Frage an Konstantin von Notz von Henning G. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr von Notz,
ich sehe den Föderalismus in unserm Land immer mehr als Hindernis bei der Bewältigung der notwendigen Reformen für unsere Zukunft in Deutschland – sei es die Bildung, die Steuern und die schnelle Anpassung auf wirtschaftliche Bedingungen usw.
Wie stehen Sie zu dem Thema „Abschaffung des Föderalismus“ und der „Kleinstaaterei“ in Deutschland? Wir sind doch alle deutsche Staatsbürger und sollten in der gesamten Bundesrepublik überall gleich Voraussetzungen vorfinden!
Freundliche Grüße
Henning Giese
Sehr geehrter Herr Giese,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.
In Ihrer Einschätzung, dass der Föderalismus durchaus Vor- und Nachteile hat, gebe ich Ihnen Recht. Auch stimmt es nach meinem Dafürhalten, dass das Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern nicht immer leicht zu durchschauen, sogar kompliziert und teilweise verwirrend ist.
Letztendlich ist jedes föderale System auf die gute Kooperation des Bundes und der Länder angewiesen und bedarf zeitweiser Korrekturen bzw. Erneuerungen. Von daher gebe ich Ihnen vollkommen Recht, dass wir ständig darum bemüht sein sollten, das Zusammenspiel der einzelnen Ebenen weiter zu verbessern. Tun wir dies nicht, laufen wir in der Tat Gefahr, dass sich das bewährte System des Föderalismus als ein Hemmnis für notwendige Reformen darstellen kann.
Ihre Schlussfolgerung, dass es besser wäre, die föderalen Strukturen in Deutschland zugunsten eines Zentralstaates abzuschaffen, teile ich aus vielerlei Gründen jedoch nicht. Der wichtigste Grund ist die historisch gewachsene Struktur des deutschen Föderalismus, nicht zuletzt das Resultat der schlimmen Erfahrungen, die Deutschland in der Zeit des Dritten Reichs gemacht hat. So hat man sich bei der Gründung der Bundesrepublik und der Etablierung des föderalen Systems etwas gedacht: Damals ging es vor allem um eine Dezentralisierung von politischen Entscheidungen und die Stärkung regionaler und lokaler Verantwortung nach dem Subsidiaritätsprinzip, um Zentralismus und „Gleichschaltung“ zu verhindern.
So gehört der Föderalismus heute zu den wichtigsten Strukturelementen unseres politischen Systems. Bereits in der Präambel des Grundgesetzes ist der Föderalismus als politische Organisationsform festgeschrieben. Dort werden die einzelnen Bundesländer der Reihe nach aufgeführt.
Auch ist die Eigenstaatlichkeit der Bundesländer im Grundgesetz durch die so genannte "Ewigkeitsgarantie" fest verankert. So heißt es in Art. 79 Abs. 3 GG:
„Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“
Das bedeutet, dass der Föderalismus in Deutschland weder durch eine Grundgesetzänderung noch durch Volksabstimmungen abgeschafft werden kann. Deutschland kann alleine hierdurch schon nicht zum Zentralstaat werden - und sollte es meines Erachtens auch nicht. Und auch ein Blick zu unseren zentraler organisierten NachbarInnen nach Frankreich zeigt, dass die Schwierigkeiten bei der Lösung von Problemen offenbar nicht primär an der föderalen oder zentralen Organisationsform hängt, sondern viel mit der Komplexität politischer Fragen zu tun hat.
Das heißt jedoch nicht, wie, dass wir nicht weiter bemüht sein sollten, dass Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern weiter zu verbessern und Fehlentwicklungen, wie die jüngste Übertragung der gesamten Gesetzgebungskompetenz vom Bund auf die Länder im Bildungsbereich, zu korrigieren.
Herzliche Grüße nach Büchen
Ihr Konstantin von Notz