Was ist für Sie Gerechtigkieit? Diese Frage behandeln wir im Moment, in der Schule, im Fach Politik und Gesellschaft, ich würde mich freuen, wenn Sie antworten
Sehr geehrter Herr Klinck,
Wir behandeln im Unterricht die frage zurzeit, was Gerechtigkeit ist. Unsere Klasse hat sehr unterschiedliche und gespaltene Meinungen. Mein Partner Julian und ich, würden uns sehr über eine Antwort bis nächste Woche freuen. Unsere Lehrerin ist eine sehr großer Fan von Ihnen. Könnten Sie vielleicht auch paar Beispiele nennen, fürs Verständnis dann?
Ich danke Ihnen vielmals und ich hoffe das, dass alles nicht zu viel verlangt ist.
Liebe Grüße, Julian und Maria!
Sehr geehrte Maria, sehr geehrter Julian!
Ich möchte Sie in aller Form um Entschuldigung dafür bitten, dass ich Ihre Frage aus zeitlichen Gründen bisher nicht beantworten konnte. Als Mitglied im Verteidigungsausschuss war ich fast seit Beginn der Wahlperiode stark ausgelastet. Hinzu kam die Notwendigkeit, meinen Wahlkreis zu betreuen. Daher bin ich bisher nicht dazu gekommen, zu antworten. Da Sie Schüler sind, ist mir das besonders unangenehm, und ich möchte Ihnen nun gerne antworten.
Gerechtigkeit ist in der Philosophie und der Politik ein wichtiges Thema. Aristoteles unterscheidet zwischen der "austeilenden" und der "ausgleichenden" Gerechtigkeit. Ausgleichende Gerechtigkeit bedeutet, dass beispielsweise ein Handel fair sein muss, eine Tüte Apfelsaft im Supermarkt also nicht fünf Euro kosten sollte. Austeilende Gerechtigkeit bedeutet, dass der Staat z.B. Sozialleistungen oder Ehrungen wie beispielsweise Orden fair verteilen muss. Allgemein wird unter Gerechtigkeit verstanden, Gleiches gleich zu behandeln. Zwei bedürftige Menschen sollten also bei gleichen äußeren Umständen (vergleichbar hohen Wohnkosten etc.) soziale Leistungen in derselben Höhe bekommen. Zwei Straftäter, die dasselbe Delikt begangen haben, sollten bei gleichen äußeren Umständen dieselbe Strafe erhalten.
Schwierig wird es dann, wenn die Politik den Fehler begeht, Gleiches nicht gleich zu behandeln, und beispielsweise einen der Straftäter wegen seiner Herkunft strenger oder milder zu bestrafen. Genauso schlimm ist es, wenn ungleiche Dinge gleich behandelt werden. Das ist aus meiner Sicht beispielsweise dann der Fall, wenn ein Facharbeiter auf einen Teil seines Einkommens denselben Steuersatz zahlt wie beispielsweise ein Chefarzt oder eine Investmentbankerin, was derzeit leider der Fall ist. Das entspricht zwar geltendem Recht (der Spitzensteuersatz beginnt bei einem Jahreseinkommen von etwa 63.000 Euro), so war das System aber ursprünglich nicht gedacht, da nur Menschen mit einem - im Vergleich zur Gesellschaft - sehr hohen Einkommen diesen Steuersatz zahlen sollten. Dieser Grundsatz ist mittlerweile verletzt worden und auch deswegen fühlen sich viele Facharbeiterinnen und Facharbeiter durch die Politik nicht mehr vertreten.
Über Gerechtigkeit kann man sehr lange sprechen und natürlich sind die Vorstellungen zu diesem Thema in einer Gesellschaft aufgrund verschiedener Perspektiven und Lebenssituationen unterschiedlich. Grundsätzlich würde ich den folgenden Aussagen zustimmen: Das Einkommen und der Lebensstandard einer Person oder einer Familie sollte möglichst deren Beitrag zur Gesellschaft widerspiegeln. Es muss eine Chancengleichheit geben, etwa im Schulwesen, beim Zugang zum Studium, bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz und bei Beförderungen. Daher darf es keine Diskriminierung von Menschen aufgrund unverfügbarer Merkmale wie beispielsweise der sexuellen Orientierung geben. Auch hohe Erbschaften möchte ich in diesem Zusammenhang kritisch hinterfragen, hier ist aus meiner Sicht mindestens eine deutlich höhere Besteuerung notwendig. Auszeichnungen und Strafen müssen im Verhältnis zum zugrundeliegenden Tatbestand stehen.
Melden Sie sich gerne, wenn es noch Fragen gibt oder wenn Sie einen konkreten Fall besprechen möchten. Meine Kontaktdaten finden Sie auf meinem Profil bei abgeordnetenwatch.de und auf meiner Homepage. Sehr gerne komme ich auch in Ihre Schule. Für die verspätete Antwort bitte ich nochmals um Entschuldigung und wünsche Ihnen für Ihren weiteren Schul- und Ausbildungsweg alles Gute.