Was wird getan , um die wachsende Wohnungsnot, Obdachlosigkeit und Verelendung in der Stadt zu bekämpfen? Wie sieht die Hilfe für Drogensüchtige für die Zukunft aus?
Wir sehen eine zunehmende soziale und psychische Verelendung in der Stadt. Tagesstätten haben am Wochenende geschlossen. Für über 4000 obdachlose Menschen reicht es nicht mehr. Das Hilfesystem ist überlastet @
![Lars Boettger Foto Lars Boettger vor Ort](/sites/default/files/styles/politician_teaser_xsmall/public/politicians-profile-pictures/img3359.jpeg?itok=QAgKkWJ-)
Lieber Ronald K., ich danke Dir für Deine wichtige Frage!
Es ist ganz klar zu sehen, dass das Hilfesystem nicht ausreichend mit der Anzahl der Bedürftigen mitwächst. Als allererstes ist aus Stadtentwicklungssicht zu wenig Wohnraum für wohnungslose Menschen vorhanden. Mittlerweile haben wir seit Jahren 50.000 Menschen in unserer Stadt, die keine passende Wohnung haben, die bei Freud*innen untergekommen sind oder in zu kleinen Wohnungen leben müssen, etc. Das Potential für noch mehr obdachlose Personen ist da. Wir brauchen die passenden Wohnungen und gut koordinierteHilfenetzwerke.
Es wurden in den letzten Jahren starker Bautätigkeit zu viel teure und zu große Wohnungen mit zu wenig Zimmern gebaut. Der Drittelmix hat nicht funktioniert. Ich kämpfe seit Jahren dafür, dass wir davon weg kommen und zu einem sozialen Mix kommen, der mind. 50% wenn nicht 2/3 geförderten Wohnungsraum im Neubau bietet. Selbst die Saga hat nur wenig mehr als 10% geförderte, dazu sind aber viele der übrigen Wohnungen einigermassen günstig. Leider schlägt die Saga auch bei der Modernisierungsumlage zu. Sie müsste erstmal direkt gemeinnützig, losgelöst vom städtischen Haushalt, in den sie einen großen Teil ihrer Gewinne abführt, aufgestellt werden.
Zunächst wurde die Anzahl der Sozialwohnungen immer weniger und nun sind selbst WA (Wohnungsamt) gebundene Wohnungen für die Wohnungsämter in den Bezirken knapp bzw. nicht mehr verfügbar.
Zu wenig Housing First, WA gebundene Wohnungen und gleichzeitig das Holstenareal oder einfacher noch Gebäude wie das in der Amsinckstraße 45 werden der Spekulation überlassen und sind ungenutzt. Es gibt Beispiele der Transformation ausgedienter Bürogebäude zur erfolgreichen Umnutzung zum Wohnen, bspw. auch für suchtkranken Menschen, die Begleitung und medizinische Versorgung benötigen. Solche Projekte könnten mit den Hilfenetzwerken besprochen werden. Das muss konsequenter angegangen werden, dafür setze ich mich ein. Transformationsprojekte eignen sich mE für ganz verschiedene Angebote an hilfebedürftige Personen sehr gut: https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Umnutzung-statt-Neubau-In-Hamburg-werden-Bueros-zu-Wohnraum,wohnraum228.html
Die Vernetzung und Koordination der Hilfen auch mit deutlich mehr Housing First Angeboten, wie dem Neunerhaus Konzept in Wien, kann Hamburg sich leisten: https://www.neunerhaus.at Es muss nur getan werden und weniger evaluiert werden, was schon evaluiert ist. Das sehe ich als Schwerpunkt in der Stadtentwicklung und in Kombination mit der Sozialbehörde. Die Zusammenarbeit auch unter den Politikressorts Soziales, Gesundheit und Stadtentwicklung ist hier entscheidend für Erfolge. Ich habe in allen drei Ausschüssen in Altona von 2019-24 gearbeitet.
Die aktuelle Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen hat die Anzahl angekaufter Grundstücke deutlich erhöht. Das muss auch weiter so laufen und noch ausgebaut werden. Niemand darf sich da ausruhen. Ideal wären 66% der Siedlungsfläche in städtischer und dann noch in gemeinnütziger Hand eben mit den entsprechenden Angeboten und medizinischer Versorgung. Nach Krankenhausaufenthalten braucht es Orte der Pflege, da diese in den aktuellen Häusern nicht mehr geleistet wird.
Wir müssen zudem die angegangene Vernetzung der Gesundheitsangebote weiter voranbringen und mit den Helfenden im Gespräch bleiben, um die Koordination der Hilfen, wir die effektiv zu verbessern, wie es die „AG Seelische Gesundheit“ als Vernetzung konzipiert: https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/bezirke/altona/themen/gesundheit/gesundheits-und-pflegekonferenz/seelische-gesundheit-51668
Es ist schmerzlich zu sehen, wieviele gute Angebote und was für einen tollen gemeinnützigen Wohnungsmarkt andere Städte haben. Dahin möchte ich Hamburg mit meinem Einsatz ebenso bringen. Es gibt auch Gegenbeispiele, jedoch sollte unser Blick auf das Nötige gerichtet werden, und nicht auf schlechtere Beispiele, um uns dafür zu loben, dass wir Angebote haben, die aber leider nicht ausreichen. Das Ziel keine obdachlose Person bis 2030 mehr in der Stadt zu haben, darf nicht über Verdrängung erreicht werden, sondern über ein gutes und funktionierendes Angebotsnetzwerk mit Gesundheitseinrichtungen.
Immerhin hat die Bahnhofsmission in Hamburg eine neue Anlaufstelle geschaffen. Solche Angebote könnten aufgestockt werden und in weiteren Stadtteilen geschaffen werden. https://bahnhofsmission-hamburg.de
Bei allen Projektideen ist mir die Einbeziehung der Helfenden und Mitarbeitenden der Hilfsangebote und Einrichtungen wichtig, damit Hilfe gelingt.
Im Hafen sehe ich auch noch viel Potential, dass wir den Drogenumschlag in Hamburg einbremsen. Das allein verhindert die Sucht jedoch nicht. Hier sehe ich in Zukunft eine gut vernetzte und lückenlose, weil mit den Helfenden abgestimmte, Versorgungsstruktur für Suchtkranke und psychisch kranke Menschen.
Sehr gern stehe ich für weiteren Austausch zur Verfügung und freue mich auch vor Ort gern Einblicke zu bekommen und Lösungen zu diskutieren.
Lieben Gruß, Lars Boettger.