-ein-buergerrat-klima/die-ergebnisse).
Falls Sie im September erneut in den Bundestag gewählt werden sollten, welche Selbstverpflichtung über die Verwendung oder Nicht-Verwendung dieser Empfehlungen sind Sie bereit einzugehen? Wären Sie bereit, sich dazu zu verpflichten, die Ergebnisse des Bürgerrates Klima für die eigene politische Arbeit sorgfältig und in öffentlicher Debatte zu prüfen und gegebenenfalls im Detail zu begründen, warum sie Ergebnisse nicht berücksichtigen können oder wollen?
MfG
Jonas Heintz
Sehr geehrter Herr Heintz,
zunächst vielen Dank für Ihr Schreiben zum Klimaschutzgesetz, das ich gerne ausführlich beantworten möchte.
CDU und CSU unterstützen das neue Ziel für 2030, nach dem Deutschland seine Treibhausgasemissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert. Des Weiteren sieht das neue Gesetz nun einen klaren Reduktionspfad für die Zeit nach 2030 bis zum Jahr 2045 vor, in welchem dann Treibhassgasneutralität erreicht werden soll. Damit kommen wir den zwei wesentlichen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts nach, indem wir einerseits einen Teil der CO2-Reduktionslast nach vorne verschieben und damit nachfolgende Generationen entlasten und andererseits den Weg bis 2045 konkret mit Reduktionsschritten darstellen.
Bezüglich des in Ihrer Mail und auch im "Kompass Klimazukunft" genannten CO2-Budgetansatzes ist mir Folgendes wichtig: Weder ein nationales CO2-Restbudget noch das diesem als Ausgangspunkt dienende globale Budget ist einem derzeit geltenden nationalen, europäischen oder internationalen Rechtsrahmen zu entnehmen. Der Weltklimarat (IPCC) hat in seinen Berichten nur ein globales CO2-Budget berechnet, das nicht auf einzelne Staaten heruntergebrochen ist und dem auch keine Rechtsverbindlichkeit zukommt. Die Abschätzung des globalen CO2-Restbudgets ist zudem mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, auf die der IPCC auch selbst hinweist. Die vom IPCC benannten Unsicherheiten der für die Pariser Klimaziele berechneten Budgets betragen ungefähr +/- 100 Prozent des Budgets selbst, sodass die Budgets sowohl deutlich größer als auch kleiner sein könnten.
International ist die Vereinbarung von nationalen Budgets aufgrund der unterschiedlichen Präferenzen insbesondere hinsichtlich der Annahmen sowie aufgrund Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen nicht konsensfähig. Daher käme auch die internationale Klimadiplomatie zum Erliegen, was sich die Welt aufgrund der Dringlichkeit des Klimaschutzes nicht leisten kann.
Die Unsicherheiten des Budgetansatzes sind einfach zu groß, um als politische Leitschnur dienen zu können. Deshalb stehen klare Treibhausgas-Minderungsziele zu Recht im Fokus der internationalen Klimapolitik. Die EU als Vertragspartner des Pariser UN-Klimaübereikommens und damit auch Deutschland als Mitgliedstaat der EU sind verpflichtet, einen Beitrag zur Erreichung des globalen Temperaturziels zu leisten. Deutschland allein kann dies nicht, daher sind Aussagen wie "Deutschlands Klimapolitik muss 1,5 Grad-kompatibel werden" irreführend und laufen faktisch ins Leere.
Gerne möchte ich an dieser Stelle noch einmal detaillierter auf den "Kompass Klimazukunft" eingehen.
Position 1:
CDU und CSU setzen sich dafür ein, dass Deutschland bis 2045 und die EU bis 2050 Treibhausgasneutralität erreicht und damit einen wesentlichen Beitrag zur Einhaltung des Pariser Klimaübereinkommens leisten. Klimaschutz kann nur gelingen, wenn international gehandelt wird und die Industrieländer vorangehen. Das machen wir auch, da das Pariser Klimaabkommen die weltweite Treibhausgasneutralität "im Laufe der zweiten Hälfte des Jahrhunderts" fordert. Insofern werden wir unserer Verantwortung dadurch gerecht, dass wir das Ziel der Treibhausgasneutralität bereits bis 2045 in Deutschland erreichen wollen.
Dieses Ziel bereits bis 2035 zu schaffen, ist utopisch und würde zu zahlreichen Strukturbrüchen in unserem Land führen. Des Weiteren lässt sich über den CO2-Budgetansatz trefflich streiten. Selbst der IPCC weist in seinem 1,5 Grad-Bericht darauf hin, dass dieser nur schwer umzusetzen und auch mit großen Unsicherheiten behaftet ist. Die weltweite "Verteilung" von CO2-Mengen würde neue Fragen auf- und die Klimaverhandlungen um viele Jahre zurückwerfen. Die Festlegung von Budgets für andere Staaten, ist diplomatisch höchst schwierig. Die Verteilungsfrage ist eine international ungelöste Gerechtigkeitsfrage. Die dadurch drohende Verschleppung von konkreten Klimaschutzmaßnahmen kann und darf nicht in unserem Interesse sein. Daher haben wir in Deutschland den Klimaschutzplan 2050, das Klimaschutzprogramm 2030 (mit über 90 Einzelmaßnahmen), die Bepreisung von CO2 und das Bundes-Klimaschutzgesetz verabschiedet. Das Bundes-Klimaschutzgesetz beinhaltet übrigens den von den Aktivisten geforderten "Überprüfungsmechanismus". Sind einzelne Sektoren nicht auf dem Pfad, die europäischen Klimaschutzvorgaben zu erfüllen, muss das jeweilige Ministerium innerhalb von 3 Monaten ein Sofortprogramm vorlegen. Somit ist gesichert, dass Deutschland bis 2030 seine CO2-Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert.
Position 2:
Die seit dem 1.1.21 in Kraft getretene CO2-Bepreisung für fossile Treibhausgase der Brennstoffe Öl, Gas, Benzin und Diesel beginnt mit 25 EUR je Tonne CO2. Der Preis steigt jährlich, bis er 2025 55 EUR erreicht. Danach bildet sich der Preis am Markt. Bereits bei einem Preis von 25 EUR werden insbesondere Bürgerinnen und Bürger, die im ländlichen Raum in unsanierten Gebäuden wohnen und auf ein Auto angewiesen sind sowie die mittelständische, energieintensive Wirtschaft mit erheblichen Zusatzkosten belastet. Zu bedenken gilt auch, dass in vielen Produktionsprozessen keine technischen Effizienzsteigerungen mehr möglich sind. Insofern ist ein CO2-Preis von 195 EUR je Tonne CO2 ebenfalls sehr kritisch zu bewerten. Um soziale Schieflagen zu reduzieren, hat sich die Koalition ganz bewusst auf einen moderaten Einstiegspreis geeinigt. Eine parallele grundlegende Steuerreform ist in diesem Zusammenhang sicherlich überlegenswert, um weitere Anreize für mehr Klimaschutz zu setzen. Mit der "Verschiebung" aller Kosten würde man aber vermutlich weitere Härtefälle kreieren.
Position 3:
Über die im „Kompass Klimzukunft“ genannten Steuerprivilegien für fossile Brennstoffe wird sicherlich zu diskutieren sein. Vor der Bundestagswahl wird es aber sicherlich nicht noch zu entsprechenden Änderungen kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Uhl