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Markus Kurth
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Frage von Andreas H. •

Frage an Markus Kurth von Andreas H. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Tag,

wieso ist man als Behinderter Mensch gezwungen so instensiv um seine Rechte zu kämpfen?
Ich bin von Geburt an „an Taubheit grenzend“ Schwerhörig. Konnte aber, dank guter Technik und intensiven Trainings und einer großen Portion Veranlagung, normale hörende Schulen besuchen.
Sogar ein Studium unter hörenden konnte ich ohne weitere Hilfsmittel beginnen.
Das Studium wurde nichts, daher besuche ich momentan eine Umschulung.
Ende 2005 bemerkte ich das meine damaligen, und auch noch jetzigen, Hörgeräte nicht mehr die Leistung bringen die ich brauche. Daher lies ich mir neue Geräte verordnen.
Ich testete insgesamt 7 Geräte über einen Zeitraum von ca 6 Monaten. Zum Schluß musste ich feststellen das die Zuzahlungsfreien Geräte allesamt nicht annähernd die Leistung brachten wie die Geräte die ich noch hatte, erst Recht nicht die Leistung die ich brauche.
Die Geräte die mir am meisten weiterhilfen benötigen eine Zuzahlung von 3000€.
Ich stellte bei der Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme. Dieser wurde nach SGB IX, an die Arge weitergereicht. Von dort bekam ich auf Nachfrage (Fristen des SGB IX sind nirgendwo bekannt bei den Behörden) die gerammten Unterlagen zurück, die Arge sei nicht zuständig (selbst das darf es laut SGB IX nicht geben).
Ich stellte erneut den Antrag bei der Krankenkasse. Bis heute Mitte 2007 kämpfe ich. Meine Kraftreserven sind verbraucht und das schlechte Hören in der Umschulung und momentan im Praktikum fordern ihren Teil. Ich habe mehrmals in der Woche Migräne Attacken.

Wie kann es sein das eine Krankenkasse, oder der Verband der Krankenkassen, einfach so beschließe darf was ein Hörgerät kosten darf? Es gibt so unterschiedliche Arten und Schweregrade von Schwerhörigen das ich dieses Vorgehen einfach nicht verstehen kann.

Wieso muss ich als schon benachteiligter Mensch dennoch so um mein Recht kämpfen, trotz SGB IX, oder gerade deshalb? Für mich entpuppt sich das Gesetz zur Teilhabe am Leben als ein Riesengroßer Papiertiger.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hugenroth,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die eine Grundproblematik bundesdeutscher Gesetzgebung für Menschen mit Behinderungen anspricht. Wie ihr Beispiel eindrucksvoll aufzeigt und leider kein Einzelfall darstellt, bewegen sich Menschen mit Behinderungen in einem schwer überschaubaren Dschungel unterschiedlicher Leistungssysteme und Institutionen.

Ihre Schilderungen sind exemplarisch für das „Schachteldenken“ vieler Leistungsträger. Kurzfristiges Denken schadet den hilfebedürftigen Menschen und ist auch oftmals unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten kaum nachvollziehbar: Kosten, die vermeintlich gespart werden, potenzieren sich und kommen auf den einen oder anderen Leistungsträger wieder zurück.

Wie Sie richtig anführen, obliegt es der Krankenkasse als ein Träger der medizinischen Rehabilitation gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 SGB V die Versorgung von Hilfsmitteln nach §31 SGB IX allgemein zu erbringen, um die Erfolge einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.

Unabhängig jedoch davon, welcher Rehabilitationsträger in ihrem Fall zuständig ist, soll das Zuständigkeitsklärungsverfahren nach § 14 Absatz 1 SGB IX die möglichst schnelle Leistungserbringung sichern. Die von Ihnen erwähnten Fristen betragen in der Regel 2 Wochen nach Eingang des Antrages bzw. nach Fertigstellung eines erforderlichen Gutachtens. Das Handeln der Arge in ihrem Fall scheint infolgedessen rechtswidrig gewesen zu sein. Ich würde Ihnen raten dagegen zu klagen.

Sehr geehrter Herr Hugenroth, ich wünsche Ihnen alles Gute, auch gesundheitlich, und verbleibe mit den besten Wünschen.

Ihr Markus Kurth

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