Frage an Klaus Brandner von Hans-Günter G. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Brandner,
als Mitglied einer Regierungspartei, die auch noch den Finanzminister stellt, haben Sie sicher größtes Interesse, dass der Staat nicht betrogen wird. Bei den Hartz IV-Empfängern wird ja sehr massiv kontrolliert und jeder noch so kleine Betrug (unterschlagene Einkünfte, Schwarzarbeit, etc,) mit schärfsten Sanktionen bestraft.
11,3 Milliarden Euro (!!) allein im letzten Jahr entgingen dem Bund durch Unternehmen, die sich um ihre Umsatzsteuer drücken. Jetzt plant Berlin einen drastischen Schritt: Die Finanzämter sollen Stuerguthaben bis zu 50 Tage einbehalten dürfen.
Finden Sie, dass dies die richtige Massnahme gegen Steuerbetrüger ist?
Haben Sie nicht auch das ungute Gefühl, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird?
Leistet hier der Seeheimer Finanzminister Steinbrück dem Verdacht nicht Vorschub, dass die SPD für die sozial Schwachen keine wählbare Partei mehr ist?
Schöne Grüße
Hans-Günter Glaser
Sehr geehrter Herr Glaser,
nur ein finanziell handlungsfähiger Staat kann all die Leistungen erbringen, die wir als Bürgerinnen und Bürger von ihm erwarten. Der Staat benötigt Ressourcen, um seine Aufgaben erfüllen zu können und angemessene Sozialleistungen und Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur zu finanzieren.
Leider sind wir in unserer Gesellschaft häufig mit einer Einstellung konfrontiert, bei der das Anspruchsdenken an den Staat nicht mit der Bereitschaft gekoppelt ist, auch persönlich einen finanziellen Beitrag für das Gemeinwesen zu leisten.
Keine Umsatzsteuer, keine Erbschaftsteuer, kein Spitzensteuersatz rechtfertigen es, Steuerbetrug zu begehen. Recht und Gesetz müssen in Deutschland für alle gleichermaßen gelten. Deshalb müssen wir Steuerbetrug auf allen Ebenen effektiv bekämpfen. Die SPD hat seit 1998 viel erreicht, um die Ermittlungsmöglichkeiten der Finanz- und Strafverfolgungsbehörden erheblich zu verbessern, indem z.B. bei der Besteuerung von Kapitalerträgen wichtige Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung durchgesetzt wurden: Nach Schätzungen des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung entgehen dem Staat jährlich Einnahmen von rund 14 Mrd. Euro durch Umsatzsteuerbetrug. Deshalb ist es uns auch ein Anliegen, die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs zu verbessern. Der Bundesfinanzminister prüft derzeit, welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs umgesetzt werden können.
Auch bei Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung geht es darum, einen persönlichen Vorteil zu erringen, der aber der ganzen Gesellschaft schadet. Deshalb kann man gar nicht oft genug wiederholen: Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt. Schwarzarbeit ist sozialschädlich.
Denn Schwarzarbeit geht
· auf Kosten der ehrlichen Unternehmen, die Pleite gehen,
· auf Kosten der Arbeitnehmer, die deshalb ihren Job verlieren
· auf Kosten all jener, die bei illegaler Beschäftigung oft skandalösen Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind und
· auf Kosten der ganzen Gemeinschaft, wenn Steuergelder für Zukunftsinvestitionen und Sozialversicherungsbeiträge fehlen.
Um den erfolgreichen Kampf gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung intensiv fortzusetzen, hat die Bundesregierung ein neues Aktionsprogramm gegen Schwarzarbeit beschlossen. Dabei geht es nicht nur darum, die öffentlichen Kassen und die ehrlichen Unternehmer und Beschäftigten im Interesse des Arbeitsmarktes vor Schaden zu bewahren, sondern insbesondere auch darum, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ausbeutung zu schützen.
Ein solidarisches Gemeinwesen ist auf Dauer nur tragfähig, wenn Missbrauch verhindert wird und alle entsprechend ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihren Beitrag zum Funktionieren leisten. Deshalb können wir es auch nicht hinnehmen, wenn jemand falsche Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse macht und dadurch soziale Leistungen erlangt, die ihm nicht zustehen. Schließlich werden der Sozialstaat und die Sozialleistungen, die er zur Verfügung stellt, von einer breiten Mitte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern finanziert.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brandner