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Lisa Badum
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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Frage von Uwe C. •

Können Sie mir verständlich erklären, warum trotz Ausbau der erneuerbaren Energien, sich meine Stromrechnung, bei etwa gleichem Verbrauch, in den letzten 15 Jahren verdoppelt hat?

In Europa wird der Strom zur Zeit über 45% aus erneuerbaren Energien gewonnen. In Deutschland liegt dieser Anteil bei über 60%, wurde heute morgen auf NTV berichtet.

Meine Stromrechnung hat sich bei etwa gleichem Verbrauch aber in den letzten 15 Jahren verdoppelt!

Wie kann das sein, bei diesem, immer mehr wachsenden Anteil von erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung?

Die Sonne und der Wind stellen bekanntlich keine Rechnung für die Stromerzeuger!

PS.

Bitte ersparen Sie sich den üblichen Hinweis der Politiker, dass der reine Strompreis ja sinken würde und dies auch in der Zukunft die Stromkosten für die Bürger senken würde. Nach 15 Jahren ständig steigender Stromrechnungen fehlt mir der Glaube an dieser Aussage. Bei der letzten Rechnung (2024) waren allein nur 63% für Steuern und Abgaben enthalten!

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre berechtigte Frage – ich verstehe Ihren Unmut über die steigenden Stromrechnungen sehr gut. 

Es stimmt, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung stark gewachsen ist, und das ist auch gut so. Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne sind tatsächlich günstig, was die reinen Erzeugungskosten betrifft – sie „stellen keine Rechnung“, wie Sie schreiben. Warum steigen also trotzdem die Stromkosten? Hier sind die wesentlichen Gründe:

  1. Inflation: Der wichtigste Grund für diese drastische Steigerung ist die Inflation. Sie merken sicher bei Ihren Wocheneinkäufen, wo überall Preise steigen. Leider ist auch der Strompreis davon betroffen.
  2. Hohe Marktpreise durch Gaskrise:
    Der Ukraine-Krieg hat uns im Energiemarkt stark getroffen, insbesondere durch die Abhängigkeit von Gasimporten. Selbst wenn Erneuerbare Energien günstig produzieren, bestimmen die teuersten Kraftwerke (meist Gas) den Preis an der Börse – ein Effekt des europäischen Marktdesigns. Dieser Grund ist maßgeblich für die hohe Strompreise. Wir diskutieren viel darüber, wie wir dieses System reformieren können, damit die Vorteile der Erneuerbaren auch bei den Endverbraucher*innen ankommen.
  3. Netzausbau und Infrastrukturkosten:
    Um den Strom aus Wind- und Solarenergie dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird, ist ein massiver Ausbau der Stromnetze notwendig. Der Wind weht oft an der Küste oder in windreichen Regionen, die weit weg von den großen Verbrauchszentren liegen. Für den Transport und die Speicherung von Strom entstehen hohe Investitionskosten, die über die Netzentgelte auf die Stromrechnung umgelegt werden. Wir Grüne wollen diese Netzentgelte senken, mehr dazu unten.
  4. Steuern und Abgaben:
    Sie haben recht: Ein erheblicher Teil der Stromrechnung entfällt auf Steuern, Abgaben und Umlagen. Dazu gehören beispielsweise die Mehrwertsteuer, die Konzessionsabgabe (für die Nutzung kommunaler Flächen durch Stromnetze) oder die Kosten für die Energiewende. Gerade Steuern und Abgaben machen die Strompreise in Deutschland höher als in anderen Ländern.
  5. Energieeffizienz und Förderungen:
    In den letzten Jahren hat sich der Fokus auch auf Förderungen und Energieeffizienzmaßnahmen verschoben. So werden Haushalte etwa über die CO₂-Bepreisung dazu motiviert, weniger fossile Energien zu nutzen. Aber ich gebe Ihnen recht: Die Entlastung bei Stromkosten kam bisher noch nicht ausreichend bei den Menschen an.

Was wir tun müssen:

  1. Marktdesign reformieren: Notwendig sind neue Regeln, wie unser Strommarkt funktioniert. Langfristige Sicherheit für Investitionen in Kraftwerke, zum Beispiel im Rahmen von Kapazitätsmärkten, müssen mit intelligenten kurzfristigen Anreizen zum effizienten Stromverbrauch einhergehen
  2. Steuern und Abgaben senken: Die Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde für die Verbraucher*innen bereits abgeschafft und wird nun vollständig aus dem Haushalt finanziert. Im nächsten Schritt wollen wir die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß senken. Zudem wollen wir die Finanzierung des Netzausbaus reformieren, um die Netzentgelte zu senken. Vergangene Woche sind wir bei diesem Thema mit der Einigung zum Energiepakt einen Schritt weitergekommen. Doch in den Verhandlungen wurde das volle Potenzial für Industrie und private Haushalte nicht ausgeschöpft. Wichtige Maßnahmen, wie die dringend notwendige Senkung der Netzentgelte zur Entlastung von Wirtschaft und Verbraucher*innen, konnten nicht finalisiert werden. Wir Grüne setzen uns weiter für sozial gerechte Lösungen ein, auch über die aktuelle Legislaturperiode hinaus.
  3. Speicher und Netze ausbauen:  Wir setzen uns ein für einen kosteneffizienten Netzausbau und bessere Netznutzung, dezentrale Preissignale ohne eine Aufteilung der Gebotszone, Speicher aller Arten, eine neue Generation von wasserstofffähigen und flexibel einsetzbaren Kraftwerken und die effiziente Ausnutzung der enormen Flexibilitätspotenziale von Industrie, Gewerbe, Verkehr und privaten Verbraucher*innen. Wir setzen uns für einen leistungsfähigen europäischen Strombinnenmarkt ein und bauen die Stromnetze zu unseren europäischen Nachbarn aus. Außerdem setzen wir auf die konsequente Digitalisierung des Energiesektors. Mit digitalen und flexiblen Stromnetzen und dynamischen Stromtarifen werden künftig die Bürger*innen in die Lage versetzt, in Zeiten von viel Wind und Sonne den Strom per Batterie oder Wärmepumpe systemdienlich zu speichern, die Waschmaschine laufen oder das E-Auto laden zu lassen. Damit kann jede und jeder Geld sparen und von den Vorteilen der erneuerbaren Stromwelt direkt profitieren. Zugleich sinken die Kosten im Gesamtsystem.

Ich bin zuversichtlich, dass der unter der Ampel entfesselte Ausbau der Erneuerbaren sich bald auch in niedrigeren Stromrechnungen abbildet, wenn wir diesen Weg konsequent weitergehen. Ich arbeite weiterhin daran, dass die Energiewende nicht nur ökologisch, sondern auch sozial gerecht gestaltet wird.

Mit besten Grüßen

Lisa Badum

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