Wie stehen Sie zu einem AFD Verbotsverfahren?
Sehr geehrter Herr Wiener,
ich hoffe, es geht Ihnen gut.
Als Einwohner unseres Landkreises möchte ich Ihnen eine wichtige Frage stellen, die mir und vielen anderen Bürgern am Herzen liegt: Wie stehen Sie zu einem Verbotsverfahren gegen die Alternative für Deutschland (AfD)?
In den letzten Monaten haben wir immer wieder besorgniserregende Entwicklungen beobachtet, die das Vertrauen in unsere demokratischen Werte gefährden. Ein aktuelles Beispiel ist das Vorgehen der AfD Karlsruhe, die öffentlich Abschiebeflugtickets gedruckt und verteilt hat. Solch ein Verhalten, das in einem demokratischen Land und besonders in der gegenwärtigen humanitären Situation als untragbar angesehen werden muss, ist nicht nur provokant, sondern zeigt auch eine tief verwurzelte Abneigung gegenüber den Grundwerten von Toleranz und Menschenwürde.
Ich bin auf ihre Antwort gespannt.
Freundliche Grüße
Andreas K.

Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage. Vorab ist es mir ein dringendes Anliegen zu betonen, dass ich mir zu jeder Zeit und bei jeder Frage meiner Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes und unseres Kreises bewusst bin. Nie mache ich mir Entscheidungen einfach, sondern wäge intensiv ab - immer mit dem Ziel, das beste für unser Land zu erreichen.
Was das Verbotsverfahren gegen die AfD angeht, so erläutere ich gerne meinen Standpunkt:
Die AfD ist eine extremistische Partei, mit der es keine Zusammenarbeit geben wird. In manchen Bundesländern und Wahlkreisen ist sie mittlerweile jedoch mit Abstand die stärkste politische Kraft. Wir müssen uns also die Frage gefallen lassen, wie es dazu kommen konnte und welche Fehler gemacht wurden. 30 % der Bevölkerung zu verteufeln, greift schlicht zu kurz. Mein Eindruck ist, dass sich viele Menschen in der Mitte der Gesellschaft in etlichen Fragen einfach nicht mehr gehört fühlen. Die AfD nun verbieten zu wollen, ignoriert diesen Umstand und kann im schlimmsten Fall sogar dazu führen, dass die noch stärker wird - auch hier im Westen. Das wollen wir wohl beide nicht.
Zudem: Eine Partei zu verbieten ist ein langer und schwieriger rechtlicher Prozess. Selbst im Erfolgsfall kann er mehrere Jahre dauern. Bei der deutlich kleineren NPD hat es bereits vier Jahre bis zu der bekannten Entscheidung gedauert…
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will die AfD statt mit Verboten inhaltlich und politisch stellen! Dass es funktioniert, haben uns zuletzt die Wahlen in Sachsen gezeigt, wo unser Ministerpräsident Michael Kretschmer bewiesen hat, dass man die AfD besiegen kann, so dass sie dort mindestens weitere fünf Jahre in der Opposition bleiben wird. Auch auf der Bundesebene wird es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Dafür stehe ich selber ebenso ein wie unser Partei- und Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz.
Im Fazit: Um eine Stigmatisierung zu vermeiden, lehnt unsere Fraktion die Beteiligung an einem Gruppenantrag zur Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD ab. Nach Abwägung der rechtlichen Argumente sehen wir keine ausreichende Grundlage für ein erfolgreiches Verbotsverfahren und halten es auch politisch für gefährlich.
Sehr geehrter Herr K., seien Sie aber versichert, dass ich Ihre Sorgen verstehe. Helfen Sie daher bitte weiter mit, die Kräfte der Mitte in unserem Land zu stärken. Und wenn ich das ergänzen darf: Ich denke, dass wir mit der personellen und inhaltlichen Neuaufstellung der CDU in vielen Fragen die Antworten geben können, die sich viele Menschen in der Mitte unserer Gesellschaft so sehr wünschen.
Mit besten Grüßen
Dr. Klaus Wiener MdB