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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Frank D. •

Frage an Konstantin von Notz von Frank D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr von Notz,
ich beziehe mich auf Ihre Antwort vom 01.04.2019, dafür vielen Dank.
Warum sind Sie der Meinung, dass wir dem Bundesverfassungsgericht im Falle einer unbegründeten Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde blind vertrauen sollten? Ist nicht vielmehr davon anzugehen, dass unter den abgeschmetterten Verfassungsbeschwerden (ohne Begründung) eine Vielzahl von Grundrechtsverletzungen bzw. uneinheitlichen Rechtsanwendungen verborgen bleibt?
Sie vertrauen doch in der Türkei auch nicht darauf, dass in Gefängnissen festgesetzte Journalisten dort rechtmäßig einsitzen, nur weil das türkische Justizsystem auf eine Begründung monatelang verzichtet, oder?
Muss man folglich nicht davon ausgehen, dass staatliche Institutionen, deren Entscheidungen intransparent sind, in Wahrheit etwas zu verbergen haben?
Ihr Argument, das Verfassungsgericht sei angesichts der zunehmenden Verfassungsbeschwerden unterbesetzt, kann ich durchaus nachvollziehen. Wäre es folglich nicht richtig, die Zahl der Richterstellen zu erhöhen, anstatt die Bürgerrechte durch die Abschaffung der Begründungspflicht massiv einzuschränken?
Ihre Antwort erweckt den Eindruck, dass Sie dieses Thema sehr stark aus der Richterbrille durchleuchten. Ich stelle Ihnen die Frage, ob Sie nachempfinden können, wie sich ein Beschwerdeführer fühlt, dessen Verfassungsbeschwerde ohne Begründung abgeschmettert wurde, obwohl diese ganz wesentlich auf Grundsatzurteilen des Verfassungsgerichtes beruht?
Warum sollte aus Ihrer Sicht eine Begründungspflicht den Rechtsstaat schwächen? Sie haben dies leider nicht begründet. Wenn Sie darin eine Schwächung des Gerichtes sehen, haben Sie dann nicht auch zu sehr die Richterbrille auf? Sind wir uns darüber einig, dass staatliche Institutionen darum bemüht sein sollten, ihre Entscheidungen dem Bürger verständlich zu machen? Oder ist der Bürger nur ein Untertan, dem das Verfassungsgericht seine abgeschmetterten Verfassungsbeschwerden nicht zu erklären braucht?
MfG

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr D. B.,

herzlichen Dank für Ihre erneute Nachfrage zu meiner Antwort vom 01.04.2019.

Wie ich in meiner ersten Antwort ja bereits detailliert ausgeführt habe, bin ich der Meinung, dass ein grundsätzliches, von Ihnen vorgetragenes Misstrauen gegenüber dem Bundesverfassungsgericht und seiner Richterinnen und Richter nicht angebracht ist und eine Begründungspflicht bei Nichtannahmen aus meiner Sicht keine Stärkung, sondern vielmehr eine Schwächung des Gerichts und unserer Rechtsstaatlichkeit zur Folge hätte.

Wie kommen Sie auf Ihre – in meinen Augen durch nichts belegte – These, dass davon anzugehen ist, dass unter den abgelehnten Verfassungsbeschwerden „eine Vielzahl von Grundrechtsverletzungen bzw. uneinheitlichen Rechtsanwendungen verborgen“ bleibt? Ich teile diese These explizit nicht.

Auch Ihr Vergleich mit der türkischen Justiz hinkt gleich in mehrfacher Hinsicht, so dass ich hier nicht näher darauf eingehen will. Gleiches gilt für haltlose Vorwürfe, ich hätte hier irgendeine „Brille“ auf.

Da Sie mich direkt fragen: Ich selbst habe wiederholt selbst Verfassungsbeschwerde gestellt, so dass Sie durchaus davon ausgehen können, dass ich weiß, wie sich ein Beschwerdeführer fühlt. Übrigens wurden auch nicht alle meine/unsere Verfassungsbeschwerden vom Gericht angenommen und waren (vollumfänglich) erfolgreich.

Mit abermals besten Grüßen nach Lohne!
Konstantin von Notz

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