Luise Amtsberg steht in der Natur und lächelt in die Kamera
Luise Amtsberg
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Annette S. •

Wir hören von Menschenrechtsverletzungen an ausländischen Arbeitern in Katar, die am Bau der Fußballstadien gearbeitet haben. Müssen wir unsere Geschäftsbeziehungen zu Katar nicht dringend überdenken?

Luise Amtsberg steht in der Natur und lächelt in die Kamera
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Liebe Annette S.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Als Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe setze ich mich dafür ein, dass menschenrechtlichen Gesichtspunkten in allen Bereichen der deutschen Außenpolitik eine höhere Bedeutung zukommt – auch in unseren wirtschaftlichen Außenbeziehungen.

Das bedeutet auch, dass wir unsere Handelsbeziehungen zu Staaten, die Menschenrechte systematisch verletzen, kritisch hinterfragen und gegebenenfalls konkret verändern müssen. Das Beispiel Russland hat dabei gezeigt, dass es außerdem essentiell ist, dass wir von einzelnen Staaten nicht so abhängig sind, dass unsere Handlungsfähigkeit bei Kritik oder Sanktionen eingeschränkt ist. 

Die Menschenrechtslage in Katar ist alarmierend und scharf zu kritisieren. Das betrifft insbesondere die Situation der von Ihnen bereits angesprochenen Arbeitsmigrant*innen, die innerhalb des als „Kafala“ bezeichneten Vormundschaftssystems unter massiven Menschenrechtsverletzungen leiden. In Rahmen dieses Systems führte unter anderem der Bau der Infrastruktur für die WM zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen und Tausenden von Toden von Arbeitsmigrant*innen. Auch die Beschränkungen der Presse-und Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit und der Rechte von Frauen und LSBTI-Personen in Katar dürfen nicht unbeachtet bleiben.

Allerdings zeigt sich auch, dass im Rahmen der internationalen Drucks, der über die Fußball-WM der Männer in Katar aufgebaut werden konnte, wichtige Reformen erreicht werden konnten und insbesondere im Bereich der Arbeitsmigrant*innen bedeutende Fortschritte erzielt wurden: Dazu zählen unter anderem die gesetzliche Einführung eines neuen Mindestlohns, das Recht auf freie Arbeitsplatzwahl, Maßnahmen zur Überwachung der Lohnzahlungen, und eine vom katarischen Arbeitsministerium eingerichtete Online-Plattform für Beschwerden von Arbeitsmigrant*innen. Trotz dieser wichtigen Fortschritte ist die praktische Umsetzung bisher nur unzureichend erfolgt und muss nun weiter beobachtet und gefördert werden.

Am Beispiel der WM zeigt sich, wovon ich fest überzeugt bin: Internationale Beziehungen, ob im Bereich des Wirtschaft oder des Sports, können dazu dienen, die Menschenrechtslage in anderen Staaten positiv zu beeinflussen. Dabei ist für mich entscheidend, ob ein positiver Trend erkennbar ist, den wir aus Deutschland heraus unterstützen können, oder nicht. Um im Sinne einer wertegeleiteten und feministischen Außenpolitik glaubwürdig zu sein, muss die Bundesregierung in allen Bereichen ihrer Außenpolitik die Einhaltung von internationalen Normen und Vereinbarungen einfordern und ihre Nicht-Einhaltung wenn nötig auch sanktionieren.

Mit freundlichen Grüßen

Luise Amtsberg

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