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Klaus Brandner
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Frage von horst walter s. •

Frage an Klaus Brandner von horst walter s. bezüglich Soziale Sicherung

hallo herr brandner,
heute lese ich in der westdeutschen zeitung das sie in aussicht stellen mitte dieses jahres die rente um ca.0,1-0,2% an zu heben.
sind sie nicht der meinung das daß unerträglich ist das sie ganze generationen in armut bringen.
ich mußte die rentenreform von 1992 das ihr gesundheits experte rudolf dressler mit gegengezeichnet hat hin nehmen.
meine frage was vestehen sie unter sozialer gerechtigkeit
meine rente ist seid 1995 netto um je monat 153 euro gesunken.
zweite frage warum ist die rente von der wirtschaftlichen lage abhängig sie machen doch die rahmenbedingungen.
die einzigste gruppe menschen in deutschland an denen gespart wird sind die rentner.
mit freundlichen grüssen
horst walter schmidt wuppertal

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Sehr geehrter Herr Schmidt,

es ist richtig, ich habe in einem Interview eine Rentenanpassung für dieses Jahr nicht ausgeschlossen.

Wenn die maßgeblichen Faktoren der Rentenanpassungsformel entsprechend günstig ausfallen, dann wäre eine Rentenanpassung möglich. Die entsprechenden Berechnungen erfolgen im Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Experten und haben gerade erst begonnen. Insofern sind weitere Annahmen zum jetzigen Zeitpunkt rein spekulativ.

Basis für die Anpassung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist weiterhin die Entwicklung der Löhne und Gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Daran hat auch die Änderung der Rentenanpassungsformel, durch welche die Formel an die aktuellen wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen angepasst wurde, nichts geändert. Diese noch heute von allen gewollte lohnorientierte Anpassungsmethodik ist -- seit sie im Jahr 1957 mit Zustimmung aller Parteien und der Sozialpartner eingeführt wurde -- ein elementarer Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Rentnerinnen und Rentner nehmen damit an der wirtschaftlichen Entwicklung teil, wie sie in der Lohnentwicklung zum Ausdruck kommt. Sie können allerdings auch keine günstigere Einkommensentwicklung erwarten, wenn es mit der Aufwärtsentwicklung von Löhnen und Gehältern nicht so weitergeht, wie wir das in der Vergangenheit vielleicht gewohnt waren. Soweit Sie also die hohen Arbeitskosten beanstanden, sollten Sie nicht vergessen, dass die Rentenentwicklung mit der Lohnentwicklung verbunden ist und die von den Einkommen gezahlten Rentenversicherungsbeiträge direkt zur Finanzierung Ihrer heutigen Rente dienen.

Eine Anpassung z.B in Höhe der Inflationsrate, wie sie derzeit als Mindestforderung auch von vielen Bürgern vorgetragen wird, würde diese Regelung verletzen und insbesondere durch die damit verbundenen Kosten die Beitragszahler zusätzlich belasten, denn sie müsste durch Beitragserhöhungen finanziert werden. Es wäre außerdem eine soziale Ungerechtigkeit, denn auch die Beitragszahler sind von der Inflationsrate betroffen und nicht überall gab es Gehaltserhöhungen, die die steigenden Kosten kompensieren könnten. Das Gegenteil ist der Fall, wie die aktuellen Tarifverhandlungen zeigen. Zusätzlich steigen immer mehr Arbeitgeber aus Tarifverträgen aus. Das hat tendenziell sinkende und stagnierende Einkommen zur Folge.

Die Lohnentwicklung im Jahr 2004 und auch im Jahr 2005 war letztlich sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern zu gering, um unter Berücksichtigung der Belastungsveränderungen bei den Aufwendungen für die Altersvorsorge und des Nachhaltigkeitsfaktors zu einem Anstieg der Renten zu führen. Tatsächlich hätte der Regelungsmechanismus der Anpassungsformel rechnerisch zu einer Verringerung der aktuellen Rentenwerte und damit der Monatsbeträge der Renten ("Bruttorenten") geführt.

Wegen der geringen Lohnsteigerungen greift der Nachhaltigkeitsfaktor, der in die Rentenanpassungsformel integriert wurde, nur sehr begrenzt. Seine Funktion, tendenziell über eine Dämpfung der jährlichen Rentenerhöhungen die Ausgabensteigerung der Rentenversicherung zu reduzieren, kann der Nachhaltigkeitsfaktor aufgrund fehlender Einkommensdynamik nur eingeschränkt erfüllen. Eine gesetzliche Sicherungsklausel verhindert ein Absenken der Renten; dadurch baut sich eine dauerhafte Belastung der Finanzen auf ("Bugwelle"). Deshalb sollen Dämpfungen der Anpassung, die aufgrund der Sicherungsklausel nicht gegriffen haben, in Zeiten höherer Lohnentwicklung durch die Anwendung eines sogenannten Nachholfaktors nachgeholt werden.

