Frage an Konstantin von Notz von Stefan B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. von Notz,
Sie waren im letzten Bundestag Mitglied im Innenausschuss. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat sich in den vergangenen Jahren ein Paradigmenwechsel innerhalb der Justizbehörden ergeben. So war es früher Usus, dass Polizeidienststellen eine Anzeige nach der Aufnahme unbürokratisch und unkompliziert weitergeleitet haben, wenn eigentlich eine andere Polizeidienststelle zuständig war. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Internetstraftaten - schließlich wohnen hier Täter und Opfer oftmals nicht am gleichen Ort.
Die Grünen haben sich sehr für die Verfolgung von Hasskriminalität im Internet stark gemacht. Tatsächlich bleiben die maßgeblichen Daten für solche Delikte nur sehr kurz bei den Providern gespeichert... und die Vorratsdatenspeicherung hat bei den Grünen keine Freunde.
Vor vielleicht 3 Jahren haben nun die Generalstaatsanwaltschaften beschlossen, dass die Weiterleitung nur noch über die Staatsanwaltschaften erfolgen darf. Die Folge davon ist ein bürokratisches Ungetüm und ein administrativer Mehraufwand. Denn nun läuft die Anzeige von der Polizei zur ersten zuständigen Staatsanwaltschaft. Dort wird sie nach einiger Zeit registriert, vorgelegt und durchgelesen. Der zuständige Staatsanwalt sieht, dass der Tatort nicht in seinem Bereich liegt, schickt die Akte weiter an die zuständige Staatsanwaltschaft. Diese registriert wieder - liest - und schickt die Akte letztlich zur zuständigen Polizeidienststelle. In der Regel dauert es dadurch statt bisher 3-4 Tage über einen Monat oder je nach Auslastung der Staatsanwaltschaften deutlich länger, bis die Anzeige endlich beim ersten Beamten ankommt, der tatsächlich ermittelt. Leider sind zu diesem Zeitpunkt schon viele relevante Spuren gelöscht - die Ermittlungen verlaufen im Sande - der Täter entkommt.
Werden Sie sich, ggf. in einer schwarz-grünen Koalitionsregierung mit der CSU/CDU für eine Änderung der Problematik und Rückkehr zum vorherigen Zustand einsetzen?
Sehr geehrter Herr Burgthann,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Ich teile Ihr Anliegen, dass alles getan werden muss, damit polizeiliche Ermittlungen und Strafverfolgung effektiv sind, nicht unnötig verfahrensmäßig verzögert werden. Ob und inwieweit bundesweite Vereinbarungen der Generalstaatsanwaltschaften oder ob möglicherweise landesinterne Vereinbarungen - etwa in Ländern mit mehreren Generalstaatsanwaltschaften - da eine Ursache sind, bedürfte allerdings ebenso weiterer Prüfung wie die Frage, ob und inwieweit es möglicherweise Regelungen im Bereich der Polizei oder im Verhältnis Polizei zur Staatsanwaltschaft als "Herrin des Verfahrens" gibt, die der von Ihnen zu Recht geforderten Effektivität möglicherweise entgegenwirken. Soweit es um länderübergreifende Verfahrensabgaben geht, muss die Staatsanwaltschaft beteiligt werden. Deshalb bitte ich um Verständnis, dass ich Ihre Frage derzeit nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten kann. Im Übrigen sind im Bereich der Internetkriminalität, die Sie ansprechen, die dafür zuständigen staatsanwaltschaftlichen Zentralstellen ein richtiger und effektiver Weg, der nach Auffassung von B90/Die Grünen weiter verstärkt werden muss, personell wie technisch.
Mit freundlichen Grüßen
Konstantin von Notz