Frage an Klaus Brandner von Ingo S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Brandner,
ich habe in der Financial Times Deutschland gelesen, dass die Fortführung der beitragsfreien Entgeltumwandlung anscheinend bereits geltendes Recht ist. Da ich als Betriebsrat mit dem Thema zu tun habe, interessiert mich, ob dies wirklich so ist und seit wann sie das wissen? Wenn sie es wussten, wieso haben sie das nicht bekannt gegeben, es hätte die Arbeit für uns einfacher gemacht?
Sehr geehrter Herr Schäfer,
am 26. Juni 2007 hat Bundesarbeitsminister Franz Müntefering öffentlich angekündigt, die Entgeltumwandlung über 2008 hinaus fortführen zu wollen. Ich habe diese Entscheidung am selben Tag in einer Mitteilung an die Presse als gut und richtig kommentiert. Sie finden alle Mitteilungen der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion auf der Internetseite der SPD-Bundestagsfraktion www.spdfraktion.de sowie auf meiner Homepage
www.klausbrandner.de. Gern können Sie mir auch an klaus.brandner@bundestag.de eine Email schicken. Ich werde Sie dann regelmäßig per Email über aktuelle Entwicklungen informieren.
Die 2002 eingeführte staatliche Förderung der Entgeltumwandlung besteht aus zwei Komponenten:
Zum einen sind die Beiträge bis zu einer bestimmten Grenze lohnsteuerfrei. Zum anderen sind sie darüber hinaus auch in allen anderen Zweigen sozialabgabenfrei (bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, 2007: 2.520 Euro). Während die Steuerfreiheit unbefristet gilt, ist die Sozialabgabenfreiheit nach geltendem Recht bis 31.12.2008 befristet.
Im Koalitionsvertrag hatten wir vereinbart, im Jahr 2007 zu prüfen, welchen Verbreitungsgrad die betriebliche und private Altersvorsorge erreicht hat und wie die weitere Entwicklung des Ausbaus einzuschätzen ist. Auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse der Studie zur Situation und Entwicklung der betrieblichen Altersvorsorgung 2006 sollte über die Beitragsfreiheit der Entgeltumwandlung entschieden werden.
Das entsprechende Forschungsvorhaben, das vom BMAS in Auftrag gegeben wurde, ist abgeschlossen und die Ergebnisse liegen vor. Die Studie bestätigt, dass sich die betriebliche Altersversorgung weiterhin auf Wachstumskurs befindet und die Beitragsfreiheit der Entgeltumwandlung dazu wesentlich beigetragen hat. Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung sind:
Ende 2006 hatten rund 17,3 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei ihrem aktuellen Arbeitgeber einen Anspruch auf Betriebsrente (rund 12 Mio. in der Privatwirtschaft und rund 5,3 Mio. der Versorgungseinrichtungen des Öffentlichen Dienstes).
* Ende 2006 verfügten rund 65 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten damit über eine Betriebsrentenanwartschaft. Die Verteilung auf Männer bzw. Frauen ist dabei in etwa gleich hoch.
* Seit der Einführung der Entgeltumwandlung im Jahr 2002 zeigt sich in der Privatwirtschaft ein Wachstum der betrieblichen Altersversorgung von rund 9 Mio. auf rund 12 Mio. Anwärter (Ende 2006).
* Rund 2,7 Mio. Beschäftigte machten von der Möglichkeit der Entgeltumwandlung im Rahmen der 2002 neu eingeführten Fördervorschriften Gebrauch (2,5 Mio. bei Pensionskassen und 0,2 Mio. bei den neuen Pensionsfonds). Im Durchschnitt wurden dabei pro Beschäftigten ca. 1.200 Euro im Jahr umgewandelt.
Die Zahlen belegen, dass sich der Wachstumsprozess der betrieblichen Altersversorgung seit der letzten Erhebung Mitte 2004 weiterentwickelt hat. Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf die steuer- und beitragsfreie Entgeltumwandlung zurückzuführen. Sie erfolgte aber auch in Kenntnis der Beendigung der Beitragsfreiheit zum 31. Dezember 2008.
Zusammen mit der dynamisch wachsenden Zahl von privaten Riesterrentenverträgen (derzeit 8,5 Mio.) lässt sich festhalten, dass die staatliche Förderung der zusätzlichen Altersvorsorge erfolgreich verläuft.
Auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse der Studie haben wir entschieden, die weitere Förderung nicht über Steuer- oder Zuschussmaßnahmen zu betreiben, sondern an der bisherigen Regelung festzuhalten. Die Beitragsfreiheit der Entgeltumwandlung soll über 2008 hinaus fortgesetzt werden.
Diese Entscheidung gibt den Tarifvertragsparteien die notwendige Planungssicherheit und die Bundesregierung gibt damit einen zusätzlichen Impuls zur weiteren Verbreitung der zusätzlichen Altersvorsorge.
Zusätzlich wollen wir bei der Riester-Rente für die ab 2008 geborenen Kinder die Kinderzulage anheben und für junge Beschäftigte einen Berufseinsteiger-Bonus einführen. Mit der Fortführung der beitragsfreien Entgeltumwandlung und diesen Maßnahmen wird die zusätzliche Altersvorsorge auf eine noch solidere Grundlage gestellt. Die kapitalgedeckten zweiten und dritten Säulen sind dann künftig neben der umlagenfinanzierten starken ersten Säule verlässliche Pfeiler unseres Alterssicherungssystems.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brandner, MdB