Frage an Konstantin von Notz von Heike R. bezüglich Innere Angelegenheiten
Sehr geehrter Herr von Notz,
mir scheint, Spionage ist ein Geschäft, was wohl alle Länder betreiben.
Auch unsere BND ist da nicht ausgenommen.
quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesnachrichtendienst
Ganz aktiv dabei scheint u.a. auch unser Partner und Verbündeter USA zu sein, die augenscheinlich die ganze Welt ausspionieren und nicht einmal
davor zuruck geschreckt haben selbst das geschütze Handy unserer Kanzlerin, sowie unserer Bürger auszuforschen.
quelle: https://www.bild.de/politik/ausland/nsa/us-geheimdienst-nsa-spioniert-193-laender-aus-36618038.bild.html
Wie in der folgenden Quelle dargelegt, schien bei unserer Regierung nicht einmal Interesse vorzulegen, die Spionage der NSA aufzuklären?
quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-06/nsa-ausschuss-handy-angela-merkel-ausspaehen
Herr von Notz, ich bin froh kein "James Bond" zu sein, Spionage ist wohl immer und überall ein zwielichtiges und gefährliches Geschäft.
Was persönlich finden Sie verwerlicher? Wenn uns die Russen, unser erklärter "Gegner" nachrichtendienstlich abgreifen, was ja zu erwarten ist (!), oder wenn dies durch Partner und befreundetete Ländern erfolgt? Fänden Sie persönlich es weit enttäuschender, wenn Ihre eigene Familie Sie ausspioniert, als wenn es Ihr Nachbar macht? Weshalb, jetzt , nach anscheinend 5 Jahren, ein reflexartiger "Aufschrei der Empörung" über Russlands Spionageatacke (Tabea Rösner, Bündnis 90/Die Grünen)
Quelle: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw20-de-regierungsbefragung-694640
aber kein adäquater "Aufschrei" als uns die NSA ausspioniert hat?
Und noch eine Frage von mir als Laiin im Geheimdienstlichen. Wäre es nicht eigentlich normaler, wenn in der Bundestagsfragestunde angesprochen würde, wie es zum augenscheinlichen Versagen unserer Spionageabwehr und personeller Verantwortlicher kommen konnte, wodurch überhaupt erst das Ausspähen ermöglicht wurde?
Herr von Notz, kann ich als Bürgerin mich in unserem Land noch persönlich sicher vor feindlichen und befreundeten und neutralen Geimdiensten fühlen?
Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
Haben Sie besten Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut.
Die Enthüllungen von Edward Snowden und die anschließende Aufklärung des Bundestags durch den sogenannten „NSA/BND-Untersuchungsausschuss“ haben die Rolle von Bundesnachrichtendienst (BND) und Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in einem weltumspannenden, geheimdienstlichen Überwachungssystem ans Tageslicht gebracht. Dieses System wurde dem Gesetzgeber und der parlamentarischen Kontrolle in weiten Zügen über Jahre rechtswidrig vorenthalten. Dies haben wir immer und immer wieder sehr deutlich kritisiert.
Die Konsequenz war – nach dem Auffliegen des NSU – ein weiterer, massiver Vertrauensverlust in die Arbeit der Nachrichtendienste. Statt dieser Erosion des Vertrauens zu begegnen und echte Konsequenzen zu ziehen, hat sich die Bundesregierung damit begnügt, die verfassungswidrige, weil voraussetzungslose strategische Auslands-Auslands-Aufklärung der Nachrichtendienste nachträglich gesetzlich zu legitimieren. Das hatten wir wiederholt deutlich kritisiert.
Im Januar fand vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine zweitägige mündliche Verhandlung im Verfahren gegen das BND-Gesetz statt. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hatte beim BVerfG eine Verfassungsbeschwerde gegen die Ermächtigung des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur sogenannten Ausland-Ausland-Überwachung eingereicht. Die Verfassungsbeschwerde wird unterstützt vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV), der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), dem Journalisten-Netzwerk n-ost, netzwerk recherche (nr) und Reporter ohne Grenzen (ROG). Infos zur Klage hat die GFF auf Ihrer Homepage zusammengefasst.
Zur Bedeutung der Annahme hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte viel Richtiges aufgeschrieben. Diese Einschätzung teile ich. Die zweitägige Verhandlung, bei der ich in meiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestags auch vortragen durfte, verlief aus meiner Sicht sehr gut, die Nachfragen der Richterinnen und Richter an die Bundesregierung waren durchaus deutlich.
Elementar wichtig ist es, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, wie weit der Grundrechtsschutz des Artikels 10 GG geht, sehr grundsätzlich beschäftigt. Denn klar ist: Jeder ist Ausländer, fast überall. Vor diesem Hintergrund ist das Verfahren vor dem höchstem deutschen Gericht wegweisend für viele Millionen Menschen weltweit.
Die Argumentation der Bundesregierung, bei Artikel 10 GG handele es sich um ein „Deutschen-Grundrecht“, war und ist höchst fragwürdig. Vielmehr handelt es sich unserer Auffassung nach hierbei um ein universelles Menschenrecht, welches die Bundesregierung auch im Ausland bindet. Dies müsste entsprechende Konsequenzen haben: U.a. müsste die im BND-Gesetz geregelte Auslands-Auslands-Aufklärung von der G10-Kommission kontrolliert werden.
Für weitere rechtsstaatliche Verbesserungen, sowohl was die rechtlichen Grundlagen der Arbeit der Nachrichtendienste als auch die parlamentarische Kontrolle angeht, werden wir uns auch weiterhin mit Nachdruck einsetzen und entsprechende Vorschläge in den Deutschen Bundestag einbringen.
Mit besten Grüßen nach Berchtesgaden
Konstantin v. Notz