Portrait von Konstantin Kuhle
Konstantin Kuhle
FDP
93 %
127 / 137 Fragen beantwortet
Frage von Heike R. •

Ist Seenotrettung, wenn diese aus lybischen Hoheitsgewässern, also landnah, Richtung weit entferntes Europa erfolgt, Schleusungshilfe?

Sehr geehrter Herr Kuhle,
ich schicke voraus, auch wenn Menschen sich selbst in Seenot begeben muss man diese retten.
Ich lese, dass Menschen aus lybischen Hoheitsgewässern (!), vor der lybischen Küste gerettet wurden und dann nicht ans nahe Land, sondern 1900 km über das Mittelmeer nach Italien verbracht werden?
quelle: https://www.spiegel.de/ausland/aerzte-ohne-grenzen-mehr-als-230-menschen-aus-dem-mittelmeer-gerettet-a-5b7ec5d9-fa5a-4583-a807-d22ae87c0105
1.Ist dieser(!) konkrete Fall Unterstützung von Schleusertum?
2. Warum erfolgt Seenotrettung im Mittelmer nicht zurück an den Ausgangspunkt, wenn dieser am nächsten liegt?
3.Wie begründet die Politik ,dass viele Flüchtlinge durch sichere (!) EU Staaten reisen, um dann erst in Deutschland Asyl zu beantragen ?
4.Irgendwer muss doch unsere Gesetze nicht umsetzen, wenn Abschiebung der Abgelehnten nicht erfolgt? Wer ist das, aus Sicht der FDP ? Dies interessiert mich brennend!

Heike R.

Portrait von Konstantin Kuhle
Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau R.,
ich danke Ihnen für Ihre Fragen, die ich im Folgenden beantworten möchte!
Bei der Rettung spielen Organisationen, wie etwa Ärzte ohne Grenzen, eine ganz wichtige Rolle.
Ihre Bedenken bezüglich der anschließend folgenden Rettung auf italienisches Festland, obwohl ein Boot vor der Küste Libyens gerettet wurde, kann ich nachvollziehen. Allerdings muss man allein objektiv festhalten, dass bei einer Rückführung der Flüchtenden nach Libyen eine für sie äußerst prekäre Lage eintritt:
Viele Flüchtlinge, die von der libyschen Küstenwache abgefangen oder dieser übergeben werden, werden in staatliche libysche Haftlager gebracht. Dort werden viele Flüchtlinge gefoltert, versklavt und vergewaltigt. Vor diesem Hintergrund ist das Motiv von Ärzte ohne Grenzen, Flüchtlinge nach Italien als nach Libyen zu bringen, aus meiner Sicht absolut verständlich. Da die meisten dieser Rettungsaktionen auch mit der italienischen Regierung abgesprochen sind, lässt sich schwerlich sagen, dass es sich bei dem von Ihnen angeführten Beispiel um Schleusertum handelt.
Gleichzeitig sind wir als FDP Fraktion der Meinung, dass wir endlich eine seriöse und staatlich organisierte Seenotrettung in Kooperation mit den schon bestehenden Hilfsorganisationen brauchen. Dies würde viele Prozesse und Vorgänge für die Länder Italien, Spanien oder Griechenland erleichtern.
Ihre dritte Frage, die auf die Verteilung der Flüchtlinge in Europa anspielt, möchte ich folgendermaßen beantworten: Mir wäre es für Deutschland und Europa auch lieber, wenn für die Aufnahme von Geflüchteten endlich solch eine Lösung gefunden würde, die eine faire Verteilung der Flüchtlinge für jedes Land Europas gemessen an ihrer Aufnahmefähigkeit vorsieht.
In der Realität sehen wir uns allerdings damit konfrontiert, dass bestimmte Staaten Europas - wie zum Beispiel Ungarn - im Verhältnis zu ihrer eigentlichen Aufnahmefähigkeit eine sehr geringe Bereitschaft zeigen, Flüchtlinge unterzubringen. Dass Deutschland auch wirtschaftlich für viele Flüchtende eine der besten Perspektiven Europas bietet ist neben den oben genannten Gründen die Ursache dafür, dass wir sehr große Flüchtlingsströme nach Deutschland erleben.
Genau zu benennen, wer nun dafür verantwortlich ist, dass ausreisepflichtige Asylbewerber nicht aus Deutschland abgeschoben werden ist schwierig. Zunächst muss man feststellen, dass Abschiebungen für den deutschen Staat sehr viel Geld kosten. Gleichzeitig werden Asylbewerber aufgrund von gesundheitlichen Problemen oder weil sie minderjährige sind, nicht so schnell wie geplant abgeschoben. Gleichzeitig weigern sich viele Herkunftsstaaten ihre eigenen Bürger zurückzunehmen und verschleppen den Prozess der Abschiebung teils aktiv.
Im Zuge eines bald folgenden zweiten Migrationspaketes wollen wir als Ampelkoalition Abschiebungen schneller vollziehen. Wir fordern Nancy Faesar dabei auf, so schnell wie möglich zu handeln, um ein wichtiges Signal an die Kommunen, deren Kapazitätsgrenzen an ihre Grenzen stoßen, zu setzen.
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. Bei Rückfragen und Anmerkungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!
Mit freundlichen Grüßen
 Konstantin Kuhle

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Konstantin Kuhle
Konstantin Kuhle
FDP