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Markus Kurth
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Frage von Claudia K. •

Frage an Markus Kurth von Claudia K. bezüglich Familie

Hallo Markus Kurth,

als bislang treue Grün-Wählerin bin ich echt überrascht bis entsetzt. Wenn ich Renate Künast richtig verstanden habe, wollt ihr das Splitting für nicht einer versicherungspflichtigen Erwerbsarbeit nachgehende Ehepartner stoppen. Mit Ausnahme Kindererziehung. Was heißt das in diesem Zusammenhang? Bis zu welchem Alter gilt die Ausnahme?

Wisst ihr eigentlich, dass der Großteil der Familien-Einkommen sich aus einem Hauptjob (von dem man heute - auch als Akademiker - längst nicht mehr eine Familie ernähren kann) und einem kleinen Nebenjob (oft das einzige, was sich mit der Kindererziehung - auch wegen der Kita-Öffnungszeiten - verträgt) zusammensetzt?

Und, selbst wenn ihr es "gut meint", die versicherungspflichtigen Jobs gibt es einfach nicht für Frauen und Männer nach einer Baby-Pause. Und ein gutes Zuhause, auf dem man wachsen und sich entfalten kann und sich geborgen fühlt, gehört wenigstens eine Person, die nicht fremdbestimmt und fremdgestresst lebt.

Leider seid ihr mit diesem Vorschlag für mich fast unwählbar geworden. Die Masse der Betroffenen hat eben nicht das Geld übrig, um sich mal eben selbst krankenzuversichern. Die paar Superreichen könnt ihr doch auch anders "erwischen", oder? Oder gibt´s da einen Deal mit den Krankenversicherungen (will ich nicht hoffen)? In Wechselstimmung bin ich so jedenfalls nicht, schließlich, ach ja, kam Hartz4 auch unter Rot-Grün.

Und für die Frauen tut ihr so sicher nix, die sind nämlich in der Zwischenzeit "groß" und können selber entscheiden, ob sie Karriere machen wollen oder nicht.

Liebe Grüße,
Claudia

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Sehr geehrte Claudia Kem,

ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Vielleicht hat Renate Künast es in dem Beitrag, den Sie gehört/gesehen haben, schlecht erklärt.

Also erstmal vorab zur Beruhigung: Für ein Ehepaar, wo ein Partner (meist der männliche) ein Durchschnittseinkommen mit einer Vollzeitstelle verdient und der andere Partner (meist weiblich) nicht sozialversicherungspflichtig (etwa Minijob) hinzuverdient, ändert sich nicht so viel. Wir wollen die Minijobs abschaffen - also voll sozialversicherungspflichtig machen - und streben mehr existenzsichernde Stellen an. Nicht wenige Vollzeit- oder auch sozialversicherungspflichtige Teilzeitstellen sind - gerade im Einzelhandel - zugunsten von minijobs aufgespalten worden. Die Minijobs sind gerade für Frauen berufliche Sackgassen und gehören daher zurückgedrängt.

Ansonsten wollen wir die beitragsfreie Mitversicherung für Ehepartner verändern: Zur Berechnung des Krankenversicherungsbeitrags soll das Familieneinkommen rechnerisch zu gleichen Teilen auf beide Partner verteilt werden und für beide Partner bis zur Beitragsbemessungsgrenze veranlagt werden. Beispiel: Ein Partner verdient 5000.- Euro im Monat, ein anderer Partner nichts. Heute wird ein Krankenversicherungsbeitrag für Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze (ca. 3800.- Euro) fällig. Nach der uns vorschwebenden Neuordnung wären beide Partner zu veranschlagen, d.h. die 5000.- Euro werden (rechnerisch) geteilt (je 2.500.- Euro) und verbeitragt, d.h. auf die vollen 5000.- Paareinkommen muss Beitrag gezahlt werden. Das ist auch ein Beitrag zur Gerechtigkeit: Den heute schon müssen Paare, wo jeweils beide Partner 2500.- verdienen, auf das gesamte Einkommen ihren Beitrag zahlen.

NICHT ANGETASTET wird die beitragsfreie Mitversicherung übrigens bei Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen. Welche Zeiträume hier sinnvoll sind, haben wir noch nicht beschlossen bzw. darüber muss es auch eine gesellschaftliche Diskussion geben.

Um es klarzustellen: Es ist nicht so, dass die Ehefrau eines Normal- oder Kleinverdieners, die keinen Job haben kann oder will, sich jetzt eigenständig zum Krankenkassenmindestbeitrag versichern soll. Das wäre in der Tat asozial und ist mit mir nicht zu machen. So hat es Renate Künast auch sicher nicht gemeint - vielleicht war sie überfordert, einen zugegebenermaßen etwas komplizierten Sachverhalt mediengerecht knapp zu erklären.

Ich stehe aber gern für Auskünfte und Diskussion zur Verfügung und hoffe, dass Sie uns Grünen gewogen bleiben.
Mit recht herzlichen Grüßen
Markus Kurth

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