Frage an Konstantin von Notz von Axel S. bezüglich Innere Sicherheit
Hallo Herr von Notz,
Ich wende mich an Sie als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums . Laut Bericht von Netzwelt.de ( https://www.netzwelt.de/news/188787-whatsapp-co-geheimdienste-duerfen-bald-per-staatstrojaner-mitlesen.html) soll im Rahmen der Novelierung Verfassungschutzrecht der Staatstrojaner die Möglichkeit einer Quellen TKÜ eingeräumt werden. Dies ist ja bisher nur Polizeiorganen erlaubt. Wie steht die Fraktion der Grünen zu dieser Novellierung? Und wie bewerten Sie das hier die Trennung von Nachrichtendiensten und Polizeiorganen aufgeweicht werden?
Herzlichst
Axel Stiller
Sehr geehrter Herr Stiller,
besten Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut.
Als Bündnis 90Die Grünen lehnen wir den Einsatz von Staatstrojaner in der jetzigen Form klar ab. Die Bundesregierung weitet den Einsatz derzeit massiv auf den Bereich der Nachrichtendienste aus. Sie hat es bis heute verpasst, die zahlreicheren offenen Fragen in Bezug auf den Einsatz der „Quellen-TKÜ“ schon im Polizeibereich zu klären. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt sie seit Jahren nicht um. Auf parlamentarische Fragen verweigert sie Antworten pauschal.
Bezüglich des Einsatzes besteht schon im Polizeibereich seit Jahren eine massive Rechtsunsicherheit. Diese führt dazu, dass das angeblich elementare Ermittlungsinstrument in den letzten Jahren weder durch das Bundeskriminalamt (BKA) noch durch den Generalbundesanwalt (GBA) auch nur ein einziges Mal zum Einsatz kam. Sogenannte „Staatstrojaner“ spielen bei der Strafverfolgung auf Bundesebene in der Realität seit Jahren kaum eine Rolle. Dies haben entsprechende parlamentarische Nachfragen von uns und journalistische Recherchen wiederholt gezeigt (vgl. exemplarisch tageschau.de vom 25.10.2019 „Überwachungssoftware – Der Bundestrojaner, den keiner nutzt https://www.tagesschau.de/investigativ/staatstrojaner-103.html).
Trotz dieses Wissens suggeriert die Bundesregierung bewusst Gegenteiliges, in dem sie an jeder sich bietenden Stelle betont, dass dieses Ermittlungsinstrument sehr wichtig sei und demnach zukünftig zwingend auch der Bundespolizei und den Nachrichtendiensten zur Verfügung stehen müsse. Die von der Bundesregierung zuletzt auf eine Kleine Anfrage von uns („Die Verschlüsselungspolitik der Bundesregierung und das Engagement von ZITiS zum Brechen von Kryptografie“, BT-Drs. 19/25549) übermittelten Zahlen sprechen jedoch eine sehr deutliche, andere Sprache.
Immer deutlicher wird: Was die Bundesregierung hier betreibt ist nichts anderes als die Simulation von Sicherheitspolitik. Die Sicherheit selbst wird jedoch tatsächlich mitnichten erhöht. Grundsätzlich gilt: Wir brauchen mehr Transparenz und Kontrolle sowie klare, rechtskonforme Rechtsgrundlagen und Ermittlungsinstrumente in diesem verfassungsrechtlich heiklen Feld. Statt für diese zu sorgen, weitet die Bundesregierung den Einsatz nun auf den Nachrichtendienstbereich aus. Sie handelt weiter mit Sicherheitslücken und arbeitet mit hochdubiosen IT-Sicherheitsfirmen zusammen. All das ist Gift für die IT-Sicherheit.
Wir brauchen gute, solide und zielgerichtete Polizeiarbeit. Die Ausweitung der Quellen-TKÜ auf den nachrichtendienstlichen Bereich lehnen wir klar ab. Statt die IT-Sicherheit so massiv zu gefährden, müssen wir den staatlichen Handel mit und die Nutzung von nicht gemeldeten Sicherheitslücke beenden und ein System zu Meldung für diese einführen. All das tut die Bundesregierung nicht. Durch ihr Vorgehen in der allerletzten Schlaufe der Wahlperiode geht die Große Koalition bewusst ein erhebliches Risiko.
Gerade in Krisenzeiten gilt: Ein starker, demokratischer Rechtsstaat muss Sicherheit gewährleisten und gleichzeitig unsere Demokratie konstituierende Freiheitsrechte zwingend wahren. Den ständigen Abbau von Freiheitsrechten und unsere Sicherheit gefährdende Symboldebatten können wir uns angesichts vielfältiger Angriffe auf unsere Demokratie schlicht nicht leisten.
In diesem Sinne setzen wir uns auch weiterhin ein und freuen uns, Sie an unserer Seite zu wissen!
Beste Grüße nach Marburg!
Konstantin v. Notz