Frage an Klaus Brandner von monika h. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Brandner,
ich bemerke gerade mit einer gewissen Freude, dass es Themen gibt, bei der man anhand der Antworten der Abgeordneten nicht erkennen kann, ob sie eher links oder rechts anzusiedeln sind. Bei den Linken ist genauso viel Konservatives Denken unterwegs wie andrerseits radikal christliches Denken wohl eher dem Linken Flügel zugeordnet würde. Ein solches Thema ist das Grundeinkommen. Sie haben Ihre Skepsis dazu wohl begründet und die Frage nach Artikel 1, Grundgesetz auf Ihre Art interpretiert. Meine Interpretation ist eine andere und fragt nicht nur nach der Würde, sondern auch danach, ob ein Staat das Leben seiner eigenen Angehörigen bedrohen darf, wenn das Verhalten des Abhängigen nicht den Vorstellungen von Arbeit oder Integration entspricht. Ich verstehe zum Beispiel bis heute nicht, warum Elternarbeit nicht als Arbeit definiert ist. In Ihren Aussagen zur Finanzierung haben Sie vielleicht nicht berücksichtigt, welche Ersparnisse durch die deutliche Verschlankung des Bürokratie-Apparatschniks entstehen könnte. Ich habe den eindruck, dass die Verwaltung der Sozial-Transfers genauso viel kostet wie der Transfer selbst.
Was halten Sie davon, wenn wir selbst darüber entscheiden, ob wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen annehmen und damit wirtschaften wollen, oder nicht. Bezieher hoher Gehälter können ja freiwillig auf die Leistung verzichten und Ihren Anteil besonders förderbedürftigen Personenkreisen zukommen lassen. Würde, Recht auf Leben - bedingungslos. Was ist so schwer daran, diese Vorstellung von Freiheit zu entwickeln?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Herz,
vielen Dank für Ihre Frage, in der sie verschiedene Aspekte ansprechen. Meine Haltung zu Ihrem Hauptanliegen, dem bedingungslosen Grundeinkommen, habe ich in meiner Antwort an Frau Eck vom 6. November 2008 bereits umfassend erläutert.
Gern greife ich jedoch Ihren Hinweis auf, Elternarbeit sei nicht als Arbeit definiert. Tatsächlich investiert die Bundesrepublik Deutschland im europäischen Vergleich überdurchschnittlich viel in direkte Geldleistungen an Familien. Diese Geldleistungen kommen den Familien in Form von Kindergeld, Elterngeld und steuerlichen Vergünstigungen zugute. Darüber hinaus wird die Erziehung in den ersten drei Lebensjahren des Kindes auch in der Rentenversicherung als Beitragsjahre (also als Arbeitsjahre) anerkannt. Wird in dieser Zeit ein weiteres Kind geboren, gelten die ersten drei Lebensjahre des jüngeren Kindes. Somit wird gewährleistet, dass diejenigen, die sich für Kinder entscheiden, später keine Rentenabschläge aufgrund des Erwerbsausfalls in der Erziehungszeit befürchten müssen. Wer auch nach der Erziehungszeit die Kinderbetreuung zuhause übernehmen möchte, kann die Zeit bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des jüngsten Kindes bei der Rentenversicherung berücksichtigen lassen.
Seit die SPD seit 1998 an der Regierung ist, wurde das Kindergeld um 42% erhöht und im Oktober hat sich die große Koalition auf eine weitere Erhöhung ab 1. Januar 2009 verständigt. Als weitere familienpolitische Maßnahme schafft das Elterngeld seit dem 1. Januar 2007 die Voraussetzungen dafür, dass sich Familie und Beruf besser als bisher miteinander vereinbaren lassen. Hier werden Familien für 12 bzw. 14 Monate nach der Geburt eines Kindes gefördert und beiden Elternteilen haben die Möglichkeit, berufstätig zu bleiben und trotzdem Erziehungsarbeit zu leisten. Das Elterngeld ersetzt in der Regel das wegen der Betreuung eines neugeborenen Kindes wegfallende Einkommen zu 67 Prozent. Dabei wird allen Familien ein Mindestbetrag von 300 Euro unabhängig von einer vorherigen Erwerbstätigkeit garantiert, wenn sie Elternzeit in Anspruch nehmen.
Geldleistungen allein reichen jedoch meiner Meinung nach nicht aus. Wir wollen jungen Menschen ermöglichen, sich frei für ein Kind zu entscheiden -- ohne sich damit gegen die Ausübung eines Berufs entscheiden zu müssen. Dafür müssen vor allem auch die infrastrukturellen Rahmenbedingungen stimmen. Die meisten jungen Erwachsenen in Deutschland wünschen sich eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deshalb setzen wir Sozialdemokraten uns dafür ein, neben finanzieller Unterstützung vor allem den Ausbau von Betreuungsplätzen für Kleinkinder und die Förderung von Ganztagsschulen voranzutreiben. Nur wenn Familien sowohl finanziell, als auch durch die nötige Infrastruktur unterstützt werden, kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Chancengleichheit von Anfang an gewährleistet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brandner