Wie wollen Sie Überhangmandate abschaffen, sodass alle Sitze dennoch die Direktmandate und die Zweitstimmenquote abbilden? Ich bitte um eine rechnerische Erläuterung Ihrer Lösung wie im Beispiel s.u..
Der Bundestag hat ohne Überhangmandate 598 Sitze.
Erläuterung gerne wie dieses Beispiel:
Lösung:
50% der Sitze über Direktmandate besetzen und den Rest so, dass alle Sitze die Zweitstimmenquote abbilden.
A: 80 Direktmandate, 33 % Zweitstimmen
B: 3 Direktmandate, 6% Zweitstimmen
C: 67 Direktmandate, 28 % Zweitstimmen
D: 49 Direktmandate, 23 % Zweitstimmen
Sonstige: unter 5 % Zweitstimmen
Daraus folgt:
33+6+28+23=90 % Zweitstimmen über 5%
A: 80 Direktmandate, 33/90×598=219 Sitze insgesamt, davon 219-80= 139 Listenmandate
B: 3 Direktmandate, 6/90*598=40 Sitze insgesamt, davon 40-3= 37 Listenmandate
C: 67 Direktmandate, 28/90*598=186 Sitze insgesamt, davon 186-67=119 Listenmandate
D: 49 Direktmandate, 23/90*598=153 Sitze insgesamt, davon 153-49=104 Listenmandate
219+40+186+153=598 Sitze vergeben.
Sowohl die Erst- wie auch die Zweitstimmen wären exakt abgebildet.
Überhangmandate gäbe es nicht.
Sehr geehrter Herr A.,
danke für Ihre Frage.
Meine Vorstellungen für ein gutes Wahlrecht lauten:
- Der Kontakt der Politiker*innen zu den Wähler*innen sollte möglichst eng sein, darum sollte die Direktwahl von Abgeordneten weiterhin möglich sein,
- Die Sitzverteilung im Bundestag muss das Zweitstimmenverhältnis näherungsweise wiedergeben,
- Der Bundestag darf nicht zu groß werden.
Leider widersprechen sich diese Forderungen teils, so dass es einen Kompromiss geben muss.
Entscheidend für die Größe des Bundestags sind nicht nur die Überhangmandate (Überhangmandate können Sie nur abschaffen, wenn Sie bereit sind, Direktmandate nicht zuzuteilen), sondern auch die Ausgleichsmandate.
Was folgt aus diesen Vorstellungen?
- Ich möchte die Anzahl der Wahlkreise nicht verringern, weil mir der direkte Kontakt zu den Wählerinnen und Wählern sehr wichtig ist.
- Ein gewonnenes Direktmandat sollte immer zugeteilt werden, auch wenn sich dadurch ein Überhangmandat ergibt.
- Ein Problem ist aus meiner Sicht die Zahl der Ausgleichsmandate. Auf Ausgleichsmandate komplett zu verzichten ist aber auch schwierig, weil dann die Zweitstimme an Gewicht verliert. Aus meiner Sicht sollte nur ein Teilausgleich der Überhangmandate stattfinden.
Auch die Wahlrechtsänderung 2020 geht ja in diese Richtung. Aus meiner Sicht könnte man z.B. vereinbaren, bundesweit maximal zehn Überhangmandate auszugleichen. Das würde (rechnerisch grob kalkuliert) es relativ unwahrscheinlich machen, dass die Größe des Bundestags die gesetzliche Zahl der Abgeordneten deutlich überschreitet.
Ich hoffe, Ihre Frage somit beantwortet zu haben.
Viele Grüße
Kristian Klinck