Luise Amtsberg steht in der Natur und lächelt in die Kamera
Luise Amtsberg
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Leon H. •

Warum haben Sie für das Sicherheits- und Asylpaket gestimmt, das ermöglicht Geflüchteten, die in einen anderen Staat ausreisen könnten, alle Leistungen inklusive Nahrung und Unterkunft zu streichen?

Haben Sie dazu keine menschenrechtlichen Bedenken, und wie sollen Geflüchtete sich ernähren und unterkommen, wenn sie weder arbeiten dürfen, noch Leistungen vom Staat bekommen?

Luise Amtsberg steht in der Natur und lächelt in die Kamera
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Guten Tag, 

vielen Dank für Ihr Schreiben. Ihre Bedenken bzgl. des Sicherheitspakets kann ich sehr gut nachvollziehen - auch ich und wir als Grüne hatten während der Verhandlungen zum Sicherheitspaket die von Ihnen genannten Punkte kritisch im Blick. 

Die Maßnahmen des Sicherheitspakets sind eine Reaktion auf den schrecklichen Terroranschlag in Solingen. Uns ist wichtig, dass solche Terroranschläge mit allen rechtsstaatlichen Möglichkeiten bekämpft werden. Dazu gehören natürlich dringend notwendige Investitionen in die innere Sicherheit, aber genauso gute Rechtsgrundlagen und insbesondere auch die Förderung präventiver Maßnahmen. Und ganz wichtig: Menschen oder gar ganze Gruppen dürfen dabei nicht unter Generalverdacht geraten – leider ist genau dies jedoch in Teilen passiert und es folgte ein Überbietungswettbewerb menschenfeindlicher Forderungen mit scheinbar einfachen Lösungen, die Terrorismus fernab jeglicher Fakten zu einem Migrationsproblem umdeuteten. Statt durchdachte und vor allem effektive Maßnahmen zu entwickeln, die zu gesellschaftlichem Zusammenhalt beitragen, folgte – angeführt durch den Bundeskanzler und die Bundesinnenministerin – leider eine populistisch aufgeladene Stimmungslage und ein Maßnahmenpaket, das zahlreiche Grundrechtseinschränkungen und erhebliche menschenrechtliche Auswirkungen zur Folge gehabt hätte. Das war für uns schlicht nicht hinnehmbar. 

Im anschließenden parlamentarischen Verfahren haben wir als Grüne deshalb sehr hart verhandelt, wobei wir einige Verbesserungen erreichen konnten: 

Während im ersten Entwurf des Bundesinnenministeriums zunächst Leistungsausschlüsse für Asylbewerber*innen vorgesehen waren, für deren Asylverfahren ein anderer EU-Staat zuständig ist (sogenannte „Dublin-Fälle“), konnten wir klarstellen, dass bei diesen Fällen erst dann ein Leistungsausschluss in Deutschland erfolgen darf, wenn die betroffenen Personen tatsächlich die Möglichkeit haben, in den zuständigen Mitgliedstaat zu gelangen. Dort muss auch faktisch Zugang zu Leistungen bestehen. Die Fahrt muss dabei staatlich organisiert werden und ein Ticket besorgt werden. Zuvor darf ein Leistungsausschluss nicht erfolgen. Zudem konnten wir in den Verhandlungen sicherstellen, dass in den überwiegenden Härtefällen (zum Beispiel bei Kindern) weiterhin Leistungen gewährt werden.

Trotz der erreichten Verbesserungen und trotz des Wissens, dass deutlich weitreichendere Grundrechtseingriffe von Landesregierungen und Bundesratsinitiativen geplant wurden, war es für mich und viele meiner Fraktionskolleg*innen nicht leicht, diesem Paket zuzustimmen. Sollten sich unsere Bedenken hinsichtlich der rechtmäßigen Umsetzung des Sicherheitspakets erhärten, halten wir eine sofortige Korrektur für unausweichlich. 

Mit freundlichen Grüßen 

Team Amtsberg 

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