Frage an Konstantin von Notz von Lutz L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr von Notz,
als Mitglied des U-Ausschusses "NSA" hatten Sie mit dem Mitglied der Linken den Vollzug des bereits gefassten Beweisbeschlusses zur Vernehmung von Edward Snowden beantragt. Mit Beschluss vom 11.11.2016 hatte Ihr entsprechender Antrag beim BGH zunächst auch Erfolg, da Ihr Antrag als Viertel der Mitglieder des Ausschusses entsprechend § 17 Abs.2 und 4 PUAG zulässig und begründet war. Nach Beschwerde des Ausschussvorsitzenden hob der BGH diesen Beschluss mit Beschluss vom 23.02.2017 wieder auf. Der BGH beruft sich im Wesentlichen darauf, dass der tatsächliche Wortlaut des § 17 Abs. 2 PUAG nicht der vom Gesetzgeber beabsichtigten Regelung entspricht und nur unter der Prämisse von Artikel 44 Abs.1 S.1 des Grundgesetzes gilt. Demnach gesteht Ihnen der BGH als Ausschussmitglied nicht die gleichen Rechte zu, wie den Ausschussmitgliedern der Bundestagsmehrheit. Wie bewerten Sie diese Auslegung des BGH politisch als Abgeordneter und rechtlich als Jurist? Falls Sie den Beschluss vom 23.02.2017 als rechtlich unzulässigen Eingriff der Judikative in die gesetzgeberische Zuständigkeit und Unabhängigkeit der Legislative einordnen, werden Sie die Sache dem BVerfG zur Prüfung vorlegen? Ich halte den Beschluss für rechtspolitisch brisant, auch wenn diese Rechtsfrage in den allgemeinen Medien kaum reflektiert wird. Eine Diskussion dazu habe ich auf den juristischen Plattformen lto und im beckblog gefunden (Links unten).
Mich interessiert hier also vor allem die Rechtsfrage zum Verhältnis zwischen Legislative (U-Ausschuss/Opposition) und Judikative (BGH). Unabhängig davon fände ich es persönlich begrüßenswert, wenn Edward Snowden vom Ausschuss in Deutschland vernommen werden könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Lippke
http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-3-ars-20-16-nsa-untersuchungsausschuss-edward-snowden-vorladung/
https://community.beck.de/2016/11/19/bernd-ruethers-die-heimliche-revolution-vom-rechtsstaat-zum-richterstaat#comment-75381
Sehr geehrter Herr Lippke,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die Sie auch an mein Büro gestellt haben.
Wie wir Ihnen bereits persönlich geantwortet haben, haben wir Ihre Anfrage zum Anlass genommen, die Sache – auch durch unser Justitiariat – nochmal prüfen zu lassen. Das Ergebnis ist leider eindeutig. Das Bundesverfassungsgericht ist keine „Super-Revisions-Gericht“ bei dem „falsche“ Entscheidungen der Instanzgerichte (insbesondere zum einfachen Recht) korrigiert werden können. Mit entsprechenden Entscheidungen, die man selbst als Fehlerhaft einschätzt muss man daher leben. Der Weg zum BVerfG – sei es der Organstreit oder die Verfassungsbeschwerde – ist eben nur eröffnet, wenn die Betroffenen eine Verletzung einer spezifisch verfassungsrechtlichen Position geltend machen können. Insoweit hat uns das BVerfG in den Entscheidungen zur Herausgabe der Selektoren und zu den Minderheitenrechten gerade eine solche Position abgesprochen, weil wir nicht die Einsetzungsminderheit nach dem GG repräsentieren. Letztlich gründet hierauf gerade auch die Auffassung des BGH, der das einfache Recht mit dieser Wertung parallel auslegt. Man mag beides für falsch halten. Das hilft jedoch nicht. Ein Rechtsschutzersuchen beim BVerfG würde keinen Erfolg haben. Das hat das Gericht ganz klar gemacht.
Ich hoffe Ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Konstantin von Notz