Lediglich in dem Fall, dass sich die Einkommen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verringert haben, kann es zu Minusanpassungen kommen. Im Koalitionsvertrag haben wir uns jedoch dazu verpflichtet, dass es in dieser Legislaturperiode keine Rentenkürzungen geben wird, da die Rentner und Rentnerinnen in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Belastungen getragen haben.

Die Prognose hinsichtlich der Einkommensentwicklungen für das Jahr 2005 war jedoch mit dem Risiko einer möglichen Absenkung behaftet. Das hätte dementsprechend zu einer Rentenabsenkung führen können. Aus diesem Grund haben wir vorbeugend ein Gesetz in den Bundestag eingebracht, welches diese Rentenkürzung verhindert hätte. Inzwischen liegen seit Anfang März 2006 die gültigen Werte der Einkommensentwicklung im Jahr 2005 vor, die im Ergebnis nicht zu einer Rentenkürzung sondern unter Wirkung der o.g. Schutzklausel wiederum zu einer Nullrunde geführt hätten. Da das Gesetzgebungsverfahren aber bereits weit vorangetrieben war, wurde das Gesetz auch verabschiedet. Daraus ergibt sich, dass es in diesem Jahr nicht erforderlich ist, dass die Rentenversicherungsträger an alle Rentner und Rentnerinnen Anpassungsmitteilungen zur Nullrunde verschicken, da es für dieses Jahr ein Gesetz über die Beibehaltung der Rentenhöhe gibt. Dies spart zumindest den Versicherungsträgern Kosten in mehr als 20 Mio EUR Höhe.

Die wirtschaftliche Situation von Rentnern hat sich ausweislich der Anfang Juni 2005 vorgestellten Studie "Alterssicherung in Deutschland 2003" (ASID 2003) grds. verbessert. So stieg das durchschnittliche Nettoeinkommen von Senioren zwischen 1999 und 2003 um 11 Prozent. Es lag demnach 2003 bei 1.641 Euro im Westen und 1.477 Euro im Osten. Aufgeschlüsselt nach Haushaltstypen haben Ehepaare in den alten Ländern laut dieser Studie durchschnittlich 2.211 Euro, in den neuen Ländern 1.938 Euro zur Verfügung. Alleinstehende Männer bekamen 1.515 Euro im Westen und 1.284 Euro im Osten.

Die durchschnittlichen verfügbaren Versichertenrenten liegen in den neuen Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 1995 über den Vergleichsrenten in den alten Ländern. Nach den aktuellen Zahlen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) lag zum 1.1.2004 die Durchschnittsrente für Versicherte/Männer bei 1.064 Euro in den alten und bei 1.126 Euro in den neuen Bundesländern. Versicherte/Frauen bekamen eine durchschnittliche Rente von 524 beziehungsweise 722 Euro.

Während der Unterschied bei den Männern hauptsächlich auf die geschlosseneren Versicherungsläufe in den neuen Ländern zurückzuführen ist, erklärt sich die gravierende Differenz bei den Frauen nicht nur aus Besitz- und Vertrauensschutzbestimmungen im Rahmen der Rentenüberleitung; sondern ein ganz wesentlicher Grund liegt auch in den unterschiedlichen Erwerbsbiografien der Frauen in Ost- und Westdeutschland. Zutreffend ist hierbei, dass das Haushaltseinkommen (Nettoeinkommen) von Rentnern in den neuen Bundesländern fast ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung erbracht wird. Betriebsrenten und Einkünfte aus Immobilien oder privaten Versicherungen spielen noch eine untergeordnete Rolle. Durch das regelmäßige Zusammentreffen zweier Renten bei Ehepaaren wird dieser Effekt allerdings relativiert. Für alle Rentenleistungen der alten Bundesländer gilt jedoch, dass die Altersrente zumeist neben einer betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird und nicht die einzige Einnahme im Alter darstellt.

Das bedeutet, dass niedrige oder höhere Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung an sich -- und nur um diese handelt es sich zumeist bei den Statistiken in den Medien - noch nichts über die Höhe des Nettoeinkommens gesamt aussagen, weil sie in der Regel (insbesondere in den alten Bundesländern) mit weiteren Einkommen kumulieren.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brandner, MdB