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Markus Kurth
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Frage von Luis Alberto Fernández V. •

Frage an Markus Kurth von Luis Alberto Fernández V. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

ich möchte mich der Frage von Herrn Andreas Hugenroth anschließen, den er Ihnen am 12.06.07 gestellt hat. Dort sagten Sie folgendes:

"Unabhängig jedoch davon, welcher Rehabilitationsträger in ihrem Fall zuständig ist, soll das Zuständigkeitsklärungsverfahren nach § 14(1) SGB IX die möglichst schnelle Leistungserbringung sichern. Die von Ihnen erwähnten Fristen betragen in der Regel 2 Wochen nach Eingang des Antrages bzw. nach Fertigstellung eines erforderlichen Gutachtens. Das Handeln der Arge in ihrem Fall scheint infolgedessen rechtswidrig gewesen zu sein. Ich würde Ihnen raten dagegen zu klagen."

Was in § 14(1) und (2) SGB IX steht, steht bereits in § 16(1) und (2) SGB I. D.h. der Gesetzgeber hat diesen Rechtssatz zweimal kodifiziert. Dennoch hat er den Behinderten eigentlich im Stich gelassen, denn der Antragsteller verfügt über keinen Hebel, um die Verwaltung zum gesetzkonformen Handeln zu bewegen.

Derartige "Waschlappengesetze" helfen dem Behinderten nicht, sondern stärken vielmehr das staatliche Unrecht, das ihm angetan wird.

Ein Gesetz kann nur in Kraft gesetzt werden, wenn bei Verletzung desselben der Bürger über ein effektives Mittel verfügt, womit er die Verwaltung zur Einhaltung der Gesetze auffordern kann. Ein bloßes Inkrafttreten der Gesetze reicht für die Wirksamkeit der Gesetze leider nicht aus.

Die sogenannten "Rechte" aus § 14(1) und (2) SGB IX sowie aus § 16(1) und (2) SGB I sind weder einklagbar noch vor Gericht durchsetzbar. Der Richter lacht den Behinderten aus und setzt diese Rechtsnormen praktisch gesehen außer Kraft. Auch Klagen nach § 89 SGG werden im Schneckenstempo "bearbeitet", der Richter verschleppt das Verfahren, um den Behinderten so gut wie möglich zu zermürben.

Schließlich ist m.E. der Gesetzgeber für diese Mißstände verantwortlich.

Daher frage ich Sie: Was kann der Gesetzgeber veranlassen, um den Rechten aus § 14 SGB IX bzw. § 16 SGB I Gewicht zu verleihen? Schadenersatz? Schmerzensgeld?

Ihr Luis

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Vidaud,

vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie die Werkstättenverordnung (WVO) ansprechen. Auch wenn ich Ihre Kritik in aller Schärfe nicht immer teilen kann, so sprechen Sie doch ein Thema an, dass ich als sozial- und behindertenpolitischer Sprecher meiner Fraktion im nächsten Jahr verstärkt thematisieren möchte. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben betrifft eben nicht nur den ersten, sondern auch den geschützten Arbeitsmarkt. Die von Ihnen angesprochene WVO ist dabei viel zu selten Gegenstand der bundespolitischen Debatte.

Das Thema wird bei mir im nächsten Jahr ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen veranstaltet in den nächsten Monaten Fachgespräche, in denen auch der geschützte Arbeitsmarkt, also Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), behandelt wird. Wir sind uns bewusst, dass sich die Situation von Menschen mit seelischen Behinderungen oftmals anders darstellt und werden auch das beachten.

Sehr geehrter Herr Vidaud,

Sie und mein Büro stehen in engem Austausch. Über weitere Hinweise Ihrerseits bin ich weiter dankbar. Mit freundlichen Grüßen

Ihr Markus Kurth

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