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Klaus Brandner
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Frage von Stefan D. •

Frage an Klaus Brandner von Stefan D. bezüglich Soziale Sicherung

Lieber Klaus!
Laut labournet.de und der jungen welt vom 17.01.2005 wirst Du mit den Worten zitiert: "Ich käme mit 345€ über die Runden".
Gesamt erhalte ich an "hartz4" 664,-€.
Ich bin 35 Jahre alt, und war 13 Jahre berufstätig. 1995 habe ich in Form einer kleinen Immobilie für das Alter vorgesorgt. Abgezahlt ist das Haus erst 2025. Ferner besitze ich ein Bausparkonto mit 2000€. Das war´s. Ferner pflege ich meine Mutter (Pflegestufe II). Wie ich weiß, erhalten Bundestagsabgeordnete 7009€ brutto an Diäten, sowie 3720€ als Kostenpauschale. Was Du als 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Gütersloh als "monatlich Stufe II" beschreibst, entzieht sich mir auf deiner Homepage leider ganz. Mich wundert deine Aussage: "Ich käme mit Hartz 4 voll über die Runden". Dann reichen Dir also meine 664€ ? Klasse!
Lass uns dann bitte einen Monat tauschen!
Denk an Dein Zitat!
Nun, wann höre ich von Dir?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Daenekas,
lieber Stefan,

in dem von Ihnen zitierten Interview in der "Jungen Welt" vom Januar 2005 habe ich gesagt, dass ich mit dem Regelsatz von 345 Euro monatlich "über die Runden" kommen würde. "Über die Runden kommen" bedeutet, ein Auskommen zu haben, das die Existenz sichert. Die Existenz zu sichern, ist die Aufgabe des Arbeitslosengeldes II. Die Höhe des Regelsatzes beim Arbeitslosengeld bemisst sich nach der amtlichen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe.
In diesem Interview habe ich übrigens auch gesagt:
"Ich bin aber dafür, die Regelsätze zeitnah zu überprüfen, falls sich herausstellen sollte, dass die Höhe nicht angemessen ist. Gleiches gilt für die Frage der Niveauangleichung zwischen Ost und West."
Der Regelsatz in Ostdeutschland wurde inzwischen auf Drängen der SPD auf West-Niveau angehoben. Gegenwärtig prüft der Bundesarbeitsminister, ob -- u.a. angesichts der Preissteigerungen bei Lebensmitteln -- der Regelsatz beim Arbeitslosengeld II und der Sozialhilfe noch das Existenzminimum abdeckt.

Das Arbeitslosengeld II bzw. die Grundsicherung für Arbeitssuchende soll gerade im Gegensatz zur früheren Sozialhilfe verfestigte Strukturen aufbrechen und einem dauerhaften Zustand der Chancenlosigkeit entgegenwirken.
Mit der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben wir die Möglichkeiten verbessert, Arbeitslose beim Einstieg in eine Arbeit zu unterstützen. So haben wir 400.000 Menschen aus dem statistischen Dunkel geholt und ihnen Zugang zu den Arbeitsmarktinstrumenten ermöglicht.
Durch intensiveres Fallmanagement und einen breiten Strauß an Hilfen, aus dem die Fallmanager passgenau das Richtige auswählen können, steht das Fördern inzwischen stärker im Mittelpunkt. Nach einer längeren Anlaufphase zeigt sich, dass die verschiedensten Arbeitsmarktinstrumente nun besser genutzt werden. So hat z. B. die Zahl derer, die an Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen gegenüber dem Vorjahr um 27 Prozent zugenommen. Wir können sehen, dass Betreuung und Vermittlung vieler Arbeitsloser deutlich verbessert wurden.

Das kommt auch in den Arbeitsmarktzahlen zum Ausdruck. Die Langzeitarbeitslosigkeit geht zurück. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist sogar stärker gesunken als die Arbeitslosigkeit insgesamt. So ist die Zahl der Arbeitslosen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber dem Vorjahr um gut elf Prozent zurückgegangen. Bei den Jugendlichen ist der Rückgang mit über 28 Prozent besonders kräftig ausgefallen. Der Anteil der geförderten Jugendlichen an allen Maßnahmenteilnehmern lag im April 2007 mit fast 26 Prozent fast dreimal so hoch wie ihr Anteil an allen Arbeitslosen. Das ist ein Erfolg unserer Politik und zeigt, dass die besonders intensive Förderung und Betreuung von Jugendlichen wirkt.
Insgesamt geht die Arbeitslosigkeit seit Monaten kontinuierlich zurück. Im September hatten wir den niedrigsten Stand seit 12 Jahren. Im Gegenzug steigt die Zahl der offenen Stellen und wir können einen deutlichen Beschäftigungszuwachs beobachten. Für uns Sozialdemokraten ist dabei wichtig, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse deutlich angestiegen ist. Hier gibt es 550.000 mehr als im vergangenen Jahr.

Was mir allerdings zunehmend Sorgen bereitet, ist die wachsende Zahl derer, die Vollzeit arbeiten, aber von ihrem Lohn nicht leben können und deshalb zusätzlich Arbeitslosengeld II beziehen. Über eine halbe Million Menschen, die Vollzeit arbeiten, also nicht geringfügig beschäftigt sind, erhalten zusätzlich zu ihrem Lohn staatliche Transferleistungen, weil ihr Lohn nicht zum Lebensunterhalt ausreicht.
Wir Sozialdemokraten wollen das nicht hinnehmen. Denn für uns gilt: Jeder Mensch muss die Möglichkeit zur Teilhabe an sozial abgesicherter und existenzsichernder Erwerbsarbeit haben. Menschen, die Vollzeit arbeiten, müssen von ihrer Arbeit auch menschenwürdig leben können. Um dies sicherzustellen, brauchen wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.

Die Union, die bis vor kurzem noch versucht hat, die Tarifautonomie auszuhöhlen, versteckt sich nun hinter ihr. Aber auch in tarifgebundenen Beschäftigungsverhältnissen gibt es Armutslöhne. Die Union ist leider immer noch nicht bereit, dies anzuerkennen und wirksam gegen Lohndumping und Ausbeutung vorzugehen.
Zwar ist die Union inzwischen bereit, wenigstens das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auszuweiten und damit hat sie sich ein Stück weit in die richtige Richtung bewegt.
Jedoch versucht die Union aktuell, die Ausweitung des Entsendegesetzes auf die Briefdienste zu verzögern. CDU und CSU sind leider noch weit davon entfernt, die sozialen Verwerfungen in vielen Bereichen anzuerkennen.
Wir brauchen wirksame Lösungen gegen Lohndumping. Deshalb bleibt die Forderung nach gesetzlichen Mindestlöhnen für uns Sozialdemokraten auf der Tagesordnung.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brandner