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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Gabi F. •

Darf die Glaubwürdigkeit zur Berichterstattungüber den Ukrainekrieg sachlich hinterfragt werden, ohne Gefahr einer reflexartigen Diffamierung durch eine Minderheit als "Putin Troll" ?

Sehr geehrter Herr von Notz,

"Desinformation wird das gezielte Verbreiten von Informationen genannt, dessen Ziel ist, die Gesellschaft, einzelne Gruppen oder Einzelpersonen im Sinne politischer oder wirtschaftlicher Interessen zu täuschen"

"2024 kam der Weltrisikobericht des World Economic Forum, für den rund 1500 Experten befragt wurden, zum Ergebnis, dass über den Zeitraum von zwei Jahren betrachtet Desinformation und Falschinformationen noch vor dem Klimawandel das größte globale Risiko für die Gesellschaft darstelle"

https://de.wikipedia.org/wiki/Desinformation

Für informationen zum Ukrainekrieg stehen mir nur unsere westlichen Medien zur Verfügung, die russischen sind von der EU verboten oder abgeschaltet.

Herr von Notz, warum sollte ich davon ausgehen, dass nur die russische Konflikpartei, die natürlich der Aggressor ist, mit Des-/Falschinformation, Propaganda und Kriegsverbrechen arbeit, nicht aber auch die ukrainische Seite, zumal ich selbst gar nicht vergleichen darf?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau F.

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage und das Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut. Entschuldigen Sie bitte zugleich, dass Sie erst heute wieder von mir hören. Die Arbeitsbelastung in den letzten Sitzungswochen war extrem hoch. 

Lasen Sie mich voranstellen, dass es eine offene Gesellschaft freie Medien braucht und die Meinungs- und Pressefreiheit zentral für unsere Gesellschaftsordnung sind. Ebenso ist selbstverständlich auch das kritische und sachliche Hinterfragen von Berichterstattung durch Bürgerinnen und Bürger nicht nur zulässig, sondern die kritische Auseinandersetzung mit Medien ein zentraler Bestandteil eines pluralistischen öffentlichen Diskurses, der den Boden für unser demokratisches Zusammenleben bereitet. 

Konkret auf Ihre Frage bezogen möchte ich hervorheben, dass seriöse Medien sich bei Kriegsberichterstattung oftmals mit Informationssituationen konfrontiert sehen, die eine Herausforderung darstellen können. Hierbei haben sich allerdings journalistische Standards herausgebildet, deren Einhaltung eine verlässliche und ausgewogene Information über Krisen und Kriege ermöglicht. In vielen Fällen legen Medien dar, wie sie genau arbeiten (vgl. etwa https://www.tagesschau.de/inland/berichterstattung-tagesschau-100.html). Der Deutsche Presserat kam zum Ergebnis, dass über die Invasion Russlands in der Ukraine im Großen und Ganzen verantwortungsvoll berichtet wurde.

Wie Sie ganz richtig schildern, werden gezielte Desinformationskampagnen zu einer immer größer werdenden Bedrohung für unsere Gesellschaft. Darauf weise ich seit vielen Jahren hin. Politische Propaganda nutzt bestehende Bruchlinien in der Gesellschaft und verstärkt diese. Sie verfolgt das Ziel, Vertrauen zu erschüttern, gesellschaftliche Diskurse zu unterwandern und unsere demokratische Ordnung zu destabilisieren. Autokratische Regime nutzen seit langem gezielt lancierte Desinformationskampagnen zusammen mit Angriffen auf informationstechnische Systeme und Kritische Infrastrukturen sowie Spionage als Mittel der hybriden Kriegsführung. Die sicherheitspolitischen Folgen sind – darauf weisen wir gemeinsam mit unseren Sicherheitsbehörden seit langem hin – massiv und bedürfen deutlicher politischer Antworten. 

Fakt ist, dass es in Russland kaum unabhängige Medien mehr existieren. Fast alle Websites unabhängiger Medien werden durch staatliche Stellen blockiert. Das russische Regime übt eine strenge Kontrolle darüber aus, welche Äußerungen möglich sind und welche nicht. Anschaulich ist etwa die Äußerung des russischen Generalstabchefs Waleri Wassiljewitsch Gerassimow – auf das der von Ihnen zitierte Wikipedia-Artikel zu Desinformation verweist –, wonach nicht-militärische Mittel wie Kommunikation bedeutender denn je seien. Kriege gewinne nicht, wer mehr Waffen besitzt, sondern, wer die Informationen steuert, so Gerassimow. Sender, die wie RT nachweislich falsche Informationen und Propaganda verbreiten, stellen eine erhebliche Gefahr dar. Solche direkten Sprechrohre für Putin sind zu gefährlich, um sie unkontrolliert gewähren zu lassen. Darin unterscheidet sich die Lage im Vergleich zu derjenigen in der Ukraine – unabhängig von Erfordernissen, Berichterstattung unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheit einzuordnen – gravierend. In der Gesamtschau erachte ich es nicht nur als notwendig, Angebote wie RT zu sperren, sondern setze mich auch dafür ein, Schlupflöcher zu schließen und konsequent gegen Umgehungen von geltenden Maßnahmen vorzugehen. 

Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass es neben zahlreichen unabhängigen Menschenrechtsorganisationen aus der ganzen Welt, die zum Ukraine-Krieg recherchieren und veröffentlichen, auch unabhängige russische Berichterstattung gibt, die aus dem Exil arbeitet. 

Beste Grüße
Konstantin von Notz

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