Frage an Klaus Brandner von Frank H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Brandner,
Sie hatten sich gestern an der Abstimmung zu den schärferen Regeln gegen Abgeordnetenbestechung nicht beteiligen können. Dennoch ist es mir wichtig, Ihre Einstellung und Haltung zu dieser Thematik zu erfahren. Deutschland bleibt mit dieser Entscheidung des Deutschen Bundestages in der Staatengemeinschaft isoliert stehen. Ist denn die Abgeordnetenbestechung schützenswert? Wenn ein Osteuropäisches Land wie damals Rumänien der EU beitreten wollte, dann wurde dieses dahin angehalten, die Korruption im Lande zu verringern bzw. abzuschaffen. Über Ihre Meinung und Haltung zu diesem Thema wäre ich - gerade im Hinblick auf die kommende Bundestagswahl - dankbar, diese hier zu lesen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Henrichfreise
Sehr geehrter Herr Henrichfreise,
Sie haben Recht, ich konnte an der Abstimmung wegen einer Termin-Kollision im Wahlkreis nicht teilnehmen. Diese Terminierung in einer Sitzungswoche war leider unumgänglich, da es sich anders nicht realisieren ließ.
Zu Ihrem Anliegen: Deutschland hat 1999 und 2003 völkerrechtliche Übereinkommen über globale Standards bei der Korruptionsstrafbarkeit und der Abgeordnetenbestechung unterzeichnet. Mehr als 150 Länder haben das Antikorruptionsübereinkommen umgesetzt, Deutschland peinlicherweise noch nicht - neben Ländern wie Syrien, Saudi-Arabien und Sudan. Meine Fraktion hatte bereits Anfang 2012 in der 17. Wahlperiode des Deutschen Bundestags einen konkreten Gesetzesentwurf vorgelegt. Und in der 15. Wahlperiode hatten wir einen Vorschlag vorbereitet, die vorgezogene Bundestagswahl verhinderte jedoch dann die weiteren Beratungen. In der 16. Wahlperiode verweigerte die Union jedwede Gespräche zum Thema.
Dabei ist das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Integrität der Abgeordneten in den vergangenen Jahren stetig geschwunden. Wurden Skandale in der Vergangenheit noch als Einzelfälle wahrgenommen, beschädigen sie heute längst die Gesamtheit der politisch Verantwortlichen. Zugleich gibt es schon seit Jahren internationale Abkommen zur besseren Bekämpfung von Korruption, die endlich auch in deutsches Recht umgesetzt werden müssten. Es führt kein Weg daran vorbei, Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern unter Strafe zu stellen.
Unser Vorschlag setzte eine konkrete Unrechtsvereinbarung voraus. Das heißt, der Vorteil muss gerade dafür gefordert oder gewährt werden, dass der Mandatsträger sich in einer bestimmten Weise im Auftrag oder nach Weisung des Auftraggebers verhält. Ein solches Verhalten steht in krassem Widerspruch zu Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz, wonach Abgeordnete gerade nicht an Aufträge und Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind (sogenanntes freies Mandat). Um die im parlamentarischen Verkehr üblichen Verhaltensweisen aus der Strafbarkeit auszuklammern, wollten wir Zuwendungen, die parlamentarischen Gepflogenheiten entsprechen, explizit aus dem Vorteilsbegriff herausnehmen. Insbesondere sollte dies für die im Zusammenhang mit Informationsgesprächen üblicherweise verbundene Bewirtung gelten. Ebenfalls hatten wir klargestellt, dass politische Ämter und Funktionen ebenso wenig als Vorteil anzusehen sind wie die nach Parteiengesetz zulässigen Parteispenden.
Die Koalitionsabgeordneten haben den Entwurf in der Sitzung am Donnerstag mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Abgeordnetenbestechung bleibt in Deutschland auch weiterhin bis auf weiteres weitgehend straflos. Dabei ist die Umsetzung notwendiger denn je, wie auch Ihr Hinweis auf EU-Regelungen zeigt. Ich bin sicher, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPD im 18. Deutschen Bundestag nach der Wahl am 22. September einen neuen Anlauf machen, endlich ein Gesetz zu verabschieden. Ich bin sicher, dass auch mein Nachfolger als Bundestagskandidat hier im Kreis, T. K., es sehr ernst meint mit dem Kampf gegen die Korruption.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Klaus Brandner, MdB