Portrait Mareike Engels
Mareike Engels
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
100 %
/ 5 Fragen beantwortet
Frage von Ronald K. •

Was wird getan , um die wachsende Wohnungsnot, Obdachlosigkeit und Verelendung in der Stadt zu bekämpfen? Wie sieht die Hilfe für Drogensüchtige für die Zukunft aus?

Wir sehen eine zunehmende soziale und psychische Verelendung in der Stadt. Tagesstätten haben am Wochenende geschlossen. Für über 4000 obdachlose Menschen reicht es nicht mehr. Das Hilfesystem ist überlastet!

Die Anzahl der Patientinnen und Patienten ohne Krankenversicherung im Gesundheitsmobil Hamburg steigt und steigt.

Medizinische Versorgung ist unkoordiniert und nicht ausreichend.

Die offenen Rechnungen für Rettungswageneinsätze und Notfallbehandlung gehen in die Millionen @

Portrait Mareike Engels
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage. Es ist wie Sie sagen, die Zahl der auf der Straße lebenden Obdachlosen ist in den letzten Jahren in Hamburg stark angestiegen und die sichtbare Verelendung gerade unter den drogensüchtigen Obdachlosen ist ein großes Problem.

Sozialpolitisch sind wir und ist die Stadt nicht untätig, aber wir bewegen sich in den gegebenen Rahmenbedingungen. Viele nichtdeutsche Obdachlose sind durch Bundesrecht von Sozialleistungen ausgeschlossen und haben kaum Zugang zu nachhaltigen Hilfeangeboten. Als Grüne wollen wir das ändern und fordern, dass auch Menschen ohne sozialrechtliche Ansprüche oder im irregulären Aufenthalt sollen Zugang zu Unterbringungsangebo­ten der Stadt erhalten sollen.

Ein großer Schwerpunkt grüner Politik für Obdachlose ist die Etablierung des Housing First Ansatzes in Hamburg, denn damit verbessern wir die Chancen für die am stärksten diskriminierten Gruppen am Wohnungsmarkt. Dieser Ansatz hat sich auch in Hamburg als erfolgreich gezeigt, ist aber auch limitiert durch die kleine Anzahl von verfügbaren Wohnungen die im Rahmen Housing First genutzt werden können. Hier wollen wir eine Erhöhung auf zunächst 100 Plätze pro Jahr erreichen und den weiteren Ausbau durch Kontingente für bestimmte benachteiligte Zielgruppen.

Wichtig im Kampf gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit sind die Fachstellen für Wohnungsnotfälle. Diese sind aktuell akut überlastet. Sie konzentrieren sich auf den Schutz vor Wohnungsverlust bei bestehenden Mietverträgen. Vermittlung in Wohnraum findet mangels verfügbarer Wohnungen außerhalb von besetzbaren Kontingenten viel zu wenig statt. Wir fordern eine externe Evaluierung der Arbeit der Fachstellen, die nach teils sehr bürokratischen Regeln arbeiten müssen und zu wenig qualifizierte Fachkräfte finden zur Besetzung ihrer Stellen finden. Auch die Konzeption ihrer Arbeit müssen wir überprüfen und an die aktuellen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt anpassen. Erste Schritte in diese Richtung haben wir mit einem Bürgerschaftsantrag schon unternommen.

Objektiv erschwert wird die Arbeit der Fachstellen aber nicht nur durch den überlasteten Wohnungsmarkt, sondern auch durch starke Auslastung der öffentlichen Unterbringung. Allein in den letzten drei Jahren ist die Platzzahl in  öffentlicher Unterbringung um 60% auf 53.000 Plätze gewachsen – das zu Schaffen war ein sozialpolitischer Kraftakt, der wesentlich die Folgen des Ukraine-Krieges abgefangen hat.

Auch ein großer Teil dieser neu in Hamburg aufgenommenen Menschen drängt auf den Wohnungsmarkt und verstärkt die Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum.

Im Bereich der niedrigschwelligen Hilfen hat Hamburg nach einer Phase der eher ordnungspolitischen Ansätze rund um den Hauptbahnhof eine Reihe sozialpolitischer Ansätze (Social HUB, Modellprojekt Übergangswohnen, Sozialraumläufer, Neukonzeption Straßen Sozialarbeit) nachgelegt. Mit dem Ankauf der großen Immobilie Repsoldstraße 27 geht Hamburg diesen Weg weiter und entwickelt dort zusätzliche ineinandergreifende, niedrigschwellige Hilfen von der Notübernachtung über die medizinische und psychiatrische Versorgung bis hin zu strukturierten Arbeitsangeboten. Erste Angebote wie zusätzliche Notschlafstellen werden hoffentlich noch im ersten Quartal 2025 realisiert, an der Gesamtkonzeption wird aktuell aber noch intensiv gearbeitet Zeit und diese muss in der nächsten Legislaturperiode mit allen Beteiligten abgestimmt und realisiert werden. Hamburg hat hier eine große Chance zur Entwicklung eines innovativen und niedrigschwelligen Hilfeangebotes, dass auf die zugespitzte Situation rund um den Hauptbahnhof und das Drob Inn eine wirksame Antwort gibt.

In den Haushaltsberatungen für den Haushalt 2025/26 konnten wir die Mittel für psychiatrische Sprechstunden der Schwerpunktpraxen verdoppeln. Auch mit dem sogenannten Entlassmanagment befassen wir uns immer wieder und hoffen, dass mit dem Rückkauf von Pflegen & Wohnen neue Möglichkeiten entstehen. Bereits die Pflege-Unterkunft von Fördern & Wohnen war bereits ein hilfreicher Schritt. Die Krankenstube wollen wir nachwievor ausbauen. Es scheitert aktuell an zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten.

Als Grüne kämpfen wir sozialpolitisch für eine Lockerung der der restriktiven Regelungen zur Unterstützung nicht leistungsberechtigten Obdachlosen aber auch für  deutlich mehr Ressourcen, um mehr Wohnraum für Obdachlose zu erschließen und niedrigschwellige Hilfen auszubauen. An dieser Stelle auch einen ganz herzlichen Dank für das wichtige Engagement von Haupt- und Ehrenamtlichen für Obdachlose in Hamburg, konkret auch beim Gesundheitsmobil. 

 

 

Was möchten Sie wissen von:
Portrait Mareike Engels
Mareike Engels
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN