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Frage von Ines E. •

Frage an Klaus Brandner von Ines E. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag

Ich litt infolge der Hartz4Gesetze und der zunehmenden Installation eines Überwachungsstaates, der die freiheitlich-demokratische Grundordnung zerstören kann, an einem Ruheblutdruck von 187:116. Ich musste mit Gefäßrissen rechnen. Eine befreundete Mutter erzählte, dass sie infolge des Hartz4Stresses einen Lungenkollaps erlitt, starb und reanimiert wurde. Sie habe das Gefühl, zu sterben, als Entspannung empfunden, die Wiederbelebung als Stress, obwohl sie das als Mutter nicht verstehen könne. Wir arbeiteten beide respektiert, aber weitgehend unbezahlt.

Die Absicherung eines existenzsichernden, schikanefreien Einkommens ist finanzierbar und hindert Menschen nicht daran, zu arbeiten. Wer -bezahlt- arbeiten kann,.hat mehr Geld.
Warum wird es von Ihnen nicht sofort realisiert? Es könnte Menschenleben in Deutschland retten.

Freundliche Grüße ines eck

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Eck,

in Ihrem Beitrag stellen Sie einen Zusammenhang zwischen Ihrer Erkrankung und der nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bestehenden Verpflichtung her, als erwerbsfähige Hilfebedürftige alle Möglichkeiten auszuschöpfen, Ihre Hilfebedürftigkeit zu beseitigen oder zu verringern. Dieser erschließt sich mir nicht, ich möchte aber gerne auf Ihre Kritik am "Fördern und Fordern" und auf Ihre Forderung eingehen, anstelle der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen.

Es ist nicht so, dass der in der Grundsicherung für Arbeitsuchende verankerte Gedanke von Leistung und Gegenleistung mit dem Schutz der Menschenwürde (Artikel 1 Grundgesetz) oder dem Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 GG) unvereinbar wäre. Verfassungsrechtlich verbürgt ist Ihr Anspruch auf die Gewährleistung eines soziokulturellen Existenzminimums. Dieses wird über das Arbeitslosengeld II, wie auch die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt, gewährleistet. Das Verlangen nach dem vorrangigen Einsatz eigener Kräfte ist bei einer -- wie ich meine -- fairen Ausgestaltung der Rechte und Pflichten mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar.

Sie schließen sich der Forderung nach einem vom Staat garantierten bedingungslosen Grundeinkommen an, das ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne "Gegenleistung" auf einem Existenz sichernden Niveau an alle gezahlt werden soll.

Jedoch gibt es weder eine (verfassungs-)rechtliche Verpflichtung noch ist es überhaupt staatliche Aufgabe, auch denjenigen Bürgerinnen und Bürgern Leistungen zur Existenzsicherung zu garantieren, die sie wegen eigenen Einkommens oder Vermögens nicht nötig haben. Ob ein solches allgemeines Grundeinkommen tatsächlich finanzierbar wäre, würde neben Details der Ausgestaltung wesentlich von dessen Höhe abhängen. Würde man beispielsweise allen volljährigen Personen ein Grundeinkommen von 600 Euro monatlich und allen Kindern ein solches von 300 Euro gewähren, wie es in dem Modell "Solidarisches Bürgergeld" von Dieter Althaus (Ministerpräsident des Landes Thüringen) vorgesehen ist, so würde dies -- trotz des Wegfalls anderer steuerfinanzierter Transferleistungen und der Erhöhung der Einkommensteuer -- eine Finanzierungslücke von rund 227 Mrd. Euro in den öffentlichen Haushalten begründen. Angesichts einer solchen vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Jahresgutachten 2007/08, Ziffern 324ff.) dargelegten Größenordnung kann ich nicht nachvollziehen, wie dieses oder ähnliche Grundeinkommens-Modelle tatsächlich gestemmt werden könnten.

Abgesehen davon würde ein bedingungsloses Grundeinkommen zu einem völligen Umbau des Steuer- und Transfersystems sowie der Sozialversicherung führen, der von den meisten Menschen nicht als gerecht empfunden werden würde. Darüber hinaus bitte ich bei einem solchen Modell die problematischen psychologischen und sozialen Auswirkungen zu bedenken, die mit einem möglichen dauerhaften Ausschluss einzelner Bevölkerungsgruppen vom Arbeitsmarkt verbunden wären. Eine derartige Nichtintegration würde durch ein Grundeinkommen nicht nur grundsätzlich akzeptiert, sondern in gewisser Weise sogar befördert werden. Nicht zuletzt befürchte ich, dass bei Einführung eines allgemeinen Grundeinkommens ein erheblicher Druck auf die Löhne entstehen würde. Mein Ziel ist es hingegen, das Jede und Jeder mit Erwerbsarbeit ein Einkommen erzielen kann, mit dem man leben kann. Ich setze mich daher für einen gesetzlichen Mindestlohn ein.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brandner